Stadt Schongau unterstützt neue Kirchenglocken - aber nicht im vollen Umfang

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Marode sind die stählernen Glocken von Mariae Himmelfahrt. Sie sollen durch bronzene ersetzt werden. © Hans-Helmut Herold

Auch die Stadt Schongau leistet einen Beitrag für die neuen Kirchenglocken in Mariae Himmelfahrt. Darüber, wie viel Geld man dem Förderverein der Stadtpfarrkirche bewilligen will, gingen die Meinungen im Stadtrat allerdings weit auseinander. Der beantragte Zuschuss über 30 000 Euro wurde letztlich halbiert.

Schongau – Rund 155 000 Euro kosten die vier neuen bronzenen Kirchenglocken, die der Fördererverein Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt Anfang des kommenden Jahres gießen lassen möchte. Sie sollen die vier stählernen Glocken aus dem Jahr 1949 ersetzen, die in einem erbärmlichen Zustand sind – und außerdem nicht mehr gut klingen (wir berichteten).

Vier der fünf ursprünglichen Glocken waren 1942 abmontiert worden

Vier der fünf ursprünglichen Glocken waren 1942 abmontiert und im Zweiten Weltkrieg zu Kriegsmaterial verarbeitet worden. „Wir würden uns sehr freuen, wenn die Stadt uns dabei unterstützen würde, wieder den ursprünglichen traditionellen Klang unseres Glockengeläuts herzustellen“, formulierte es Helmut Hunger, Vorsitzender der Förderer Stadtpfarrkirche, in seinem Antrag, der in der jüngsten Stadtratssitzung behandelt wurde. Man sei wegen der hohen Kosten auf den städtischen Zuschuss angewiesen und wünsche sich Unterstützung in Höhe von 30 000 Euro. Dies entspreche auch der bei anderen Vereinen üblichen 20 Prozent Förderung.

„Das ist ein Wahrzeichen“: Die Wichtigkeit der Stadtpfarrkirche Mariae Himmelfahrt hob Bürgermeister Falk Sluyterman gleich zu Beginn hervor. Auch in der Vergangenheit habe die Stadt Schongau immer wieder Zuschüsse für das Kirchengebäude gewährt.

Bürgermeister Sluyterman: „Wir haben immense Aufgaben vor uns“

Allerdings betonte der Rathauschef auch, dass die Zeiten nicht gerade rosig seien, „wir haben immense Aufgaben vor uns“. Er befürchtete außerdem, dass die Gewerbesteuereinnahmen künftig nicht mehr so sprudeln könnten, wie man das schon erlebt habe. Wenn nun über einen Zuschuss für die bronzenen Kirchenglocken für Mariae Himmelfahrt abgestimmt werde, dürfe man das nicht etwa so auffassen, dass der Stadtrat nicht zu seiner Stadt stehe. „Aber es gibt Zwänge“, verwies Sluyterman auf die Kommunalaufsicht, die dazu anhält, bei knappen Kassen die freiwilligen Leistungen zu streichen – und dazu zähle auch dieser Zuschuss.

„Eine Kirche braucht Glocken“, betonte Gregor Schuppe (ALS). Diese gehörten zum akustischen Stadtbild hinzu, und wenn sie kaputt seien, brauche es neue. Allerdings sprach er auch von einem „ideellen Luxus“, wenn man die Glocken nun aus Bronze gießen lasse. Er schlug vor, als Zuschuss 20 Prozent des Kaufpreises von Stahlglocken zu gewähren.

Michael Eberle (CSU) konnte eine prekäre Finanzlage nicht erkennen

Michael Eberle (CSU) konnte die von Sluyterman skizzierte prekäre Finanzlage nicht erkennen, im Gegenteil: „Mit 19,5 Millionen Euro Gewerbesteuerzulage haben wir ein Allzeithoch.“ Über Jahrhunderte hinweg habe es in Schongau Bronzeglocken gegeben – genommen vom Dritten Reich.

Er erinnerte daran, dass die Stadtpfarrei viele Gebäude betreuen und auch für die Stadtpfarrkirche noch einen großen Betrag in die Hand nehmen müsse – etwa für einen neuen Glockenstuhl. „Jetzt wieder mit einem Provisorium zu arbeiten, wäre der falsche Weg“, argumentierte Eberle für die Anschaffung von neuen Bronze- statt Stahlglocken. „Das ist Teil des historischen Geläuts, die Stadtmauer ersetzen wir ja auch nicht mit einer Ziegelmauer.“

Stephan Hild (UWV): „Das System Kirche funktioniert nicht“

Der ein oder andere Stadtrat konnte dennoch nicht nachvollziehen, warum die Kirche die Glocken nicht mitfinanziert, darunter Stephan Hild (UBV). Das ehrenamtliche Engagement in dieser Sache verdiene höchstes Lob. „Aber das System Kirche, die in den oberen Etagen immense Reichtümer hortet und dann die Leute zum Betteln schickt, funktioniert nicht.“

Hild wünschte sich außerdem eine Überarbeitung der Richtlinie. Laut Stadtkämmerer Werner Hefele ist nach einem Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2015 ein 20-prozentiger Zuschuss möglich, maximal jedoch 25 000 Euro, und zwar binnen von zehn Jahren nur zwei Mal. Gewährt wird dieser Zuschuss nur auf nicht-bewegliche Gegenstände, also fürs Gebäude oder den Betrieb. Auch wenn sich Glocken natürlich bewegen, werden diese als Teil des Kirchengebäudes bewertet.

Martin Schwarz (SPD): „Abendländische und christliche Prägung der Stadt wichtig“

Martin Schwarz (SPD) betonte, wie wichtig die abendländische und christliche Prägung der Stadt seien und schlug einen Kompromiss vor: die Hälfte des beantragten Betrags auszuzahlen, also 15 000 Euro, da Stahlglocken um 50 Prozent günstiger seien. Letztlich bleibe es eine Entscheidung des Fördervereins, doch Bronzeglocken zu beauftragen. Diesen Vorschlag wertete Hild als Signal und bat die Kollegen, mitzugehen. 16 Stadträte stimmten dann mehrheitlich für diesen Vorschlag. Den vollen Betrag hatten zuvor nur vier Stadträte abgesegnet.

Der Förderverein war schon fleißig, viele Spender unterstützen die Neuanschaffung der Glocken.

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