Erben in Deutschland: Braucht man immer einen Erbschein?
Kommt es zu einem Erbfall, stellen sich Betroffene oft die Frage, ob ein Erbschein notwendig ist. Es kommt ganz auf die Konstellation und den Einzelfall an.
Es gibt Aufgaben, bei denen viele Menschen am liebsten die Augen verschließen würden, weil sie sich nicht damit beschäftigen wollen. Das kann beispielsweise die Vorsorgevollmacht sein, die für den Fall Regelungen trifft, wenn man selbst keine Entscheidungen mehr treffen kann. Auch die großen Themenkomplexe Testament und Erbschaft gehören für viele dazu. Drumherum kommt man in aller Regel nicht. Im Folgenden erfahren Sie, ob Sie für jede Erbschaft einen Erbschein beim Nachlassgericht beantragen müssen.
Was ist ein Erbschein?

Bei einem Erbschein handelt es sich um ein amtliches Dokument, welches vom Nachlassgericht ausgestellt wird. Damit wird die Berechtigung der Personen als Erben des Erblassers bestätigt, informiert die Rechtsanwaltskanzlei Stallecker auf der eigenen Webseite. Zusammengefasst sind auf dem Erbschein die Informationen des Erblassers, die jeweiligen Erben und deren Anteile an der Erbschaft. Des Weiteren gibt das Dokument Aufschluss über mögliche Auflagen oder Beschränkungen. Der Erbschein dient als Nachweis gegenüber Dritten.
Wichtig ist, dass der Erbschein nicht automatisch ausgestellt wird, dieser muss beantragt werden. Die Kosten orientieren sich an dem Wert des Nachlasses. Das Portal Erbschaftsinfo.com informiert, dass bei einem Nachlasswert von 250.000 Euro rund 1000 Euro für den Erbschein fällig werden können. In aller Regel setzt sich die Summe aus zwei Gebühren zusammen, einmal für die Beantragung des Erbscheins und einmal für die Abgabe der eidesstattlichen Versicherung, konkretisiert die Kanzlei Rose und Partner.
Stellt eine Erbengemeinschaft gemeinsam den Antrag auf Erteilung des Erbscheins, so müssen sich alle an den Kosten beteiligen, so die Kanzlei Stallecker.
Wer braucht einen Erbschein?
In der Regel braucht man einen Erbschein, um das Erbe zum Beispiel gegenüber Mietern/Vermietern, Banken, Behörden oder Geschäftspartner nachzuweisen, so die Kanzlei Rose. Ebenso kann ein Erbscheinverfahren nötig sein, wenn aufgrund des Testaments die Erbfolge nicht eindeutig ist.
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Wann man einen Erbschein umgehen kann:
- Grundbuchberichtigung: Gehört zu der Erbmasse eine Immobilie, muss das Grundbuch berichtigt werden. Sollte die testamentarische Erbfolge auf einem notariellen Testament oder einem Erbvertrag beruhen, genügt dem Grundbuchamt die Vorlage mit der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts, so die Kanzlei Rose.
- Banken: Sparkassen und Banken dürfen aufgrund der allgemeinen Geschäftsbedingungen keinen Erbschein von Erben fordern. Sie sind verpflichtet, auch ein notarielles Testament zu akzeptieren, informiert Erbschaftsinfo.com. Auch ein privatschriftliches Testament in Verbindung mit der Eröffnungsniederschrift des Nachlassgerichts reicht aus.
Ohne Erbschein kann es möglicherweise schwieriger sein, die Erbschaftssteuer korrekt zu berechnen und zu zahlen, informiert die Kanzlei Stallecker. Auch sei es denkbar, dass nicht alle gesetzlichen Erben ihren rechtmäßigen Anteil erhalten.
Vorteil öffentliches Testament: Kann man Kosten sparen?
Sollten Sie sich Gedanken darüber machen, wie Sie Ihren letzten Willen festhalten, sollten Sie abwägen, ob es nicht sinnvoller sein kann, ein öffentliches Testament bei einem Notar zu errichten. Das geht mündlich oder „durch Übergabe eines offenen oder geschlossenen Schriftstückes“, das den letzten Willen enthält, informiert das Serviceportal der Stadt Rheinstetten.
Bei einem Nachlasswert von 500.000 Euro würde die Beurkundung des Testaments mit Beratung und Entwurfsfertigung durch den Notar rund 935 Euro (zzgl. 15 Euro für das Zentrale Testamentsregister; Auslagen und 19 % Mehrwertsteuer) kosten. Dies trägt der Erblasser. Sollte man sich dagegen entscheiden, würden sich die Kosten bei dem Nachlasswert verdoppeln. Dies setzt sich aus Kosten für die Erteilung des Erbscheins und die Gebühr ans Nachlassgericht zusammen, informiert Erbschaftsinfo.com. Jene Kosten würden dann die Erben tragen müssen.
Wann reicht eine Vollmacht?
Hat der Erblasser zu Lebzeiten eine Vollmacht auf den Todesfall oder eine „über den Tod hinaus wirksame Vollmacht“ ausgestellt, ist ein Erbschein gegebenenfalls entbehrlich, berichtet die Kanzlei Rose und Partner. Wichtig sei es allerdings, die Reichweite der Vollmacht und deren Verwendung vorab genau zu definieren. Das Grundbuchamt verlangt allerdings eine beglaubigte Vollmacht, dafür muss der Erblasser einen Notar aufgesucht haben, informiert das Portal Erbrecht-Ratgeber.de Beispielsweise bei Banken kann man formlos eine Kontovollmacht ausstellen lassen. Dazu gibt es entsprechende Formulare.
Welche Dokumente werden für einen Erbschein benötigt?
Gibt es kein Testament, müssen Dokumente vorgelegt werden, aus denen sich die Stellung als gesetzlicher Erbe ergibt, informiert das Portal Finanztip.de. Folgendes gehört dazu:
- Personalausweis oder Reisepass
- Stebeurkunde der verstorbenen Person
- Geburts- und Sterbeurkunden aller Erben oder vorverstorbenen Erben
- Anschrift aller Erben
Sollte es ein Testament oder einen Erbvertrag geben, so müssen diese beigefügt werden. Die eidesstattliche Versicherung ist dazu da, dass Sie erklären, dass Ihnen nichts anderes bekannt ist und Sie die Richtigkeit der Angaben bestätigen.