Schlierseer Scheu vor „grundsätzlicher Zustimmung“

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Miesbach
  4. Schliersee

KommentareDrucken

Bleibt Schutzgebiet: Die Grünfläche zwischen Schlierseer Ortsausgang und der Wohnanlage an der Seestraße (l.) will die Mehrheit des Gemeinderats aktuell nicht zu einer Entwicklungsfläche machen. © Thomas plettenberg

Die Begeisterung für ihre Landschaft kann man den Schlierseer Gemeinderäten sicher nicht absprechen. Die Begeisterung für Landschaftsschutzgebiete scheint derweil gebremst. Die als skeptisch bekannten Bauern will man bei der Neuausweisung eng eingebunden wissen.

Schliersee – Mehr noch als andere Gemeinden im Landkreis möchte Schliersee seine Landwirte bei der Neuausweisung von Landschaftsschutzgebieten beteiligt wissen – und hat das vorab selbst schon mal getan. Im Beschluss zu den Schutzgebieten mied der Gemeinderat derweil die Formulierung „stimmt grundsätzlich zu“ und beließ es bei einem zurückhaltenden „nimmt zur Kenntnis“. Dafür schrieb man forsch in den Beschluss hinein: „Die Ausweisung der Schutzgebiete und die textlichen Festsetzungen sind im engen Dialog mit den Vertretern der Landwirtschaft als betroffenen Grundstückseigentümern abzustimmen.“ Die seitens der Landwirte gemachten Änderungsvorschläge „sind beim Neuerlass zu berücksichtigen.“

Gemeinde hat eigentlich gar nichts zu entscheiden

Wohlgemerkt: Die Gemeinde hat in Sachen Schutzgebiet gar nichts zu entscheiden. Dies obliegt dem Kreistag. Dessen Arbeitsgruppe Landschaftsschutz hatte die Beteiligung der Gemeinden als zielführend erachtet. Denn im Zuge der Neuausweisung sollen die Zuschnitte zum einen den Gegebenheiten und (langfristigen) Entwicklungswünschen vor Ort angepasst und zum anderen Lücken zwischen Gebieten geschlossen werden. Nötig wurde die Neufestsetzung der großen Schutzgebiete im Landkreis bekanntlich, weil die alten Verordnungen aus dem Jahr 1956 vor Gericht kippten. Der Landkreis hatte die Schutzgebiete vorläufig gesichert, und über diese Verordnung durften sich nun auch die Schlierseer Landwirte beugen.

Landwirte ändern Vorschläge munter ab

Wenig überraschend nutzen sie dies, um unliebsame Einschränkungen zu streichen und für sie Erlaubtes auszudehnen oder zumindest zu konkretisieren. Zum Beispiel schlagen die Bauern vor, das freie Laufenlassen von Hunden auf Almen während der Weidezeit zu verbieten – ebenso das Betreten von Alm- und Bergweiden während der Vegetations- beziehungsweise Weidezeit. Was von den Vorschlägen Eingang in den Verordnungstext findet, entscheidet besagter Arbeitskreis bei der Behandlung der einzelnen Stellungnahmen. Nach dem Willen der Schlierseer sollen bei dieser bei jedem der Schutzgebiete Vertreter der Betroffenen mit am Tisch sitzen. Gerhard Waas (Grüne), Kreisrat und selbst Mitglied der Arbeitsgruppe, erklärte, dass genau dies ohnehin geschehen soll. „Nicht jedes Schutzgebiet hat die gleichen Probleme.“ Und: „Wir wollen alles im Konsens abarbeiten.“

Im Gremium war dennoch einiges an Skepsis erkennbar. Astrid Leitner (CSU) will erst zustimmen, wenn die abschließende Verordnung passt: „Ich unterschreibe doch keinen Vertrag, wenn ich nicht weiß, was drinsteht.“ Ähnlich sahen dies Max Leitner (Die Schlierseer) und Florian Zeindl (CSU), der eine „grundsätzliche Zustimmung zum jetzigen Zeitpunkt für das falsche Signal“ hielt. Pius Kieninger (CSU) und Christoph Stöger (Die Schlierseer) lehnten selbst das abgeschwächte „Zur-Kenntnis-Nehmen“ ab.

Eigentlich unstrittig: Mountainbiker müssen gelenkt werden

Dabei herrscht bei einem Thema mutmaßlich Einigkeit: der Notwendigkeit, das Mountainbiken zu kanalisieren. Die Bauern haben dies schriftlich festgehalten, und auch das Landratsamt hat dies vor, wie es im Herbst gegenüber unserer Zeitung hieß. Auch Waas erinnerte, das die Verordnungen „den wahnsinnigen Vorteil haben, das wir die Touristen lenken können“. Querfeldein-Biken, Feuerwerk in der Natur? „Das können wir sofort beenden.“ Ihm sei die „grundsätzliche Zustimmung“ deshalb „sehr wichtig“.

Die Vorschläge aus Schliersee gehen nun allesamt ans Landratsamt nach Miesbach. „Die komplette Liste, auch mit den Vorschlägen der Gemeinde“, wie Vize-Bürgermeister Philipp Krogoll (Die Schlierseer), der erstmals eine Sitzung leitete, unterstrich. Nach der Überarbeitung von Karten und Text beginnt dann das förmliche Verfahren. Im Zuge dessen bekommen Gemeinden und Betroffene erneut die Möglichkeit, Stellung zu nehmen.

„Dann zieht sich der Ort binnen weniger Jahrzehnte um den ganzen See herum“

Viele Areale und Grundstücke möchte Schliersee bei einer Neuausweisung von Landschaftsschutzgebieten im Sinne der Klarheit als schutzwürdig – zum Beispiel den Kirchbichl – oder eben auch nicht eingestuft haben. Die meisten Vorschläge sind wohl kaum strittig. Mindestens zwei Flächen sind derweil etwas interessanter. Zum einen die Grünfläche hinter dem Getränkemarkt in Neuhaus in Richtung Spitzingstraße.

Hier könnte langfristig eine Entwicklungsfläche für Gewerbe entstehen, hieß es im Sachvortrag. Sie soll gegebenenfalls nicht in einem Schutzgebiet landen, so der Vorschlag. Diskussion löste derweil der Bereich zwischen dem Schlierseer Ortsende und der Wohnanlage an der Seestraße („Gruppenschule“) aus. Florian Zeindl (CSU) regte an, auch diesen Bereich bei einer Schutzgebietsausweisung auszusparen, „nicht weil wir planen, da was zu bauen, sondern als Entwicklungsfläche für die nächsten Jahrzehnte“. Da schrillten bei Gerhard Waas (Grüne) die Alarmglocken. „Wenn wir diesen Bereich am Ufer einer Bebauung preisgeben, zieht sich der Ort binnen weniger Jahrzehnte um den ganzen See herum“, orakelte er. Florian Guggenbichler (Die Schlierseer) erinnerte daran, dass der Geländestreifen im Süden Gegenstand des Sixtus-Bürgerentscheids war. Und da habe sich die Mehrheit dafür entschieden, den Schutzstatus aufrecht zu erhalten. Letztlich entschied der Gemeinderat bei sechs Gegenstimmen, den Schutzstatus beizubehalten. Ausgenommen davon ist das Areal direkt nördlich der Wohnanlage, für das es einen rechtsgültigen Bebauungsplan gibt, und ein Streifen unmittelbar am Schlierseer Ortsausgang. An der Hohenwaldeckstraße kann sich der Gemeinderat grundsätzlich eine einreihige Bebauung vorstellen. Dies ist auch im Flächennutzungsplan so vorgesehen. Die dort festgelegten Bebauungsgrenzen sollen nun auch in der Schutzgebietskulisse Niederschlag finden, beschloss der Gemeinderat gegen sieben Stimmen.

Auch interessant

Kommentare