Eine Containeranlage für 128 Flüchtlinge und Asylbegehrende will Investor Christoph Hertwig in Bairawies bauen. Das Dietramszeller Gremium sprach sich in der jüngsten Bau- und Umweltausschusssitzung dagegen aus.
Dietramszell – Für einen neuen „Besucherrekord in der Bauausschusssitzung“, so Bürgermeister Josef Hauser (FW), sorgte ein Antrag auf Vorbescheid im Vereinsheim in Humbach bei der jüngsten Dietramszeller Bau- und Umweltausschusssitzung. In dem Antrag steht: Es soll eine Containeranlage für 128 Flüchtlinge und Asylbegehrende in Bairawies errichtet werden. Das Gremium wägte das Für und Wider ab. Über 60 interessierte Gemeindebürger wohnten dem Geschehen bei, wie das Gremium die Argumente diskutierte – und sich dann unisono gegen das Vorhaben aussprach.
Der Plan sieht vor: 128 Betten in 24 Appartements sowie Räumlichkeiten wie Sanitäranlagen und Sozialraum nebst Küche in zwei getrennten Containeranlagen - und das Ganze in der Nähe des Schullandheimes.
Hauser sei überrascht: Das Landratsamt habe die Kommune darüber informiert, dass bei der Kreisbehörde ein digitaler Antrag auf Vorbescheid eingegangen sei. Vorgespräche in dieser Sache gab es mit Hauser keine, berichtete er.
Maria Spindler (Grüne) findet „den Plan unmöglich“. Laut ihrer Rechnung hätte eine Person 4,34 Quadratmeter „private Fläche“ zur Verfügung, sie sieht das als „menschlich harten Tobak“ an. Es gibt lediglich einen Verwaltungsraum mit über 40 Quadratmeter, keine sozialen Flächen, wo sich Kinder aufhalten können. „Das ist moderner Menschenhandel“ und „unsere soziale Infrastruktur“ könne solche Projekte nicht auffangen. „Unsere Schulen und Kindergärten sind voll“, sagte sie vehement.
Das ist moderner Menschenhandel.
Thomas Kranz (FW) kann das Ganze ebenso wenig verstehen wie Hauser. Letztes Jahr im August gab es Gespräche mit dem Landrat, erklärte er den Bürgern. „Daraufhin haben wir uns auf die Reise gemacht und nach Standorten gesucht, welche gefunden und dem Landratsamt angeboten“.
Bürgermeister Josef Hauser hält an den Häusern in Linden und Ascholding fest und zwar so lange, bis über die frühere Öko-Akademie entschieden ist
„Wir sind unserer Mitwirkungspflicht ausreichend nachgekommen“. Mit Baiernrain, Linden und Schönegg hätte die Gemeinde Flüchtlinge aufgenommen, es seien Liegenschaften wie das Ascholdinger Hallenbad angeboten worden. Und in der ehemaligen Ökoakademie, ein bereits bestehendes Gebäude, könnten noch 113 weitere untergebracht werden. Warum das immer noch nicht passiert ist, „entzieht sich unserer Kenntnis“, echauffierte sich Hauser. Der Vertrag wird nicht zwischen Gemeinde und Eigentümer geschlossen, sondern zwischen Eigentümer und Landratsamt. „Wir sind da Zuschauer und wissen nicht, was da vor sich geht. Jedenfalls haben wir aus meiner Sicht die Quote erfüllt“.
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Der Bürgermeister sieht ein ziemliches Ungleichgewicht: 128 Personen, die untergebracht werden müssen, nebst 22 weiteren, die im angrenzenden Umfeld wohnhaft sind auf der einen Seite. Auf der anderen hat Bairawies 292 Hauptwohnsitze und fünf Nebenwohnsitze. Dieses Verhältnis „passt für mich nicht.“ Zudem gebe es keine Geschäfte in der unmittelbaren Nähe.
Bernhard Fuchs stellt in seinem Redebeitrag Fragen, die ihn beschäftigen
Bernhard Fuchs (FW) pflichtete Hauser bei. „Der soziale Unfrieden ist hier vorprogrammiert“. Für ihn sei das ein Geschäftsmodell mit Flüchtlingen auf Kosten der Bewohner und Steuerzahler. Im Antrag sind einige Informationen gar nicht aufgeführt. Aber offen sei für ihn, ob seitens der öffentlichen Hand überhaupt Interesse an einem privaten Vorhaben zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbegehrenden bestehe. Ein Rätsel sei für ihn der Antragsteller Christoph Hertwig.
Was steht hinter Christoph Hertwig? Er habe eine „Pseudo-Seite“ der Hertwig Real Estate GmbH gefunden. Dubios sei die Vorgehensweise. „Wenn ich so ein großes Bauvorhaben plane, dann stelle ich das vor und nehme die Bevölkerung mit und knall nicht einfach einen Plan hin und sage, das ist ein Antrag auf Vorbescheid“, hebt er verärgert hervor. Weitere Fragen seien: Warum gibt es im Antrag zur Befristung der Nutzung keine Angabe? Die Zeile sei leer.
Hauser erklärte hierzu, dass die Nutzung für drei Jahre geplant sei, aber bis maximal 2030 möglich sei laut Sonderregelung für den Bedarf der Unterbringung von Flüchtlingen.
Bairawieser Bürger würden sich Sorgen machen
„Eltern haben Sorge um ihre Kinder“, wirft Fuchs seine Fragen weiter auf. „Die Angst ist da und die können wir nicht wegreden.“ „Ist unser Soll nicht erfüllt? Meines Wissens nach, ja“. Er hat für die Bürger weitere Fragen kategorisiert. Diese sendete er an Wolfgang Köster, Vorstandssprecher der Grünen im Ortsverband Dietramszell.
Köster wird diese dann den Bürgern, die per Unterschriftenliste zustimmten, zusenden und in einer eingerichteten Infogruppe, weiter über das geplante Vorhaben informieren. In der Gruppe erklärt Köster: Als er von dem Vorhaben erfuhr, glaubte er zuerst an einen schlechten Scherz. Die Flüchtlinge seien arm dran und hätten ihr ganzes „Hab und Gut“ verloren, das verstehe er, sagt Köster und lasse ihn mitfühlen. Nur „das Gemeinwohl in der Gemeinde“ sei ihm auch wichtig.
Gespräch mit Landrat Josef Niedermaier sei sinnvoll
Das sei auch Ludwig Gröbmaier (CSU) wichtig. „Ich glaube, dass der Antrag heute keine Zustimmung finden wird, darüber sind wir uns einig“, analysiert er. Aber damit sei für ihn noch nichts gewonnen, „unser Einvernehmen kann man schnell ersetzen“. Die Situation im Landkreis zeigt, dass der Bedarf an weiteren Bauten das steigt. Wie die Lage zeige, wäre alles „überfüllt“. Um zu verhindern, dass sich die zuständige Baubehörde über das gemeindliche Einvernehmen hinweg setze, schlage er deshalb vor, sich „wie damals bei der Zwangszuweisung rechtlich beraten zu lassen“. Sinn mache, eine gute Argumentationslinie auszuarbeiten.
Auf der anderen Seite wägt er ab, „würde ich das Gespräch mit dem Landrat suchen“, da das Verhältnis derzeit nicht gerade das beste ist. „Da bin ich bei Dir“, bestätigte Hauser. Denn ihm ist klar, dass ein Investor „nicht einfach ins Blaue hinein einen Antrag stellt. Dieser brauche einen Mieter und das „ist der Landkreis“. Vielleicht könnten wir noch einmal versuchen, argumentativ damit zu überzeugen, dass bei uns in Linden schon einiges da ist. Und dass das Vorhaben politische Unruhe mit sich bringen würde.
Gröbmaier brachte noch aufs Tapet, dass das Vorhaben auch eine Existenzgefährdung für den Betrieb des Schullandheimes sei. Er glaubt nicht, dass „es Zuspruch finden wird bei den Schulen“, die in Bairawies mit den Klassen Urlaub machen wollten, dass die Kinder 300 Meter von einer Flüchtlingsunterkunft beherbergt werden.
Die Gemeinde wird nun eine beratende Kanzlei zur Rate ziehen und entsprechend weitere Vorgehensweisen diesbezüglich durchdenken. Eine Stellungnahme vom Landratsamt folgt.