Generalinspekteur der Bundeswehr zu Ukraine-Krieg - Breuer warnt vor Angriff Russlands auf Nato-Gebiet: „Müssen vorbereitet sein“

Breuer warnt: „Russische Armee wird Richtung Westen ausgerichtet“

10.53 Uhr: Der Generalinspekteur der Bundeswehr, Carsten Breuer, sieht in der militärischen Aufrüstung Russlands eine wachsende Gefahr. „Wir beobachten, dass die russische Armee Richtung Westen ausgerichtet wird“, sagte Breuer der „Sächsischen Zeitung“.

In fünf bis acht Jahren seien Moskaus Streitkräfte materiell und personell so ausgerüstet, dass ein Angriff auf Nato-Gebiet möglich wäre. Er nannte eigene Analysen, Hinweise von Geheimdiensten und verbündeten Streitkräften sowie Äußerungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin als Grundlage für die Einschätzungen.

Bis zu 1.500 russische Panzer pro Jahr

„Die russische Armee stockt Jahr für Jahr um 1.000 bis 1.500 zusätzliche Panzer auf. Die fünf größten europäischen Nato-Mitgliedsstaaten haben gerade mal die Hälfte davon im Bestand“, sagte Breuer. Die Bundeswehr verfüge über etwa 300 Kampfpanzer. Breuer sagte: „Kommt zu dieser Fähigkeit die Intention hinzu, die man aus Putins Reden durchaus herauslesen kann, sollte uns das alarmieren. Meine Aufgabe ist es, auch ein solches Worst-Case-Szenario zu denken. Für die Bundeswehr heißt das: Wir müssen in fünf Jahren auf diese Möglichkeit vorbereitet sein. Nur so schrecken wir ab.“ Die neue Bedrohungssituation sei aber noch nicht überall angekommen.

Breuer: Trump wird Wert der Nato erkennen

Deutschlands ranghöchster Soldat machte in dem Gespräch klar, dass er keine Anzeichen für eine militärische Abwendung der USA von Europa sieht und er davon ausgeht, dass Donald Trump bei einer Wiederwahl zum US-Präsidenten den Wert der Nato kenne. „Trump hat uns Europäern brachial den Spiegel vorgehalten und klargemacht, dass wir den europäischen Pfeiler des Bündnisses stärken und eine von den USA unabhängigere Rolle einnehmen müssen. Das haben spätestens mit dem russischen Angriffskrieg alle verstanden“, sagte Breuer. Verglichen mit 2020 werde deutlich, dass jetzt nicht mehr nur zwei oder drei Nato-Staaten das vereinbarte Zwei-Prozent-Ziel einhalten, sondern über 20. „Das müsste auch für Trump ein guter „Deal“ sein. Ich bin optimistischer als andere, dass mit etwas Abstand vom Wahlkampf auch für ihn der große Mehrwert der Allianz deutlicher wird.“

In der Ukraine erwartet der Generalinspekteur vorerst keine wesentlichen Veränderungen der Frontverläufe, das Land bleibe aber auf Unterstützung angewiesen. „Wir werden auf dem ukrainischen Gefechtsfeld absehbar keine weiträumigen Bewegungen erleben. Der Verlauf und die Befestigung der Front machen dies weitgehend unmöglich“, sagte Breuer. Und: „Kleine langsame Operationen sind denkbar, großangelegte Offensiven nur schwer. Ein Zusammenziehen von Truppen würde sofort erkannt und zu Gegenmaßnahmen führen.“

Selenskyj kündigt weitere Sicherheitsabkommen an

19.35 Uhr: In ihrem Bemühen nach internationaler Unterstützung und Stärkung ihrer Sicherheit bereitet die Ukraine weitere Sicherheitsabkommen mit ihren Unterstützern vor. Ohne konkrete Namen von Staaten zu nennen, sprach Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner allabendlichen Videobotschaft von vier neuen Abkommen.

„Wir werden in naher Zukunft mit den Verhandlungen beginnen und müssen die Dokumente relativ schnell zur Unterzeichnung vorbereiten„, sagte er. Dabei gehe es um Verteidigungsunterstützung, Finanzen und humanitäre Zusammenarbeit. Dann hätte man fast 30 solcher Abkommen mit Partnern geschlossen.

Die ukrainische Regierung habe es sich zur Aufgabe gemacht, verschiedene Länder - nicht nur Nato-Länder - einzubeziehen. “Aber sie alle sind gleichermaßen bereit, uns bei der Verteidigung unserer gemeinsamen Werte zu helfen.“ 

Zu den bisher bedeutendsten Sicherheitsvereinbarungen der Ukraine zählen die Abkommen mit der EU, Deutschland, Frankreich, den USA und Polen. Das allererste Abkommen unterzeichnete die Ukraine mit Großbritannien zu Jahresbeginn.

Laut FSB: Sprengstoff in deutschen Paketen in St. Petersburg gefunden

15.50 Uhr: Der russische Inlandsgeheimdienst FSB will nach eigener Darstellung in St. Petersburg in Paketen aus Deutschland und Italien Sprengstoff und Zünder für mögliche Terroranschläge entdeckt haben. Der FSB veröffentlichte auch ein Video, das zeigen soll, wie Sprengstoffexperten in Stoßdämpfern eines deutschen Herstellers versteckte Bauteile herausziehen und ausbreiten. Überprüfbar waren die Aufnahmen und die Angaben des FSB nicht.

Laut FSB soll es einen Lieferkanal für Autoersatzteile über ein Transportunternehmen gegeben haben, das die Pakete nach Russland gebracht hatte. Es habe mehrere Festnahmen gegeben, teilte der FSB mit, ohne Details zu nennen. 

Die ermittelten und festgenommenen Tatverdächtigen seien aus der Ukraine angeleitet und geführt worden, hieß es weiter. Der Geheimdienst machte in der Mitteilung namentlich den Vizechef des Präsidentenbüros in Kiew, Roman Maschowez, für die Organisation von Terroranschlägen in Russland verantwortlich. Russland hat Maschowez zur Fahndung ausgeschrieben.

Nach eigener Darstellung informierte der FSB auch die europäischen Geheimdienste und habe um Amtshilfe gebeten, um die Drahtzieher von Terror- und Sabotageakten in Russland zu ermitteln. Die Anfragen seien bis heute nicht beantwortet worden, hieß es.

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