Ohne sie bricht alles zusammen

Guten Morgen, liebe Leserin, lieber Leser,

die Welt ist wüst da draußen; überall Krisen, wohin man auch schaut. Kein Wunder, dass es vielen vor morgen graut. Wo ist ein Anker, wem kann ich trau'n? Wem mit Zuversicht in die Augen schau'n? Die Sehnsucht nach Halt und Barmherzigkeit – die lassen sich stillen, braucht nur etwas Zeit!

Keine Sorge, ich bin nicht unter die Dichter gegangen. Aber beim heutigen Tagesanbruch-Thema sind meine Finger wieder mal schneller als der Kopf gewesen. Denn heute geht es nicht um die Krisen von Israel über die Ukraine bis zur Ampel. Nein, heute geht es um einen Weg, um Krisen zu lösen – die vor unserer Haustür. Und das Schöne ist: Jeder kann dabei helfen.

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Wobei Krise da zugegebenermaßen ein großes Wort ist. Manchmal geht es einfach nur um Bedürftigkeit. Oder um Einsamkeit. Oder um Trauer. Oder um Krankheitsschmerzen. Aber auch das können Krisen sein, persönliche eben. Die Seniorin im Altenheim, deren Kinder keine Zeit für einen Besuch finden. Der Patient im Krankenhaus, der sich vor der Operation fürchtet. Die alleinerziehende Mutter, die nicht weiß, wo sie ihr krankes Kind lassen soll, wenn sie zur Arbeit eilt. Es gibt so viele alltägliche Situationen, in denen Menschen in Bredouille geraten und auf Hilfe angewiesen sind. Nicht alles kann der Staat auffangen, erst recht nicht, wenn die Verfassungsrichter ihm verbieten, noch mehr Schulden aufzutürmen. Für eine solidarische Gesellschaft braucht es deshalb Bürger, die helfen. Viele Bürger. Ganz viele.

Und die gibt es: Mehr als 16 Millionen Menschen in Deutschland engagieren sich freiwillig für das Gemeinwohl – in ihrer Freizeit, ohne Bezahlung. Ohne diese Ehrenamtlichen wären viele öffentliche Institutionen längst zusammengeklappt: Kindergärten und Feuerwehren, Sportvereine und Lebensmitteltafeln, Flüchtlingsheime und Nachbarschaftshilfen. Diese Menschen Helden zu nennen, ist deshalb nur eine kleine Übertreibung. Heute dürfen sie so heißen, denn der 5. Dezember ist der Tag des Ehrenamts. "Man kann das Ehrenamt nicht hoch genug schätzen", sagt Innenministerin Nancy Faeser. "Es stärkt den Zusammenhalt unserer Gesellschaft und unsere Demokratie", meint Familienministerin Lisa Paus. Die beiden haben daher die Kampagne "Ehre, wem Ehre gebührt" gestartet: In kurzen Videos berichten Helden von ihren Erfahrungen.

Ich habe diesen Tag zum Anlass genommen, Rosemarie Hensel anzurufen. Die 82-jährige Hamburgerin engagiert sich seit acht Jahren ehrenamtlich in einem Krankenhaus der Hansestadt: Einmal in der Woche besucht sie die Patienten auf einer Station für Herzkranke, zudem koordiniert sie 16 weitere Helferinnen. Sie hat mir Folgendes erzählt:

"Jede Woche bin ich etwa zwei Stunden auf der Station. Ich gehe von Zimmer zu Zimmer und unterhalte mich mit den Patienten. Mal geht es um ihre Erkrankung, mal um familiäre Probleme, mal um Gott und die Welt, mal um ganz Banales. Aber eigentlich immer freuen die Leute sich über den Besuch. Vor allem die, die einsam sind. Dann hilft es, darüber zu reden. Mal war ich bei einer Hundertjährigen, die mir sagte, dass sie wegen ihrer Gebrechen eigentlich nicht mehr leben wolle. Aber im Kopf war sie noch fit! Das habe ich ihr gesagt und ihr ein Kompliment gemacht. Sie hat mit einem Witzchen geantwortet – und wir haben beide so laut gelacht, dass es bis auf den Gang zu hören war.

Das Entscheidende ist: Mich interessiert wirklich, wie es den Leuten geht und was sie zu erzählen haben. Das merken sie, und es tut ihnen gut. Es gibt ihnen menschliche Wärme, und ohne die geht ja nichts. Auch ich selbst profitiere von diesen Gesprächen: Fast immer empfinde ich hinterher Freude und Zufriedenheit. Deshalb verstehe ich nicht, warum sich nicht noch mehr Menschen ehrenamtlich engagieren. Man bekommt so viel zurück, wenn man anderen Menschen etwas Gutes tut! Ich kann es jedem nur empfehlen."

Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber mich haben die Worte von Frau Hensel berührt. Deshalb gebe ich ihr heute, stellvertretend für die Millionen Ehrenamtlichen, diese Bühne. Und empfehle allen anderen einen Blick auf die Website des Bundesinnenministeriums: Dort erfahren Sie, wie Sie sich ebenfalls engagieren können.


Kampf ums Überleben

In der Ostukraine toben brutale Schlachten. Kremlchef Putin schickt ein Bataillon nach dem anderen in den Krieg und verheizt schlecht ausgebildete Rekruten als Kanonenfutter. Mit dieser zynischen Taktik kommen seine Kommandeure Meter für Meter auf dem blutgetränkten Boden voran. In den Verbänden der Ukrainer dienen überwiegend Männer im Alter zwischen Mitte dreißig und Mitte fünfzig. Viele von ihnen stehen seit bald zwei Jahren an der Front, sind ausgelaugt und frustriert. Deshalb regt sich in Kiew Protest von Soldatenfamilien: Sie wehren sich gegen den Zweckoptimismus von Präsident Selenskyj und fordern, ihre Ehemänner, Brüder und Söhne gegen Jüngere auszuwechseln. Gleichzeitig stockt die Militärhilfe des Westens: Die amerikanische Munition kommt nur bis Ende des Jahres, weitere Waffenlieferungen werden von den wahlkämpfenden Republikanern blockiert. Und auch Deutschland muss nun sparen. Falls das alles so weitergeht, kann Putin womöglich doch noch zum Sturm auf Kiew blasen.


Ringen um die Welt

Die Weltklimakonferenz in Dubai geht weiter – doch es wird immer offensichtlicher: Trotz vieler Regierungschefs, trotz Versprechungen und Schwüren wird der schnelle Ausstieg aus fossilen Brennstoffen nicht gelingen. China und Russland spielen ihr eigenes Spiel, die Inder sowieso, die Golfaraber wollen weiter am Verkauf von Öl und Gas verdienen, und die Europäer sind selbst mit amerikanischer Unterstützung zu schwach, um das Ruder herumzureißen. Welche verheerenden Folgen das Zögern und Taktieren hat, lesen Sie im neuen Bericht zum globalen Kohlenstoffbudget. Zudem empfehle ich Ihnen das Interview, das mein Kollege Lucas Maier mit der Energieexpertin Marie-Luise Wolff geführt hat: Sie spricht erfrischenden Klartext.