Wende nach der Frankreich-Wahl: Im Nachbarland steht eine neue Reform der Rente bevor

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Frankreichs Rechte stehen vor dem Erfolg bei der Frankreich-Wahl. Sie könnten von der Wut über Macrons Rentenreform profitieren, doch was wollen sie an der Rente ändern?

Paris – Für Frankreichs Präsident Emmanuel Macron war die Europawahl eine Zäsur: Sein eigenes liberales Bündnis Renaissance hat verloren, dafür Marine Le Pens Rassemblement National gewonnen. Innerhalb kürzester Zeit erlebt die „Grande Nation“ damit ihre nächste Schicksalswahl. Erstmals könnten die Rechtsaußen stärkste Kraft werden – und den Präsidenten de facto entmachten. Macron hätte dann keine Mehrheit mehr.

Denn bei der Frankreich-Wahl am 30. Juni und 7. Juli 2024 steht die Nationalversammlung, also das Parlament, zur Wahl. Die 577 Abgeordneten entscheiden unter anderem über Steuern, Haushalt, das Arbeitsrecht und die Finanzierung der Sozialversicherung. Bei einem Sieg des Rassemblement National könnten diese dabei Reformen anstoßen – und vor allem alte rückgängig machen. Im Fokus ist dabei Macrons Rentenreform.

Le Pen will Macrons Rentenreform nach der Frankreich-Wahl rückgängig machen

Ein Rückblick: Im April 2023 hat Macron seine umstrittene Rentenreform durchgedrückt – und zwar per Dekret, ohne Zustimmung der Nationalversammlung. Es war die Eskalation eines langen Konflikts, der mit Massenprotesten einherging. Die Reform sah unter anderem die Erhöhung des Einstiegsalters in die Rente von 62 auf 64 Jahre vor. Zudem entfiel ein Großteil der Sonderrentensysteme.

Marine Le Pen sitzt in einem Fernsehstudio.
Marine Le Pens Rassemblement National will nach der Frankreich-Wahl Macrons Rentenreform rückgängig machen. © Julien de Rosa/dpa

Der rechtsradikale Rassemblement National will den Unmut wegen der Rentenreform bei der Frankreich-Wahl nutzen. In ihrem Programm wirbt die Partei von Marine Le Pen, die Änderungen rückgängig machen. Damit würde das Rentenalter wieder bei 62 Jahren liegen.

Außerdem wollen die Rechtsaußen ein „progressives Rentensystem“ einführen. Es soll jungen Menschen Anreize für einen frühzeitigen Eintritt ins Erwerbsleben bieten. Gleichzeitig behauptet der Rassemblement National im relativ vage gehaltenen Programm zur Rente, „harte gering qualifizierter Arbeit“ berücksichtigen zu wollen. Unabhängig von der Rente planen Frankreichs Rechtsaußen einen Austritt aus dem europäischen Energiemarkt.

Linksbündnis will Rentenalter nach der französischen Parlamentswahl noch weiter senken

Auch das Linksbündnis „Nouveau Front populaire“ (Neue Volksfront) will die Rente nach der französischen Parlamentswahl reformieren. Das Bündnis aus Sozialdemokraten, Grünen, Linken und Kommunisten, das bereits 2022 als Nupes kandidiert hatte, geht jedoch noch einen Schritt weiter als Le Pen. Das linke Lager fordert ein Renteneintrittsalter von 60 Jahren.

Die Linken wollen zudem die Rente um 0,25 Prozentpunkte pro Jahr über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg erhöhen. Zur Finanzierung sieht das Programm der Allianz von Jean-Luc Mélenchons La France insoumise eine Zusatzabgabe auf hohe Einkommen vor. Zudem sollen Dividenden, Gewinnbeteiligungen und Sparguthaben beitragspflichtig werden.

Renten-Pläne von Le Pen könnte Frankreich Staatshaushalt aufblähen

Die Umsetzung der Rentenpläne der Rechtsaußen und Linken könnte Konsequenzen für die die EU und die Wirtschaftsbeziehungen zu Deutschland haben. „Das Programm des Rassemblement National ist gefährlich für die französische Wirtschaft, für Wachstum und Beschäftigung“, erklärte Patrick Martin, Präsident des französischen Arbeitgeberverbandes Medef. „Das der ‚Neuen Volksfront‘ ebenso, wenn nicht noch gefährlicher.“

„Das sind alles Pläne, die den Staatshaushalt aufblähen und viel Geld kosten werden“, sagte etwa Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank, der Bild. „Eine weitere Verschuldung würde die Zinsen für französische Staatsanleihen in die Höhe treiben und den ohnehin strapazierten französischen Staatshaushalt weiter belasten.“ Auch Banken befürchten eine Krise nach der Frankreich-Wahl.

Wie realistisch die Umsetzung der Pläne ist, muss sich zeigen. Zwar liegt der Rassemblement National in Umfragen vor der Frankreich-Wahl vorne, doch könnte das zweistufige Mehrheitswahlrecht einen Erdrutschsieg verhindern, wenn sich das linke Lager und Macrons Basis gegen Le Pen verbünden.

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