Beamte in der Rentenversicherung? Was sich damit ändern würde

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Bundesarbeitsminister Heil (SPD) kann sich vorstellen, Beamte in die gesetzliche Rentenversicherung einzugliedern. Was genau würde damit auf den Staat zukommen?

München – Vor Kurzem stellten Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) ihre Pläne für das Rentenpaket II vor. Mit ihm will die Ampel-Regierung das gegenwärtige Rentenniveau von 48 Prozent auch künftig weiter erhalten. Finanziell gestützt werden soll das Vorhaben etwa durch Milliarden-Investitionen am Kapitalmarkt.

Denn das Rentensystem befindet sich derzeit strukturell in einer schwierigen Lage: Immer mehr Babyboomer werden bald das Rentenalter erreichen, wohingegen die Zahl der Betragszahler zuletzt immer weiter zurückging. Unter anderem aus diesem Grund empfiehlt etwa der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, das Renteneintrittsalter alle 20 Jahre um ein Jahr anzuheben.

Dementgegen erklärte Bundesarbeitsminister Heil jedoch zuletzt, am aktuellen Renteneintrittsalter von 67 Jahren festhalten und es nicht erhöhen zu wollen. Einige Experten sehen darin die Gefahr, dass Kosten lediglich auf die jüngeren Generationen abgewälzt werden könnten. Nun erklärte Heil, er könne sich eine Erweiterung der gesetzlichen Rentenversicherung nach dem Vorbild der Rente in Österreich auf Angehörige anderer Gruppen vorstellen – darunter auch Beamte. 

Rentenversicherung nach österreichischem Vorbild – Polizeigewerkschaft empört

Wenig begeistert zeigte sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP) vom Vorschlag des Bundesministers für Arbeit und Soziales, Beamte in die Rentenversicherung einzugliedern: „Die Bundesregierung ist sehr gut beraten, die Renten in Deutschland zu stärken und zugleich die Pensionen von uns Vollzugsbeamtinnen und -beamten zu erhalten“, erklärte der GdP-Bundesvorsitzende Jochen Kopelke dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). Was aber würde es konkret bedeuten, wenn künftig auch Beamte in die Rentenkasse einzahlen? 

Beamte sind in grob gesehen drei Berufsgruppen in Deutschland die einzigen, die keine Rentenversicherungsbeiträge zahlen. Normale Beschäftigte treten nämlich monatlich 18,6 Prozent ihres Bruttolohns an die Rentenkasse ab. Finanziert wird der Rentenversicherungsbeitrag teils vom Arbeitgeber und teils vom Arbeitnehmer selbst. Selbstständige wiederum sind nicht pflichtversichert, können aber freiwillig Beiträge leisten und können damit auch im Alter entsprechende Leistungen der Rentenversicherung beanspruchen.

Da Beamte nicht in die Rentenversicherung einzahlen, bekommen sie im Ruhestand auch keine Rente ausgezahlt. Dadurch, dass sie dem Staat in ihrem Berufsleben aber lebenslang verpflichtet sind, erhalten sie statt einer Rente ein sogenanntes Ruhegehalt. Seine Höhe bemisst sich an der Anzahl geleisteter Dienstjahre und kann zwischen 35 und 71,75 Prozent des letzten Grundgehaltes betragen. Um den Höchstsatz zu erhalten, müssten Beamte mindestens 40 Dienstjahre vorweisen.

Inwiefern würde die Rentenkasse von der Eingliederung von Beamten profitieren?

Beamte führen aber nicht nur keine Rentenkassenbeiträge ab, sondern zahlen auch insgesamt keine Sozialversicherungsbeiträge – bislang zumindest. Deshalb genießen sie ein wesentlich höheres Nettogehalt. Bei einem Jahresgehalt von 50.000 Euro machen allein die Rentenbeiträge für einen normalen Arbeitnehmer schon 4.650 Euro aus.

Der Rentenversicherung entgehen dadurch Einnahmen. Allerdings muss sie andererseits auch keine Ausgaben für Beamtete im Ruhestand leisten. Wie hoch aber sind die potenziellen Einnahmen, die dem Staatshaushalt dadurch entgehen, dass Beamte in Deutschland keine Sozialversicherungsbeiträge zahlen? 

Infolge des Rentenpaketes II brachte Heil auch die Idee ein, Beamte in die gesetzliche Rentenkasse miteinzubeziehen. Doch was würde sich damit konkret ändern?
Hubertus Heil (SPD), Bundesminister für Arbeit und Soziales © IMAGO/Jürgen Heinrich

Die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts hierzu stammen bereits aus dem Jahr 2018. Damals bezifferte es die Personalausgaben von Bund, Ländern, Kommunen und Sozialversicherungen auf 292,451 Milliarden Euro. Hiervon bezahlt der Staat allerdings nicht nur Beamte, sondern auch normale Angestellte. Die Beamten-Quote lieg bei rund 34 Prozent.

Neues Rentenpaket: Welche Einnahmen winken der Rentenversicherung durch die Eingliederung von Beamten?

Geht man zwecks einer leichteren Berechnung davon aus, dass Beamte auch rund 34 Prozent der gesamten Personalausgaben bekommen, kämen sie damit auf insgesamt 98,2 Milliarden Euro jährlich. Würden darauf 18,6 Prozent Rentenversicherungsbeitrag fällig, wären es Berechnungen des Focus zufolge 18,3 Milliarden Euro, die der gesetzlichen Rentenversicherung im Jahr zusätzlich zukämen.

Diese 18,3 Milliarden Euro zusätzliche Einnahmen müssten dann unter den über 22 Prozent Menschen im Rentenalter aufgeteilt werden. Aber nicht nur das, denn nach der Idee von Bundesarbeitsminister Heil müssten fortan auch die Renten von Beamtinnen und Beamten aus den Einnahmen der Rentenversicherung bezahlt werden. 

Im Falle eines sofortigen Umstiegs im müsste die Rentenversicherung auch die aktuellen Ruhegehälter von Beamtinnen und Beamten übernehmen. Diese liegen bei durchschnittlich 3200 Euro, doppelt so hoch wie die durchschnittliche Rentenzahlung. Bei aktuell rund 1,4 Millionen Ruhegehaltsempfängerinnen und -empfängern wären das dem Focus zufolge Ausgaben von 53,5 Milliarden Euro pro Jahr – damit lägen sie ein Vielfaches über den möglichen Zusatzeinnahmen.

Rentenversicherungsumstieg: Was verschiedene Szenarien konkret bedeuten würden

Bei einer langsamen Umstellung des Rentensystems dagegen würden neue Beamte zum Ende deutlich geringere Bezüge aus der Rentenversicherung erhalten. Da Beamte im Schnitt besser qualifiziert sind als Arbeitnehmer und höhere Gehälter beziehen, lägen auch ihre Rentenbezüge über dem Durchschnitt. Gehe man von einer durchschnittlichen Rente von 1.600 Euro monatlich aus, lägen die Ausgaben der Rentenversicherung dem Focus zufolge bei rund 30 Milliarden Euro pro Jahr – und auch damit wieder deutlich höher, als sich durch die Einnahmen erzielen ließe. 

Eine weitere finanzielle Belastung für den Staat könnte sich durch die höhere Lebenserwartung von Beamten gegenüber normal Beschäftigten einstellen. Im Schnitt leben sie nämlich rund vier Jahre länger als normal Beschäftigte. Das Statistische Bundesamt schätzte die dadurch entstehenden Mehrkosten auf rund 11 Prozent jährlich – also noch einmal zwischen 3,3 und 5,9 Milliarden Euro pro Jahr. Die Zusatzausgaben der Rentenversicherung lägen also je nach Art der Rentenreform bei geschätzten 33,3 bis 59,4 Milliarden Euro pro Jahr – gegenüber stehen ihr Mehreinnahmen von gerade einmal 18,3 Milliarden Euro. (fh)

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