Fremde Leistungen aus dem Bundeshaushalt - Weniger Beitrag, mehr Steuern: Das passiert, wenn die Rentenkasse nur noch Renten zahlt

Nehmen wir fiktiv an, die versicherungsfremden Leistungen würden exakt 100 Milliarden Euro pro Jahr ausmachen, dann würde die Rentenversicherung durch eine Änderung um exakt diese Summe entlastet und der Haushalt um exakt diese Summe belastet. Da heute schon hohe Zuschüsse aus dem Haushalt an die Rentenkasse fließen, lägen die zusätzlichen Ausgaben für den Bund deutlich niedriger. Realistischer erscheint eine Summe von vielleicht 40 bis 50 Milliarden Euro an zusätzlichen Kosten für den Bundeshaushalt.

Was bedeutet das für die Rentenbeiträge?

Die gute Nachricht einer solchen Änderung: Die Rentenbeiträge würden sinken. Genaue Zahlen kann hier keiner berechnen, weil eben die genauen Ausgaben für die versicherungsfremden Leistungen nicht bekannt sind, aber verschiedene Wirtschaftsinstitute wie das IW Köln, das DIW, aber auch der Bund der Steuerzahler kommen in Berechnungen auf Beitragssenkungen von bis zu 3 Prozent. Konkret ausgedrückt würde das einem Durchschnittsverdiener mit 4300 Euro Bruttogehalt im Monat rund 65 Euro mehr netto einbringen.

Also mehr Geld für Arbeitnehmer?

Nein, denn die Ausgaben verschwinden ja nicht, sie werden nur verlagert. Das Geld, das die Rentenversicherung spart, muss jetzt der Bundeshaushalt ausgeben. Der ist aber heute schon auf Kante genäht. Für zusätzliche Ausgaben müssten hier also zusätzliche Einnahmen her. Die wichtigste Einnahmenquelle des Bundeshaushalts sind wiederum Steuern. Die müssten also steigen, wenn die versicherungsfremden Leistungen übernommen werden sollen. Auszuhandeln wäre dann zwischen den Regierungsparteien, welche Steuern dafür wie weit erhöht werden müssten.

Also bleibt es am Ende ein Nullsummenspiel?

Das wäre ein mögliches Szenario. Theoretisch ließen sich Steuererhöhungen so gestalten, dass am Ende diejenigen, die Rentenbeiträge einsparen, exakt diesen Betrag über zusätzliche Steuern zahlen. Realistisch ist das aber nicht. Tatsächlich gibt es Gruppen, die von so einer Änderung stärker profitieren oder belastet würden als andere – zum Beispiel:

  • Unternehmen: Bisher zahlen Arbeitgeber die Hälfte aller Rentenbeiträge. Am Steueraufkommen hatten sie über Gewerbe- und Körperschaftssteuer 2021 aber nur einen Anteil von 12,4 Prozent. Selbst unter Berücksichtigung, dass Unternehmen auch einen Teil anderer Steuern bezahlen, bleibt ihr Anteil bei weit unter 50 Prozent. Daran dürfte sich durch eine Veränderung der Rentenpolitik wenig ändern. Unternehmen würden also am Ende Geld sparen.
  • Haushalte mit hohen Einkommen, Beamte und Selbstständige zahlen bisher nicht, nur teilweise oder in ersterem Fall nur bis zur Beitragsbemessungsgrenze in die Rentenversicherung ein. Egal, welche Steuern für sie erhöht würden, ihre Ausgaben wären durch eine solche Gesetzesänderung wohl höher als bisher.
  • Rentner zahlen ebenfalls keine Rentenbeiträge, aber viele Arten von Steuern. Sie würden also durch eine solche Änderung wohl ebenfalls zusätzlich belastet. Auf der anderen Seite könnte es aber auch sein, dass die Rentenversicherung durch die Änderung mehr Luft bekommt, um ihrer eigentlichen Kernaufgabe, der Zahlung von Altersrenten, nachzukommen und damit die Renten stärker steigen könnten als sonst.
  • Kinder und Jugendliche zahlen ebenfalls keine Rentenbeiträge, wohl aber Verbrauchssteuern wie die Mehrwertsteuer, wenn sie etwas einkaufen. Die zusätzliche Belastung für sie dürfte gering sein, aber sie ist da.
  • Haushalte mit sehr geringem Einkommen zahlen ebenfalls keine oder nur sehr geringe Rentenbeiträge, könnten durch steigende Steuern aber zusätzlich belastet werden. Das gilt insbesondere, wenn Verbrauchssteuern, wie etwa die Mehrwertsteuer, steigen sollten.

Ist es also eine gute Idee, die versicherungsfremden Leistungen aus dem Bundeshaushalt zu bezahlen?

Das ist am Ende eine politische Entscheidung, es gibt für beide Varianten gute Argumente. Außerdem ist für die Frage auch entscheidend, wie die Steuerlast verteilt würde, um die zusätzlichen Kosten für den Bundeshaushalt zu finanzieren. Möglich wäre hier auch, dass zum Beispiel Förderungen, Zuschüsse oder Sozialleistungen gekürzt werden, was ebenfalls bestimmte Gruppen der Gesellschaft benachteiligen würde.

Aus diesem Grund fordert etwa auch der Bundesrechnungshof keine Änderung der bisherigen Praxis, sondern lediglich, dass künftig Anzahl und Kosten der versicherungsfremden Leistungen transparent und detailliert aufgelistet werden. Auf dieser Datenbasis könnte die Bundesregierung dann wesentlich fundierter entscheiden, welche Kosten wie verteilt werden sollen. Im federführenden Bundessozialministerium unter Hubertus Heil (SPD) gibt es bislang jedoch keine derartigen Pläne.

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