Tausende Jobs gefährdet: Größter Arbeitgeber vom Bodensee plant Streichungen in Deutschland

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Der Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen taumelt und schließt ein Werk in NRW. Im Konzern am Bodensee kursieren laut eines Berichts aber noch drastischere Szenarien.

Friedrichshafen – Laut Liste der „größten Unternehmen in Baden-Württemberg“ der Industrie- und Handelskammer (IHK) liegt ZF Friedrichshafen nicht nur in den Top-10 des Bundeslandes. Der drittgrößte Automobilzulieferer der Welt ist mit mehr als 10.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Standort Friedrichshafen zudem der größte Arbeitgeber am Bodensee. Doch: Der Konzern steckt wirtschaftlich in einer tiefen Krise, Milliarden-Schulden drücken auf die Bilanz. Darauf reagiert das Traditionsunternehmen (gegründet 1915) nun.

Konzern vom Bodensee: ZF Friedrichshafen schließt Werk in Gelsenkirchen

So will der Konzern die verlustreiche Produktion in Gelsenkirchen (Nordrhein-Westfalen) zum Jahresende 2024 schließen. Das teilte ZF Friedrichshafen am Montag (11. Dezember) mit. Betroffen davon sind rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Damit nicht genug: Wie das Manager Magazin berichtet, kursieren im Unternehmen Gerüchte, mehrere Tausend Jobs seien insgesamt gefährdet.

Die E-Mobilität bedeutet auch für den Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen vom Bodensee eine große Herausforderung.
Die E-Mobilität bedeutet auch für den Automobilzulieferer ZF Friedrichshafen vom Bodensee eine große Herausforderung. © IMAGO/Arnulf Hettrich

Die Geschäftsführung kündigte an, Gespräche mit Arbeitnehmervertretern in Gelsenkirchen führen zu wollen. Man wolle „gute Lösungen für die betroffenen Mitarbeiter“ finden, hieß es von ZF. Laut des Berichts hatte schon 2018 eine Schließung des Werks gedroht, die Hoffnungen ruhten demnach auf möglichen Aufträgen für Elektrolenkungen von Lastwagen.

ZF Friedrichshafen: Automobilzulieferer vom Bodensee kämpft mit hohen Schulden

Doch diese Hoffnungen erfüllten sich nicht, stattdessen habe das Unternehmen in dieser Produktionsparte Millionenverluste hinnehmen müssen. Jetzt zieht die Konzernzentrale offenbar die Reißleine. Zwar hat ZF Friedrichshafen mit 53.000 Mitarbeitern in Deutschland und 148.700 Beschäftigten weltweit in 2022 einen Jahresumsatz von 43,8 Milliarden Euro erzielt. Und das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) lag bei knapp über zwei Milliarden Euro (2021: 1,9 Milliarden Euro). Doch: ZF kämpft mit Schulden in Milliardenhöhe. Der Konzern soll in den vergangenen Jahren einzig in Übernahmen von Unternehmen wie den US-Konzernen TRW und Wabco, die den Einstieg in die Elektromobilität voranbringen sollen, 15 Milliarden Euro investiert haben.

Laut Nachrichtenagentur Reuters hatte Finanzvorstand Konstantin Sauer im Frühjahr 2021 von damals 13,3 Milliarden Euro an Verbindlichkeiten berichtet. Die Stadt Friedrichshafen (rund 63.000 Einwohner) soll in dieser Gemengelage schon länger auf einen zügigen Schuldenabbau drängen, sie ist über die Zeppelin-Stiftung Mehrheitseigentümer von ZF.

ZF Friedrichshafen
gegründet: 20. August 1915
Mitarbeiter in Friedrichshafen: mehr als 10.000
Beschäftigte in Baden-Württemberg: rund 11.400
Mitarbeiter in Deutschland: etwa 53.000
Beschäftigte weltweit: rund 148.700

Quellen: u.a. Die größten Unternehmen in Baden-Württemberg im Überblick, Industrie- und Handelskammer Bodensee-Oberschwaben, Stand 13. Dezember 2023

Was tun? Automobilexperte Ferdinand Dudenhöffer hatte ZF jüngst im Gespräch mit dem SWR aufgefordert, an die Börse zu gehen. Die Stadt soll das aber bislang ablehnen, was die Situation weiter verschärfe, meinte Dudenhöffer. Ein Börsengang würde mehr Eigenkapital bringen, erklärte er zu seinem Rat. „Man sollte schnell Pläne schmieden. Die Börsenkurse sind wieder gut. Es hilft allen. Es hilft der Stadt Friedrichshafen und noch mehr den Beschäftigten von ZF“, sagte er dem SWR.

ZF Friedrichshafen: Tausende Jobs sollen in Deutschland in Gefahr sein

„Ich bin empört über die Ankündigung, den Standort zu schließen. Die Beschäftigten und deren Familien gehen verunsichert in die Weihnachtsferien“, sagte der ZF-Gesamtbetriebsratsvorsitzende Achim Dietrich der Schwäbischen Zeitung (SZ) zu den Schließungsplänen „auf Schalke“. Das Manager Magazin hatte unlängst berichtet, dass bis 2032 in Deutschland sogar 9000 Jobs wegfallen könnten, während aktuell zum Beispiel auch der Textil-Riese Groz-Beckert von der Schwäbischen Alb Einsparungen angekündigt hat. Allein am ZF-Standort in Saarbrücken könnten 6000 von 9500 Jobs wegfallen, heißt es in dem Bericht. Jetzt wird aber zuallererst um die Zukunft der Mitarbeiter am Standort Gelsenkirchen gerungen. (pm)

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