Italien-Camper beklagen „Invasion“ von jungen Urlaubern aus Deutschland – „kamen über Nacht“

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Für Ruhe kommen viele Italiener auf den Campingplatz in Lido di Spina. Sei ärgern sich über das Niederlassen eines deutschen Reiseveranstalters – doch der hält dagegen.

Comacchio – Nicht selten beschweren sich Einheimische von beliebten Urlaubsländern wie Italien, Kroatien oder Spanien über zu viele Touristen. Gingen auf Mallorca zuletzt noch tausende Spanier auf die Straßen, um gegen Massentourismus zu demonstrieren, verschärfen kroatische Städte ihre Maßnahmen für Urlauber. Eine Italienerin wählt nun einen anderen Weg: Auf Facebook lässt sie ihren Frust über die „Invasion“ eines deutschen Reiseveranstalters auf dem Campingplatz in Lido di Spina freien Lauf.

Deutscher Veranstalter „überflutet“ Campingplatz in Italien: Bewohnerin ärgert sich auf Facebook

Die Frau schreibt ihren Beitrag am 30. Juni in einer Facebook-Gruppe, deren Inhalte sich ganz um den Campingplatz „Spina Camping Village“ an der Adriaküste von Italien drehen. Das beliebte Urlaubsziel ist für seinen Pinienwald, den Mix aus Ruhe und Unterhaltung sowie für den langen Sandstrand bekannt. Doch wie die Italienerin nun schreibt, haben viele der Campingplatz-Bewohner nun eine überraschende Nachricht erhalten – die einigen bitter aufstößt.

„Ohne unser Wissen wurde ein zehnjähriger Vertrag mit einer deutschen Gesellschaft abgeschlossen, die unser Gebiet buchstäblich mit einem riesigen Lager überflutet hat“, schreibt die Frau. In dem Lager sollen „sage und schreibe 100 junge Menschen für zwei Monate untergebracht werden“, hinzu kämen die Erzieher. Dazu teilt die Italienerin Fotos, die unter anderem eine Bühne und mehrere Zelte zeigen. „Es gibt 36 verstreute Zelte, eine riesige Küche und sogar eine Bühne“, schreibt die verärgerte Campingplatz-Bewohnerin weiter.

Ein Campervan auf dem italienischen Campingplatz Spina Camping Village
Viele Italiener suchen auf dem vom Pinienwald umgebenem Campingplatz in Lido di Spina Ruhe. Nun beklagen sie die „Invasion“ eines deutschen Reiseveranstalters. © IMAGO / Jahnke

Italienerin beschwert sich über Vertrag von Campingplatz mit ruf-Jugendreisen – Veranstalter spricht von strukturellem Wandel

Ein Blick auf die Bilder zeigt, dass es sich bei dem deutschen Reiseveranstalter um „ruf Jugendreisen“ handelt. Auch auf der Website schreibt der Jugendreiseveranstalter, man könne ab 14 oder 16 Jahren 2024 neu einen Campingurlaub an Lido di Spina buchen. Auf eine Anfrage von IPPEN.MEDIA schrieb „ruf Jugendreisen“, der Campingplatz befinde sich in einem strukturellen Wandel, der in Zukunft auch andere Zielgruppen ansprechen wolle. „Klar ist das für langjährige Camper eine Veränderung, aber diese Veränderung hatte sich länger angedeutet“, so der Reiseveranstalter.

Dass die Jugendlichen nun zehn Jahre lang in den Sommermonaten auf dem Campingplatz „200 Würstchen und Sauerkraut auf einmal kochen werden“ erfreut die Italienerin dennoch nicht. Zuletzt beschwerte sich eine Camperin über die „Invasion“ deutscher Touristen in Portugal.

„Es gibt keinen Frieden“: Italien-Campingplatz im Sommer voll mit Jugendlichen – nicht alle begeistert

Ebenso wenig begeistert sei sie über die Tatsache, dass die Urlauber des Reiseveranstalters „in Scharen zu den zentralen Toiletten gehen werden“, die ohnehin bereits in einem schlechten Zustand seien. Die meisten Bewohner hätten den Campingplatz in Italien unter anderem „wegen der wunderbaren Natur und der Ruhe“ ausgewählt. Die Befürchtung, damit sei nun Schluss, löse Enttäuschung und Ärger aus. Auch bei anderen Bewohnern, wie in den Kommentaren klar wird.

So schreibt eine Italienerin, sie komme seit zehn Jahren nach Lido di Spina. Nie hätte sie gedacht, so etwas zu erleben. „Sie kamen über Nacht zu uns, ohne jede Vorwarnung. Sie fingen an, kiloweise Kisten und verschiedene Konstruktionen abzuladen … Es gibt keinen Frieden“, tippt die Frau. Sie wisse nicht, wie sie ihrem Sohn erklären soll, dass die Familie im nächsten Jahr nicht mehr kommen würde. „Ich bin verbittert, enttäuscht und fühle mich verarscht“, heißt es.

Reiseveranstalter nimmt „keinerlei negative Stimmen“ auf Campingplatz wahr und versichert Einhaltung der Regeln

Der Reiseveranstalter bekräftigt gegenüber IPPEN.MEDIA, die Jugendlichen müssten sich ebenfalls an „Nachtruhe, an Ordnung und Sauberkeit halten“. Um die Einhaltung der geltenden Regeln zu gewährleisten, seien Reiseleiter dabei. Die Bühne würde zudem Richtung Meer zeigen, sodass „eventueller Lärm nicht in Richtung der Nachbarn strahlt“. Außerdem finde das Programm auf der Bühne nur zu bestimmten Zeiten statt. Während des Aufbaus vor Ort habe es bislang „keinerlei negative Stimmen und keine Beschwerden“ gegeben.

Ein anderer Italiener hat jedoch eine abweichende Sicht auf die Situation: Er habe 17 Jahre dort verbracht und jedes Jahr habe es Ferienlager gegeben. „Es ist ein Campingplatz und die Jugendlichen haben Regeln und Ruhezeiten. Ich erinnere mich an niemanden, der sich jemals beschwert hat“, schreibt er. (nbe)

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