„Fair Train“ sucht Mitarbeiter - Weselsky setzt Bahn mit Mietlokführern unter Zugzwang, riskiert aber GDL-Status
GDL-Chef Claus Weselsky will nicht nur mehr Lohn und weniger Arbeitszeit für Tausende Bahn-Beschäftigte erstreiten, sondern den Bahn-Unternehmen offenbar auch ihre Lokführer wegschnappen. Zu dem Zweck hat die Gewerkschaft der Lokführer eine Genossenschaft gegründet, die als Leihfirma für Lokführer auftreten will.
Oder wie es die dpa bereits im Sommer formulierte: Die GDL will indirekt selbst zum Arbeitgeber werden und eine Berufsgruppe anstellen, bei der es bereits einen deutlichen Fachkräftemangel gibt - eine äußerst ungewöhnliche Konstellation. Seit Oktober sucht „Fair Train“, so steht es auf deren Homepage, „im gesamten Bundesgebiet Triebfahrzeugführer (m/w/d) zur Überlassung an unsere namhaften Kunden in Deutschland“.
Leihfirma Fair Train als „Kampfansage“ an die Deutsche Bahn
Das sei eine Kampfansage an den „roten Riesen“, also die DB, sagte Weselsky im Juni. Er selbst sei bei der Genossenschaft „außen vor“, er habe lediglich privat Genossenschaftsanteile gezeichnet.
„Die Menschen, die unsere Mitglieder sind, sind es leid, von einem Arbeitgeber drangsaliert zu werden, der sich selbst die Taschen vollstopft, unmoralisch durch dieses Leben geht und denjenigen, die die Wertschöpfung bringen, mitteilt, sie müssen Maß halten“, sagte Weselsky.
Doch wie soll das Konstrukt genau aussehen? Mitglieder der GDL sollen zur Genossenschaft „Fair Train e. G.“ wechseln und dann zu verbesserten Konditionen etwa an die Deutsche Bahn ausgeliehen werden. Damit kratzt die GDL aber auch am Tarifeinheitsgesetz.
„Rent a Lokführer“ könnte Status der GDL als Gewerkschaft gefährden
Es ist deshalb unklar, ob dieses Modell wirklich umgesetzt wird, oder ob es nur als Druckmittel in den aktuellen Tarifverhandlungen dient. Erfolgreich wäre der Plan nur, schreibt Alexander von Saenger, Fachanwalt für Arbeitsrecht, in der „FAZ“, wenn genügend Lokführer den Wechsel vollziehen und die Bahn entsprechende Konditionen akzeptiert. Er fasst die Idee mit drei Worten zusammen: „Rent a Lokführer“. Sollte sich die Bahn jedoch anderweitig mit Personal versorgen, könnte das Vorhaben scheitern.
Ein Risiko bestehe zudem für die GDL selbst, denn die Gewerkschaft verhandelt einen Tarifvertrag mit „Fair Train“, dessen Mitglieder ausschließlich GDL-Angehörige sind. Dies könnte den Status der GDL als Gewerkschaft insgesamt infrage stellen.
Falls das Modell erfolgreich ist, könnte es von Saenger zufolge jedoch Vorbild für andere Branchen mit spezialisierten Berufsgruppen werden. Busfahrer, LKW-Fahrer oder Piloten könnten auf ähnliche Weise „vermietet“ werden. Allerdings könnten auch die Kosten für Verbraucher steigen, etwa durch höhere Logistikkosten.
GDL erreicht 35-Stunden-Woche bei DB-Konkurrent
Die GDL einigte sich unterdessen in Tarifverhandlungen mit einem Konkurrenten der Deutschen Bahn auf eine 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter. Unter anderem mit dieser Forderung hatte die Gewerkschaft zuletzt Warnstreiks bei der Bahn begründet, die zu Tausenden Zugausfällen führten.
Wie die GDL am Donnerstag mitteilte, wird die 35-Stunden-Woche für Schichtarbeiter beim Bahnunternehmen Netinera schrittweise ab dem 1. Januar 2025 eingeführt. Die 35-Stunden-Woche wird der Einigung zufolge am 1. Januar 2028 erreicht. „Wir haben die Eisenbahnerberufe mit diesem Abschluss endlich attraktiver gemacht“, sagte GDL-Chef Weselsky laut einer Mitteilung.