Die Elsbeere von Hochstadt
In einem privaten Garten in Hochstadt stand fast ein bisschen heimlich eine besonders schöne Elsbeere. Ein Förster entdeckte sie durch Zufall, und in diesen Tagen wurde sie gerade noch rechtzeitig abgeerntet. Die Freude bei den Fachleuten ist groß, denn die Beeren können für die Nachzucht genutzt werden.
Hochstadt - Sie ist klein und sieht der roten Vogelbeere ähnlich, mit der sie auch verwandt ist: die Elsbeere. Auf die Mutterbäume setzt die Waldwirtschaft große Hoffnungen. Denn die Elsbeere eignet sich besonders gut bei der Umwandlung der heimischen Wälder in klimastabile Mischwälder. Am wohlsten fühlt sie sich auf warmen, lichten Standorten, dort kann sie gut beigemischt werden. Die Ernte in Hochstadt war nun etwas ganz Besonderes. „Wir ernten zwar immer wieder, aber nur selten außerhalb der Wälder“, erklärte gestern Marc Koch vom Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Fürstenfeldbruck. Knapp 50 Kilogramm kostbares Saatgut kamen zusammen.
Der Mutterbaum steht am Riedberg in Hochstadt. Er entpuppte sich als besonderer Fund, den ein Mitarbeiter des AELF beim Vorbeifahren rein durch Zufall in dem Garten entdeckte. „Die Gartenbesitzer waren zum Glück sehr zugänglich, als wir sie gefragt haben, ob wir ernten dürfen“, freut sich Koch. Sie seien sich gar nicht so sicher gewesen, ob es sich tatsächlich um eine Elsbeere handelt. Der Baum habe einen schönen, langen und geraden Stamm und sei sehr vital. Und er trug heuer reichlich Früchte. „Wir gehen davon aus, dass er bis zu 60 Jahre alt ist und zu den Fünfseen-Elsbeeren gehört“, erklärt Koch. Diese werden so genannt, weil sie hier gewachsen sind und sich im Klima des Fünfseenlandes besonders gut entwickelt haben, was für die Aufzucht weiterer Bäume von Bedeutung ist.
Mit Hebebühne rückten also aus Fürstenfeldbruck vier Fachleute zur Ernte an. Sie pflückten etwa 38 000 Beeren mit der Hand. „Das war gerade zur rechten Zeit“, sagt Koch. Denn auch Vögel machen sich gerne in Schwärmen über die Beeren her, „dann sind die binnen zwei Stunden aufgefressen“. Die Früchte wurden nach Freilassing gebracht. Nach der Trennung von Fruchtfleisch und Samen können kleine Bäume angezogen werden, die in zwei bis drei Jahren in das Fünfseenland zurückkehren. Vorausgesetzt, es ist ein heimisches Exemplar. „Aber die Besitzer haben ihn selbst gepflanzt, die Wahrscheinlichkeit liegt bei 90 Prozent, dass der Baum zu den Fünfseen-Elsbeeren gehört“, so Koch.

Die Elsbeere blüht im Mai, sie kann bis zu 25 Meter hoch werden und liefert gutes Holz. Sie ist überwiegend in Franken verbreitet, südlich der Donau aber bisher eher selten. Natürliche Verjüngung aus Samen gibt es kaum. Daher ist die Ernte Teil der Initiative Zukunftswald, deren Ziel es ist, die besondere Genetik der einheimischen Fünfseen-Elsbeere zu bewahren. Viele der rund 600 älteren Elsbeeren werden von Buchen und Fichten stark bedrängt und verschwinden allmählich. „Dass ein Baum so schön frei steht und so viele Früchte trägt, ist die Ausnahme“, sagt Koch.
2013 hat das AELF Fürstenfeldbruck gemeinsam mit dem AELF Weilheim, dem Amt für Waldgenetik in Teisendorf sowie der Hochschule Weihenstephan Triesdorf ein Elsbeerenprojekt angestoßen. Es erforscht die Elsbeeren im Fünfseenland und entwickelt ein Konzept für ihre Erhaltung. Der Naturschützer Sebastian Werner, die Bayerischen Staatsforsten und die Toerringsche Forstverwaltung unterstützen das Projekt. Die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Freising trägt die Kosten. Die Stadtwerke Fürstenfeldbruck sponsern jährlich den Ankauf von 1000 und mehr Elsbeerenpflanzen. Diese werden von Kunden zum Erhalt der Elsbeere in die heimischen Wälder gepflanzt.