Schuldenkönig Klingbeil geht gigantische Wette ein, die er kaum gewinnen kann
Friedrich Merz und Lars Klingbeil gehen eine Wette ein. Eine zwischen ihrer Bundesregierung und der deutschen Wirtschaft. Und den Bürgern. Die Wette ist riskant.
Sie geht so:
Wetten, dass die höchsten Schulden „ever“ zum tollsten, besten, längsten, nachhaltigsten Aufschwung Deutschlands führen? Dass dadurch die politische Mitte Vertrauen zurückgewinnt und die Menschen beim nächsten Mal voller Überzeugung diese Kräfte der selbsternannten „Mitte“ wählen. Anstatt die AfD.
Oft genug haben Unionspolitiker, Sozialdemokraten und Grüne gesagt, dass jetzt die „letzte Chance“ komme. Gemeint war: Bevor die Bürger mit ihrer Wahlentscheidung eine Regierung ohne die AfD unmöglich machen. Stand jetzt muss man sagen: Die Chancen, dass Merz und Klingbeil diese Wette gewinnen, stehen nicht gut. Folgt man der Wirtschaftsweisen Veronika Grimm, stehen diese Chancen sogar schlecht. Skeptisch sind auch Unionsleute. Sie haben alle Gründe dazu.
Wirtschaftsweise zur Wette von Merz und Klingbeil
Grimm sagt: „Mir erzählen mittlerweile ungefragt immer mehr Akteure, dass sie entweder ihr Unternehmen ins Ausland verlagern, sich stärker, zum Beispiel im Rahmen von Stiftungen im Ausland engagieren oder schon mal eine Option für einen möglichen Wohnsitz im Ausland vorbereiten.“ Tja.
Der Bundesfinanzminister von der SPD rühmt sich der Rekordinvestitionen. Nervige Schlaglöcher, üble Schultoiletten, keine Glasfaserkabel, keine Wohnungen, zu wenige Jobs – das alle soll vorbei sein. Verspricht Klingbeil. „Wohnen darf kein Luxus sein“, sagt Klingbeil. Das klingt gut, ist aber völlig lebensfremd.
Wohnen wird immer mehr zum Luxus, für Ärmere, für Reichere – für alle. In Berlin haben sich die Mieten verdoppelt, und selbst in Krefeld kosten mittelmäßige Häuser, energetisch unsaniert, auch gerne mal 750.000 Euro. Was kann der Staat dagegen machen? Kurzfristig so gut wie nichts und mittelfristig auch nur wenig.
„Die Sozialausgaben steigen im Bundeshaushalt im laufenden Jahr in absoluten Zahlen stärker als die Verteidigungsausgaben. Und die Investitionen werden insgesamt im regulären Etat sogar zurückgefahren.“ Sagt die strenge Frau Grimm. Es ist keine Meinung. Sondern eine Tatsachenbeschreibung.
Bärbel Bas - die mächtigste und deutsche Sozialdemokratin
Das bedeutet, das Geld fließt in das Gestern und nicht in das Morgen. Wie beim Rentenzuschuss, der inzwischen bei über 120 Milliarden Euro liegt – pro Jahr. Und die gigantischen Verteidigungsausgaben schaffen nur bedingt Wertschöpfung, zumal mehr als die Hälfte davon ins Ausland fließt.
Der Etat der mächtigsten und teuersten Sozialdemokratin Deutschlands, der Sozialministerin Bärbel Bas, steigt auf 220 Milliarden Euro. Die Folge ist simpel: Arbeit wird teurer, weil die Sozialabgaben steigen (müssen). Das läuft gegen den Aufschwung, solange der Sozialstaat nicht reformiert wird.
Der Sozialstaat wird aber nicht reformiert. Würde der Sozialstaat reformiert, müssten Merz und Klingbeil nicht so hohe Schulden machen. Merz könnte dann tun, was er versprochen hat (vor der Wahl): aus den Rekordeinnahmen die notwendigen Investitionen bezahlen. Nachdem Merz J.D. Vance bei dessen berühmte Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar zugehört hat, macht er jetzt stattdessen Schulden. Sorry – aber so ist es, so hat er es selbst erzählt.
Wenn die Lohnzusatzkosten wegen der steigenden Soziallasten steigen, dann steigert das nicht die Leistungsbereitschaft, sondern senkt sie. Dann ist das auch kein Signal an ausländische Investoren, in Deutschland zu investieren, sondern ein Signal dafür, es lieber sein zu lassen.
Union: Jetzt muss aber gespart werden
Eine Milliarde Staatsknete hat nicht ausgereicht, damit Arcelor Mittal in Deutschland grünen Stahl produziert. Damit Thyssen im Ruhrgebiet grünen Stahl produziert, muss das Unternehmen eine Milliarde investieren. Der Staat investiert gleich zwei dafür. Kann das gesund sein?
Alle Unionsredner singen bei der Bundestagsdebatte zur Einbringung des Haushalts 2025 dasselbe Lied: Jetzt müsse aber gespart im Sozialen, um für die Unternehmen die Steuern senken zu können. Mit den Schulden habe man sich nur Zeit gekauft. Zeit für Reformen.
Der Bundeskanzler konnte die Senkung der Stromsteuer für den – als Investor eminent wichtigen – Mittelstand gegen den SPD-Vorsitzenden nicht durchsetzen
Bärbel Bas sieht keinen Spielraum zur Senkung des Bürgergelds, sie gibt dafür 52.000.000.000 Euro aus. Die Frau hat Nerven. Und genau das ist das Problem. Wer aus der Union sollte sie daran hindern, das zu tun, was sie richtig findet? Nämlich sehr viel Geld für sehr wenig volkswirtschaftlichen Nutzen auszugeben.
Hier kommt die Schwimmbadfalle der Union
Der einflussreiche CDU-Haushaltsexperte Mathias Middelberg macht darauf aufmerksam, dass 54 Prozent aller syrischen Migranten und 47 Prozent aller afghanischen Migranten im Bürgergeld feststeckten. Da wurde es sehr ruhig im Plenarsaal. In der Etatdebatte war jedenfalls kein Vorschlag zu hören, wie dieser – nicht wertschöpfende - Geldregen beendet werden könnte.
VW baut seinen neuen ID 1 in Portugal, BMW seine neue Fabrik in Ungarn. Middelberg sagt das in der Debatte. Middelberg sagt auch, dass es in Deutschland Kommunen gebe, die betrieben drei Freibäder. Alle drei seien seit Jahren defizitär. Die Gemeinden hätten deshalb schon überlegt, zwei davon zu schließen. Und nun, da die Bundesregierung so viel Geld „ins Schaufenster“ gestellt habe, überlegten sie, alle drei weiter zu betreiben. Selbstredend defizitär. Genau das ist die Gefahr, wenn der Staat Geld ausgibt: Dass er schlechtem Geld noch einmal gutes Geld hinterherwirft.
Die SPD hätte es auch lernen können von ihrem Karl Schiller, sagt ein AfD-Mann. Karl wer? Werden sich die meisten in der sozialdemokratischen Fraktion gefragt haben. Und von Wolfgang Schäuble.
Zu Middelbergs Schwimmbadfalle: Hat nicht gerade die Bundesregierung den Ministerpräsidenten einen milliardenteuren Geldsegen beschert, von dem sie einen Teil gleich weiterreichen sollen an die Kommunen, auch die mit den Pleite-Bädern? Und seit wann fallen sanierte Schwimmbäder unter „Investition“?
Es gibt noch ein paar Risiken, wenn der Staat auf einmal Wirtschaft „spielen“ will. Nämlich, dass er sich übernimmt. Etwa bei den europäischen Defizitregeln. Christian Haase macht darauf aufmerksam, dass die Niederländer gerade dabei sind, sich ein Defizitverfahren aus Brüssel an den Hals zu holen, weil sie schon gemacht haben, was Merz und Klingbeil und Co. gerade veranstalten: Die Schuldenquote heraufsetzen.
Mehr Schulden sind möglich, Herr Klingbeil? Ansichtssache
„Vorsicht an der Bahnsteigkarte“, sagt Haase. Der Mann ist haushaltspolitischer Sprecher der Union, er weiß, wovon er redet. Und weil doch immer von den „Schuldenfreunden“ gesagt werde, Deutschland könne noch mehr Kredite aufnehmen. Im Vergleich mit Frankreich und Spanien stimmt das, aber im Vergleich der „frugalen Vier“, den Staaten, die wie Dänemark, Österreich und die Niederlande sparsam sind, mache Deutschland jetzt die höchsten Schulden. Das kann dem Euro schaden, das kann Europa politisch schaden, dann ist auch ein demokratisches Stabilitätsrisiko. Von wegen „letzte Chance“.
Klingbeil sagt, sein Finanzministerium werde unter seiner Führung jetzt zum „Investitionsministerium“. Wenn man bedenkt, dass der Staat der denkbar schlechteste Investor ist, weil er beim Geldausgeben kein Eigeninteresse hat, ihm also die Schmerzempfindlichkeit von Privatinvestoren fehlt, kann man es auch als Drohung verstehen.
Jetzt läuft eine gigantische Wette
Aber – stimmt das überhaupt? Die Sozialquote steigt in den nächsten Jahren. Die Investitionsquote sinkt – von 12,5 auf 8,4 Prozent in vier Jahren. Der Zinsdienst explodiert dagegen: Heute zahlt Deutschland für seine Zinsen 30 Milliarden. In nur vier Jahren werden es 61,9 Milliarden sein.
Noch einmal zurück zum Anfang. Zu der Wette, die Merz und Klingbeil eingehen. Tatsächlich wird der politische Spielraum, den eine Regierung überhaupt hat, immer kleiner. Und: 60 Milliarden für Zinsen für Schulden auszugeben, ist unsozial und generationen-ungerecht: Das Geld fließt in ein Fass ohne Boden.
Kommen die Reformen nicht, ist die Zeit weg. Und das Geld auch. Neun deutsche Bundeskanzler haben in 75 Jahren 1700 Milliarden Schulden angehäuft. Der Zehnte braucht wohl nur vier Jahre, um die Hälfte davon noch einmal obendrauf zu setzen.
Kommen jetzt wenigstens goldene Zeiten nach Deutschland zurück?
Die Wette läuft.