„Einfach dumm“: Biden äußert sich erstmals zu Trumps Politik – und kritisiert Umgang mit Putin

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Joe Biden in einem Interview ied Arbeit von Donald Trump bewertet. Der US-Präsident kommt dabei nicht nur wegen seiner Rolle im Ukraine-Krieg schlecht weg.

Wilmington – Joe Biden ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger und Nachfolger als US-Präsident nicht für große Töne bekannt. In seinem ersten ausführlichen Interview nach seinem Abschied aus dem Weißen Haus fand der Demokrat jedoch deutliche Worte für die Politik von Donald Trump. Es sei „einfach dumm“, zu glauben, Kreml-Chef Wladimir Putin würde tatsächlich seine Pläne für die Ukraine einstellen, wenn ihm für einen Waffenstillstand im Ukraine-Krieg einige eroberte Gebiete zuerkannt würden, monierte er im BBC-Gespräch.

Zuletzt hatte die Trump-Administration in Person von Vize-Präsident J.D. Vance oder auch Verteidigungsminister Pete Hegseth angedeutet, Kiew müsse für einen von Washington angeregten Deal sehr wahrscheinlich den Plan aufgeben, die Grenzen aus der Zeit vor der russischen Invasion aufrechterhalten zu können. Biden nannte dieses Vorgehen auf Nachfrage von Reporter Nick Robinson „moderne Beschwichtigungspolitik“. Tatsächlich scheinen die USA gegenüber Moskau zu mehr Zugeständnissen bereit zu sein als gegenüber Kiew.

Biden über den Ukraine-Krieg: Kein Verständnis für Trumps Taktik gegenüber Putin

„Ich kann einfach nicht verstehen, warum Leute glauben können, dass ein Diktator und Schurke damit zufriedengestellt werden kann, wenn er sich große Teile eines Landes aneignen darf, das ihm nicht gehört. Ich verstehe das nicht ganz“, kritisierte Biden mit Blick auf Putin.

Gespräch über die US-Politik: Joe Biden findet viele kritische Worte für die Arbeit von US-Präsident Donald Trump. © Screenshot BBC

Der russische Präsident ist zwar weit davon entfernt, seine ursprünglich mit der Invasion verbundenen Ziele in der Ukraine zu erreichen, scheint aber auch nach mehr als drei Jahren kein bisschen kriegsmüde zu werden. Lieber verheizt er weiter zehntausende Landsmänner an der Front, anstatt sich einzugestehen, dass er seine Macht und sein Militär überschätzt hat. Von den vielen Opfern auf ukrainischer Seite auch unter Zivilisten ganz zu schweigen.

Putin habe immer noch nicht verstanden, „dass die Sowjetunion zusammengebrochen ist“, betonte Biden. Sollte er für seinen Angriff nun quasi offiziell mit Landgewinnen belohnt werden, könnte das einen Domino-Effekt nach sich ziehen. Der 82-Jährige befürchtet, Nato-Staaten mit gemeinsamer Grenze zu Russland könnten sich genötigt sehen, ebenfalls eine Einigung mit Putin zu treffen und womöglich vor ihm einzuknicken, sollte die Ukraine Land aufgeben.

Biden über Eklat zwischen Trump und Selenskyj: „Irgendwie unter der Würde Amerikas“

Ganz allgemein macht er sich Gedanken um das künftige Verhältnis zwischen Washington und den westlichen Partnern in Übersee. Biden ist in Sorge, dass „Europa das Vertrauen in die Sicherheit Amerikas und seine Führung verlieren wird“. Die Staats- und Regierungschefs würden sich fragen: „Was mache ich jetzt? Kann ich mich auf die Vereinigten Staaten verlassen? Werden sie da sein?“

Dabei könnte auch der Eklat im Weißen Haus beim Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj Ende Februar eine Rolle spielen. Zu dem Streit vor laufenden Kameras im Oval Office äußerte sich Biden ebenfalls. „Ich fand die Art und Weise, wie das stattgefunden hat, irgendwie unter der Würde Amerikas“, betonte er.

Ohnehin erkennt er die Vereinigten Staaten in vielerlei Hinsicht unter der Führung von Trump nicht mehr wieder. Da wären die Andeutungen des Republikaners, die Kontrolle über den Panama-Kanal gewinnen, den Golf von Mexiko in Golf von Amerika umbenennen, sich Grönland einverleiben oder Kanada zum 51. US-Bundesstaat erklären zu wollen.

„Was zur Hölle geht da vor sich? Welcher Präsident redet so? Das ist nicht, wie wir sind. Uns geht es um Freiheit, Demokratie und Chancen, nicht um Beschlagnahmung“, kritisierte Biden.

Biden über Übergabe an Harris: „Es fiel mir schwer, zur Seite zu treten“

Ursprünglich wollte er die zweite Amtszeit von Trump selbst verhindern, indem er sich für weitere vier Jahre im Weißen Haus bewarb. Doch mitten im Wahlkampf nahm die Kritik an seinen Auftritten derart zu, dass Biden zugunsten seiner Vize-Präsidentin Kamala Harris auf die erneute Kandidatur verzichtete. Binnen weniger als vier Monaten konnte sie das Ruder aber nicht mehr herumreißen und zog am Wahltag gegenüber Trump deutlich den Kürzeren.

Donald Trump steht neben J.D. Vance und Marco Rubio im Oval Office
Wo kommt plötzlich diese Kritik her? Von Joe Bidens Interview dürfen sich neben Donald Trump auch Vize-Präsident J.D. Vance und Außenminister Marco Rubio (v.l.) angesprochen fühlen. © IMAGO / ZUMA Press Wire

Biden wurde daher auch gefragt, ob er früher hätte Platz machen sollen, damit Harris mehr Zeit gehabt hätte, ihre politischen Pläne in den Vordergrund zu stellen. Seine Antwort: „Ich denke nicht, dass das einen Unterschied gemacht hätte. Wir haben zu einem Zeitpunkt übergeben, als wir eine gute Kandidatin hatten.“

Letztlich würde er es wohl wieder genau so machen. Auch wenn Biden verdeutlichte, dass ihn die Entscheidung nicht Überwindung kostete: „Die Dinge haben sich so schnell entwickelt, dass es mir schwerfiel, zur Seite zu treten. Und es war eine schwere Entscheidung. Ich denke, es war die richtige Entscheidung. Ich denke, dass … es einfach eine schwierige Entscheidung war.“

Nun muss er also Trump beim Regieren zuschauen. Dabei schwingt seine Befürchtung mit, dass der Republikaner „die modernde Weltgeschichte verändern“ wird. (mg)

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