Umfragen vor US-Wahl: Harris weiter vor Trump – doch die Unsicherheit wächst
Trotz Führung in den Umfragen zur US-Wahl bleibt Harris‘ Sieg gegen Trump unsicher. Denn was die Verlässlichkeit angeht, sind sich Experten uneins.
Washington, D.C. – Seitdem Kamala Harris das Ruder für die Demokraten in der US-Wahl übernommen hat, ist das Präsidentschaftsrennen wieder deutlich enger. Aktuell führt die frühere Staatsanwältin in den Umfragen vor Donald Trump – wenn auch nur knapp. Wie zuversichtlich diese Erhebungen sind, ist laut vieler Expertinnen und Experten jedoch unsicher. Während die einen Meinungsforschenden vor voreiligen Schlüssen warnen, halten andere die Umfragen für verlässlicher als noch Jahre zuvor.
Trump gegen Harris: Umfragen zur US-Wahl benötigen „gute mathematische Modelle“
In den Umfragen zur US-Wahl liegt Harris durchschnittlich vier Punkte vor Trump. Doch besonders der Kampf um die entscheidenden Swing States wird immer härter. Seit Trumps Präsidentschaft habe die Branche die Art und Weise verändert, wie man die Umfragen durchführt. „Es gibt eine Reihe von verschiedenen Methoden, die derzeit in der Praxis eingesetzt werden, aber in den letzten vier Jahren hat sich eine relativ weit verbreitete Veränderung ergeben“, sagte Chris Jackson, Senior-Vizepräsident für öffentliche Angelegenheiten beim Institut Ipsos, gegenüber The Hill.

Dies führte dazu, dass andere Faktoren wie die Registrierung bei einer Partei und die bisherige Wahlbeteiligung als zusätzliche politische Kriterien für die Gewichtung der Ergebnisse herangezogen wurden. Im Gespräch mit IPPEN.MEDIA betonte auch der Politologe Christian Lammert, dass man für verlässliche Umfragen stets „gute mathematische Modelle“ brauche, „die immer wieder angepasst werden müssen“.
Die Befürchtung, Harris‘ Umfragewerte könnten sich als Trugschluss herausstellen – ähnlich wie vor acht Jahren bei Hillary Clinton – teilt Lammert nicht. Clinton, ehemalige Außenministerin und Senatorin für New York, galt 2016 als Favoritin. Trotz ihres deutlichen Vorsprungs in den Umfragen verlor die Demokratin die US-Wahl knapp gegen Donald Trump. Der damalige republikanische Kandidat sicherte sich seinen Sieg durch Erfolge in entscheidenden Swing States wie Michigan, Wisconsin und Pennsylvania, die zum ersten Mal seit den 1980er Jahren an die Republikaner gingen. Damals seien die Umfragen auch „falsch interpretiert“ worden.
US-Wahl 2024: Viele junge Frauen stehen hinter Harris – Erstwähler oft für Trump
Doch eine US-Wahl, bei der Donald Trump antritt, bleibt ein spezieller Fall. Man habe „eine Reihe von Techniken“ ausprobiert, um Ungenauigkeiten bei der Messung von Trumps Unterstützung in den Schlüsselstaaten auszumerzen, doch die Berechnung bleibe schwierig, sagte Celinde Lake zu The Hill. „Die Ermittlung der Wahlbeteiligung ist das Schwierigste, was es gibt. Und in diesem Zyklus könnte es eine überraschende Trump-Wahl geben und eine überraschende Harris-Wahl“, sagte die demokratische Meinungsforscherin.
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Lake zufolge hat man herausgefunden, dass viele junge Frauen, die sich zum Wählen registriert haben, meist hinter den Demokraten und Harris stehen. Ein wichtiger Grund sei der Zugang zu einer offenen Gesundheitsversorgung. Zuletzt hatte Pop-Star Taylor Swift zum Wählen aufgerufen und damit einen Ansturm auf die Registrierungswebsite ausgelöst. Die Sängerin gilt mit ihrer riesigen Fangemeinde als eine der einflussreichsten Frauen der Welt – ihr Aufruf könnte damit auch auf die US-Wahl abfärben.
Umfragen zur US-Wahl: Experte erklärt unzuverlässige Messung von Trump-Unterstützung
Interessant: Erstwähler, die bereits zum Wählen registriert sind, bevorzugen laut der Meinungsforscherin Donald Trump. Zu erwähnen ist an dieser Stelle auch, dass viele konservative Wähler ihre Trump-Unterstützung nicht unbedingt publik machen. Anders als bei Anhängerinnen und Anhängern von Kamala Harris, ist das Misstrauen gegenüber Medien und Forschungsinstituten bei den Republikanern oft groß.
Experte Jackson wies daher die Behauptung zurück, der zufolge klassische Trump-Wähler „schüchtern“ seien. Vielmehr seien sie einfach schwieriger zu erreichen. „Es ist nicht so, dass sie ans Telefon gehen und lügen, es ist nur so, dass sie nicht ans Telefon gehen“, sagte er. Da immer weniger Menschen Festnetztelefone benutzen, würde aber auch dieses Problem nach und nach gelöst.
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Donald Trump und Kamala Harris bleiben im Kampf um das Weiße Haus noch fünf Wochen, um die Wählerinnen und Wähler von sich zu überzeugen. Unterstützt werden sie dabei auch von ihren „Running Mates“; Gelegenheit dazu haben sie bereits in der Nacht zum 2. Oktober. Dann werden der demokratische Vize-Kandidat Tim Walz und dessen republikanischer Kontrahent J.D. Vance in einem TV-Duell aufeinander treffen. (nak)