Mann stirbt durch unsichtbare Gefahr im Ostsee-Wasser – Behörde warnt Badegäste
Das Landesamt warnt, ein Mann ist bereits tot: Durch hohe Temperaturen breiten sich Vibrionen aus und können zu schweren Gesundheitsrisiken führen.
Berlin – Ein Todesfall und eine deutliche Warnung: In der Ostsee besteht eine erhöhte Gefahr durch Vibrionen, die bereits zu einem Toten geführt haben. Ein 68-jähriger Mann aus Mecklenburg-Vorpommern verstarb nach Kontakt mit diesen Bakterien. Laut einer Sprecherin des Landesamts für Gesundheit und Soziales handelt es sich um die erste gemeldete Infektion der aktuellen Badesaison im Nordosten.

„Kontakt mit Meer- oder Brackwasser vermeiden“: Behörde spricht deutliche Warnung aus
Die Behörde rät dringend: „Kontakt mit Meer- oder Brackwasser vermeiden“. Besonders gefährdet sind Menschen mit offenen Wunden oder einem geschwächten Immunsystem. „Wenn Badegäste zu diesen Risikogruppen gehören und Hautverletzungen vorhanden sind, sollte ein Kontakt mit Meer- oder Brackwasser (Bodden) unterbleiben“, warnt die Behörde. Im Vorjahr wurden fünf Infektionen registriert, von denen zwei tödlich endeten. Todesfälle sind selten und meist auf erhebliche gesundheitliche Vorbelastungen zurückzuführen.
Die genaue Infektionsquelle des verstorbenen Mannes konnte nicht ermittelt werden. Er litt an mehreren chronischen Erkrankungen und verstarb trotz Krankenhausbehandlung. Mit steigenden Temperaturen im Sommer erhöht sich das Infektionsrisiko, insbesondere in flachen Küstenbereichen. Das Robert Koch-Institut (RKI) weist darauf hin, dass sich diese gefährlichen Bakterien bei Wassertemperaturen über 20 Grad Celsius in Oberflächengewässern stark vermehren können. Bis Mitte Juli wurden in diesem Jahr mindestens drei Infektionen gemeldet, die vermutlich auf eine Ansteckung in Deutschland zurückzuführen sind (Stand 18.7.).
Die Ostsee ist für Vibrionen besonders anfällig – das ist der Grund
Die Ostsee ist aufgrund ihres niedrigen Salzgehalts besonders anfällig für Vibrionen. Infektionen sollten frühzeitig mit Antibiotika behandelt werden. Seit 2020 besteht in Deutschland eine Meldepflicht für Infektionen mit sogenannten Nicht-Cholera-Vibrionen (NCV). Im vergangenen Jahr verzeichnete das RKI 42 Fälle, die wahrscheinlich auf Ansteckungen in Deutschland zurückzuführen sind. Viele dieser Fälle traten in Regionen auf, die an die Ostseeküste grenzen.
Vibrionen sind laut RKI vor allem in salzhaltigen Gewässern in Küstennähe, wie Flussmündungen, Buchten und Brackwässern, aber auch in leicht salzhaltigen Binnengewässern zu finden. Das Risiko durch das Baden in Seen oder Teichen wird oft unterschätzt. In Sachsen-Anhalt beispielsweise können im Strandsolbad Staßfurt und im Naturbad Angersdorfer Teiche Massenvermehrungen der Bakterien auftreten, die in der Vergangenheit zu schweren Infektionen führten, so das Landesamt für Verbraucherschutz.
Nicht-Cholera-Vibrionen im Badewasser können schnell fortschreitende Wundinfektionen und in seltenen Fällen eine Blutvergiftung (Sepsis) verursachen. Auch Ohrentzündungen sind möglich. Besonders gefährlich sind Infektionen mit Vibrio vulnificus, die rasch zu tiefgreifenden Gewebeschäden führen können. „Hier kann bereits eine sehr geringe Bakterienanzahl genügen, um eine Wundinfektion hervorzurufen“, erklärt das RKI. Eine daraus resultierende Sepsis kann schnell zum Tod durch multiples Organversagen führen. Menschen mit Wunden oder frisch gestochenen Tätowierungen sollten das Baden in betroffenen Gewässern vermeiden, insbesondere wenn sie Vorerkrankungen haben oder ihr Immunsystem geschwächt ist.
Auf interaktiver Karte kann man erkennen, wo Virbionen im Meer zu finden sind
Die EU-Badegewässerrichtlinie sieht derzeit keine Prüfung auf Vibrionen vor, wie im aktuellen Epidemiologischen Bulletin des RKI berichtet wird. Es wird diskutiert, ob neue Regelungen wie amtliche Grenzwerte für abgestufte Handlungsempfehlungen eingeführt werden sollten. Einige Bundesländer, die für das Vorkommen von Vibrionen bekannt sind, untersuchen die Belastung ihrer Badegewässer bereits in den Sommermonaten. Das Landesamt für Gesundheit und Soziales in Mecklenburg-Vorpommern analysiert beispielsweise stichprobenweise Wasserproben an der Ostseeküste. „Im Falle einer erhöhten Gefahrenlage werden dann Warnungen durch die Landesbehörde ausgesprochen.“ Wie eben aktuell der Fall.
Die europäische Gesundheitsbehörde ECDC bietet den „Vibrio Map Viewer“ an, eine interaktive Karte für die Nord- und Ostsee. Diese Karte berechnet das aktuelle Risiko für Massenvermehrungen anhand von Oberflächentemperaturen und Salzgehalt. „Dieses Instrument zeigt eindrucksvoll das steigende Risiko des Vorkommens von humanpathogenen Vibrionen im Wasser im Verlauf von heißen Sommermonaten an den Küsten Deutschlands und angrenzender Nachbarländer“, erklärt das RKI.
Mit dem Klimawandel steigt das Risiko weiter an. Da sich Vibrionen erst ab etwa 20 Grad Wassertemperatur stark vermehren, spielt die Erwärmung der Gewässer eine entscheidende Rolle. „Häufigere und längere Wärmeperioden, wie sie zukünftig auch in nördlichen Breitengraden zu erwarten sind, begünstigen das Vorkommen von NCV sowohl in deutschen Küsten- als auch in Binnengewässern“, so das RKI. Die Ostsee, die aufgrund ihres niedrigen Salzgehalts ein idealer Lebensraum für Vibrionen ist, zählt zu den sich am schnellsten erwärmenden Meeresökosystemen weltweit. (cgsc mit dpa)