„Bereitschaft zur Vorsorge wächst“: Experte über Hagel

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Vor zahlreichen Interessierten referierte Dr. Thomas Krismer von der „Munich Re“ über extreme Wetterereignisse und wie man sich davor schützen kann. © Hias Kriner

Ein Infoabend in Benediktbeuern beleuchtet Hagelgefahren. Dr. Thomas Krismer erklärt, warum Vorsorge wichtiger wird. Auch die Politik ist gefordert.

Benediktbeuern - Das schwere Hagelunwetter im August 2023 sitzt vielen Betroffenen immer noch in den Knochen. Wird es solche extremen Wetterereignisse in Zukunft öfters geben und wie kann man sich dagegen wappnen? Mit diesen Fragen beschäftigte sich jetzt der CSU-Ortsverband Benediktbeuern-Bichl und lud zu einem Infoabend mit Dr. Thomas ㈠Krismer von der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft in den Gasthof zur Post ein.

Klimaerwärmung seit 1950 merkbar

Als Traditionsunternehmen habe die Münchener Rück oder „Munich Re“, so ihr Markenname, eine mehr als 50 Jahre überspannende Naturgefahren- und Klimawandel-Expertise, erklärte Krismer. Generell seien Hagelereignisse ein „kleinräumiges Phänomen“. Von Vorteil sei, dass Hagelschäden in vielen Gebäude- und Kfz-Versicherungen mit enthalten seien. Anders verhalte es sich etwa bei Überschwemmungen, die oft ein noch größeres Schadensausmaß hervorrufen würden. Weil Überschwemmungsschäden aber separat versichert werden müssen, seien viele Gebäude diesbezüglich ohne finanzielle Absicherung.

Mehr extrem heiße Tage, weniger Schnee

Als Ursache der Wetterturbulenzen schaue man besorgt auf die Klimaerwärmung, die besonders seit 1950 merkbar sei. „Von da an ist der Energieverbrauch der Menschen und damit der CO₂-Ausstoß deutlich gestiegen“, führte Krismer aus und unterlegte seinen Vortrag mit grafischen und statistischen Darstellungen. Relevant seien vor allem die letzten 15 Jahre. Man verzeichnete mehr extrem heiße Tage, weniger Schnee und weniger Frosttage. Dass Europa sich stärker erwärme, liege auch daran, dass der Kontinent nur Festland umfasse.

Zwei Grad Erwärmung bis 2050

Angesichts der aktuellen internationalen Klimapolitik sei bis zum Jahr 2050 statt des angestrebten klimaneutralen Wertes von 1,5 Grad eine globale Erwärmung von 2 Grad zu erwarten. Berechnungen aus indirekten Messungen und Wettermodellen führten zu der Prognose, dass auch in Deutschland die Bedingungen für die Bildung größerer Hagelkörner ebenso wie für Extremniederschläge künftig häufiger gegeben seien.

Speziell zertifizierten Bauteile verwenden

Wie können sich die Bürger schützen? „Wer schon einen solchen Schadensfall erlebt hat, bei dem ist nicht nur versicherungsmäßig die Bereitschaft zur Vorsorge größer“, so die Erfahrung des Referenten. Für Immobilienbesitzer gebe es manche Möglichkeiten: die Verwendung von speziell zertifizierten Bauteilen wie Fenster, Türen und Schutz-Installationen etwa sowie ein Augenmerk auf die Wasserabflüsse zu haben.

Gemeinde bringt Faltblatt heraus

Ähnliches ist auch auf einem Flyer nachzulesen, den die Gemeinde Benediktbeuern aufgelegt hat und der an diesem Abend von Bürgermeister Anton Ortlieb vorgestellt wurde. Zu den auf dem Faltblatt beschriebenen Maßnahmen zählen etwa, Gebäude und Tiefgaragen vor Rückstau aus dem Kanal zu sichern, Schutztore und -wände einzubauen, ebenerdige Gebäudeöffnungen zu vermeiden beziehungsweise ebenerdige Zugänge, Lichtschächte oder Kellertreppen mit Aufkantungen oder Erhöhungen zu versehen.

Erkenntnisse durch Sturzflut-Analyse

Doch auch Staat und Kommunen hätten verschiedene Aufgaben zu erfüllen, wie Krismer anführte. Einen besonderen Schritt dazu hat die Gemeinde Bichl getan, die eine Sturzflut-Analyse erstellen ließ. Man könne daraus ersehen, welche Richtung bei Extremniederschlägen das aufschlagende Wasser nehme und welche Flächen entsprechend gefährdet seien, wie Bürgermeister Benedikt Pössenbacher erklärte. Bei der Ausweisung von Bauland oder der Genehmigung von Bauanträgen sei dies künftig zu berücksichtigen. Vorausschauend müsse man Wasser geordnet Platz geben, „dann richtet es weniger Schaden an“, so eine Anmerkung aus dem Raum.

„Der Ausbau regenerativer Energien ist enorm wichtig“

Die problematische Flächenversiegelung und der Einsatz von Hagelfliegern kamen bei den Wortmeldungen ebenso zur Sprache wie zum Schluss ein Appell an die Politik und jeden Einzelnen, den CO₂-Ausstoß zu reduzieren: „Der Ausbau regenerativer Energien ist enorm wichtig.“

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