„Schöner geht es nicht“: mehr als 10.000 Besucher bei der 167. Tölzer Leonhardifahrt

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Traumwetter bei der 167. Tölzer Leonhardifahrt: Tausende Besucher folgten der Wallfahrt vom Badeteil über die Marktstraße hinauf auf den Kalvarienberg. © Daniel Wegscheider

Traumwetter, ein (fast) unfallfreier Verlauf und mehr als 10.000 zufriedene Besucher, die 167. Tölzer Leonhardifahrt am Mittwoch wird sicher als eine der schönsten in die Geschichte eingehen.

Bad Tölz – Und bei aller Tradition war erkennbar: viele junge Leute, nicht nur am Wegesrand, sind mit dabei. Das konstatierte auch der ehemalige Leonhardilader Ludwig Bauer, der sich über einige junge Fuhrleute freute, die ihre Rösser und die Wallfahrt mit heuer 72 Gespannen in eine sichere Zukunft führen werden. Da hätte es des Aufrufs von Stadtpfarrer Peter Demmelmair in seiner Predigt gar nicht bedurft, zu hinterfragen, ob man nicht mehr Schein als Sein biete. Letztlich musste aber auch er zugeben: „Schöner geht es nicht.“

Die Geistlichkeit: Stadtpfarrer Peter Demmelmair (2.v.r.) segnete bei der Vorbeifahrt an der Leonhardikapelle die 72 Gespanne, heuer zusammen mit Pater Lukas Essendorfer (l.)
Die Geistlichkeit: Stadtpfarrer Peter Demmelmair (2.v.r.) segnete bei der Vorbeifahrt an der Leonhardikapelle die 72 Gespanne, heuer zusammen mit Pater Lukas Essendorfer (l.) © Karl Bock

Allerdings hätte die ganze Sache auch eine schlimme Wendung nehmen können, als nämlich der Wagen der Geistlichkeit, der traditionell die Zugreihenfolge anführt, bei der Rückfahrt vom Kalvarienberg in die Innenstadt die 90-Grad-Kurve von der Nockhergasse in die Jägergasse zu eng nahm. Der vollbesetzte offene Tafelwagen streifte dabei mit dem linken Geländer das Eck des sogenannten Irlbeckhauses und überfuhr den dortigen Randstein.

Drei Wagen nahmen heuer zum 50. Mal an der Tölzer Leonhardifahrt teil, hier Mädchen in Alttölzer Tracht auf dem Gespann vom Altwirt Wackersberg.
Drei Wagen nahmen heuer zum 50. Mal an der Tölzer Leonhardifahrt teil, hier Mädchen in Alttölzer Tracht auf dem Gespann vom Altwirt Wackersberg. © Karl Bock

Da die Rösser weiter zogen, drohte der Wagen sogar umzufallen. Sofort eilten trotz der dortigen Sicherheitsabsperrung einige Helfer herbei und zogen den Wagen mit seinen eisenbeschlagenen Rädern hinten nach rechts, sodass die Gefahr gebannt war. Stadtpfarrer Peter Demmelmaier, seinem Bruder, ebenfalls Priester, Pfarrer Gerhard Beham aus Wolfratshausen, Pater Lukas Essendorfer und den weiteren Tölzer Pfarrern und Ministranten, die mit dabei waren, fuhr der Schreck gehörig in die Glieder. Demmelmair sprach am Tag danach von „einem großen Schutzengel“, den man gehabt habe.

Traditionell werden einige Gespanne von sogenannten Vorreitern begleitet. Über 10.000 Besucher verfolgten heuer die 167. Wallfahrt.
Traditionell werden einige Gespanne von sogenannten Vorreitern begleitet. Über 10.000 Besucher verfolgten heuer die 167. Wallfahrt. © Karl Bock

Nach dem Schreckmoment, bei dem zum Glück niemand verletzt worden war, konnten das Gespann eines Landwirts aus Ellbach und die weiteren 71 Wagen die Fahrt ungehindert bis zur Mühlfeldkirche fortsetzen, zurückblieben allerdings etliche Daxen, die von der Seitenwand abgestreift worden waren und ein abgeschabtes Hauseck.

Die Jachenauer Frauen im Kirchengewand auf dem Wagen mit der Nummer 12, gefahren von Klaus Wolf, vor dem wolkenlosen Isarwinkler Himmel.
Die Jachenauer Frauen im Kirchengewand auf dem Wagen mit der Nummer 12, gefahren von Klaus Wolf, vor dem wolkenlosen Isarwinkler Himmel. © Karl Bock

An der Mühlfeldkirche erhielten Reiter und Wagen die zweite Segnung durch den Tölzer Pater Lukas Essendorfer, der genau um 12.54 Uhr das letzte Mal Weihwasser in Richtung Wallfahrer verspritzte. Damit war die 167 Tölzer Leonhardifahrt offiziell beendet.

Besucher der 167. Tölzer Leonhardifahrt feiern bis in die Abendstunden – Ruhige Wallfahrt

Der Ablauf jeder Wallfahrt ist seit über 160 Jahren genau festgelegt, um 9 Uhr geht es im Badeteil unter dem Geläut sämtlicher Tölzer Kirchen los, hinüber über die fahnengeschmückte Brücke in die Marktstraße, dann durch Jäger- und Nockhergasse hinauf über den steilen Maierbräu­gasteig. Dort waren nach monatelangen Bauarbeiten der Stadtwerke am Tag zuvor noch die letzten Relikte am Straßenrand beseitigt worden, das Steilstück war neu gepflastert und gesandet. Über die Austraße geht es zur sogenannten Leonhardiwiese.

Fleißige Kinder: 4 Euro kostete das Leonhardizeichen heuer.
Fleißige Kinder: 4 Euro kostete das Leonhardizeichen heuer. © Daniel Wegscheider

Zuvor werden Reiter und Wagenbesatzungen beim Umritt um die Leonhardikapelle neben der Kalvarienbergkirche gesegnet. Danach feiert man an Ort und Stelle den Gottesdienst, bei dem Stadtpfarrer Peter Demmelmair heuer nach Sein und Schein fragte, eine Verankerung des Menschen und der Politik in der Kirche und in Gott forderte. Der an diesem Tag verehrte Hl. Leonhard, ursprünglich ein französischer Bischof, sei ein schönes Bild dafür, dass der Mensch in Not von Gott Hilfe erfahren könne.

Der Tölzer Benediktinerpater Lukas Essendorfer
Der Tölzer Benediktinerpater Lukas Essendorfer spendete Roß und Reitern an der Mühlfeldkirche den zweiten Segen. Am Mittwoch um 12.54 Uhr kam das Weihwasser letztmals zum Einsatz, dann war die Wallfahrt offiziell beendet. © Karl Bock

Dabei wurde auch wieder deutlich, was die Tölzer Leonhardifahrt von Ritten und Fahrten andernorts unterscheidet. Ausschließlich Vierergespanne mit eisenbeschlagenen Rädern sind zugelassen, es gibt keine Kutschen oder Wägen, in denen Prominente mitfahren, sondern handgeschmückte Tafel- und Truhenwägen, prächtig herausgeputzte Rösser und ausschließlich Männer, die als Gespannführer oder Reiter zugelassen sind.


Am Nachmittag bestimmten, wie immer, die Goaßlschnalzer das Geschehen  in der Marktstraße. Außerdem gab es am frühen Nachmittag noch ein Standkonzert der Stadtkapelle am Marienbrunnen.
Am Nachmittag bestimmten, wie immer, die Goaßlschnalzer das Geschehen in der Marktstraße. Außerdem gab es am frühen Nachmittag noch ein Standkonzert der Stadtkapelle am Marienbrunnen. © Karl Bock

Auf den Wägen die Geistlichkeit und der Stadtrat, die Musikkapellen und die Schützen, Darstellungen des Hl. Leonhard, Jungfrauen, die Bäuerinnen im Mieder oder im Schalk, dazu Frauen und Mädchen in der Tölzer Tracht, alles von kritischen Augen beäugt. Damit ist sichergestellt, dass das Gewand nach alter Tradition von Generation zu Generation weitergegeben wird.

72 Gespanne führen bei der diesjährigen Tölzer Leonhardifahrt zum Kalvarienberg hinauf.
72 Gespanne führen bei der diesjährigen Tölzer Leonhardifahrt zum Kalvarienberg hinauf. © Daniel Wegscheider

Beim mittäglichen Empfang der Stadt Bad Tölz für die Ehrengäste aus Politik und Wirtschaft sowie 47 Personen der Partnerschaftsgemeinden San Giuliano Terme (Toskana) und Vichy (Frankreich) im Pfarrheim Franzmühle sagte Bürgermeister Ingo Mehner (CSU): „Die Tölzer Leonhardifahrt ist ein Ereignis, das unsere Gesellschaft zusammenhält“. Dies gelte nicht bloß für den 6. November, sondern auch für die Wochen davor und die Monate danach. Dabei handle es sich um eine gemeinsame Wallfahrt, die „ein tiefes Bedürfnis vieler Menschen“ ausdrücke, Freude zu teilen. Das sei nicht bloß eine Party.

Die Wagen der 167. Tölzer Leonhardifahrt waren wieder festlich geschmückt. Im Wagen sitzen die Schalkfrauen.
Die Wagen der 167. Tölzer Leonhardifahrt waren wieder festlich geschmückt. Im Wagen sitzen die Schalkfrauen. © Daniel Wegscheider

Für die anderen Teilnehmer und die vielen Besucher ging es in die umliegenden Gaststätten, einige Wagen mit den Musikkapellen fuhren traditionell weiter bis zur Marktstraße. Dort gab es am frühen Nachmittag auch noch ein Standkonzert der Tölzer Stadtkapelle, die heuer 100-jähriges Bestehen feiert. Dazwischen bestimmten die Goaßlschnalzer traditionell das Geschehen. Auch hier erfreulich, dass junge Männer, aber auch ein paar Mädchen, mitmachten und sich viel Beifall einheimsten.

Tölzer Leonhardifahrt: Auch die Mähnen der zahlreichen Pferde waren geschmückt.
Tölzer Leonhardifahrt: Auch die Mähnen der zahlreichen Pferde waren geschmückt. © Daniel Wegscheider

Aufgrund des schönen Wetters dauerte es bis zum späten Abend, ehe die letzten dann den Heimweg antraten. Die verbliebenen Gaststätten und Freiluftbars in der Innenstadt waren bis dahin äußerst gut besucht.

167. Tölzer Leonhardifahrt. Von der Isarbrücke ging es steil hinauf auf den Kalvarienberg. Oben rechts ist die Kapelle zu sehen.
167. Tölzer Leonhardifahrt. Von der Isarbrücke ging es steil hinauf auf den Kalvarienberg. Oben rechts ist die Kapelle zu sehen. © Daniel Wegscheider

Die Zuschauerkulisse entlang des Wallfahrtsweges und am Kalvarienberg sowie anschließend in der Marktstraße wurde heuer auf über 10.000 Menschen geschätzt. Der seit einigen Jahren übliche Sicherheitsdienst sowie Polizei, Feuerwehr und BRK sorgten mit Absperrmaßnahmen und ihrer Präsenz für einen reibungslosen Ablauf. Alles in allem war es „eine ruhige und gute Wallfahrt“, teilt die Polizei auf Nachfrage mit.

Die jüngsten Wallfahrerinnen hatten ihren Spaß bei der Fahrt im Wagen.
Die jüngsten Wallfahrerinnen hatten ihren Spaß bei der Fahrt im Wagen. © Daniel Wegscheider

Die Besucher kamen zum Teil von weit her, vom Chiemgau genauso wie aus dem Allgäu, natürlich aus dem Münchner Raum und dem benachbarten Ausland. Viele zeigten sich begeistert von der entspannten Atmosphäre, die Einheimischen freute am meisten, dass man Bekannte und Freunde traf, die man lange nicht gesehen hatte. Karl Bock

Rund 10.000 Besucher säumten die Tölzer Straßen. Hier zieht die Tölzer Leonhardifahrt gerade über die Isarbrücke.
Rund 10.000 Besucher säumten die Tölzer Straßen. Hier zieht die Tölzer Leonhardifahrt gerade über die Isarbrücke. © Daniel Wegscheider

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