EU schmettert deutsche Führerschein-Pläne ab – Verband legt nach: „Wir haben Zweifel“
Die Ampel wollte getreu dem begleiteten Fahren neue Führerschein-Regeln – scheiterte aber am EU-Recht. Ein Verband hat daher einen anderen Vorschlag.
Kassel – Die Ampelkoalition kann ihr Versprechen nicht einlösen: „Um Jugendliche schon frühzeitig für die Gefahren im Straßenverkehr zu schulen, werden wir begleitetes Fahren ab 16 Jahren ermöglichen.“ Dieser Plan, der im Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP verankert ist, stößt auf Hindernisse auf EU-Ebene.
Das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium erklärte der dpa, dass die aktuelle europäische Rechtslage die Umsetzung nicht zulässt. Aus dem Ministerium hieß es: „Da der Rahmen für das Führerscheinrecht auf europäischer Ebene für alle Mitgliedstaaten verbindlich geregelt ist, kann Deutschland eine Absenkung des Mindestalters nicht einseitig auf nationaler Ebene regeln.“ Man habe sich ursprünglich bei der EU-Kommission für ein Pilotprojekt starkgemacht und dabei auf die „positiven Erfahrungen mit dem begleiteten Fahren ab 17“ hingewiesen. Allerdings wurde dieser Antrag in einem Entwurf der Kommission zur EU-Führerscheinrichtlinie abgelehnt.
Neuer Führerschein-Vorschlag: „Begleitets Fahren sollte für über 18-Jährige geöffnet werden“
Viele Beobachter sind sich einig, dass das begleitete Fahren ein Erfolg ist. Die Schlüsse, die daraus gezogen werden, sind jedoch unterschiedlich. Kristin Zeidler, Leiterin der Unfallforschung der Versicherer, schlägt auf Anfrage von IPPEN.MEDIA vor, die Altersgrenze auszuweiten. „Für mehr Verkehrssicherheit junger Fahrer sollte das begleitete Fahren auch für über 18-Jährige geöffnet werden.“ Denn: „18- bis 24-Jährige haben bezogen auf ihre Fahrleistung das höchste Risiko, als Autofahrer einen Unfall mit Personenschaden zu verursachen. Gründe dafür sind mangelnde Fahrerfahrung, eine höhere Risikobereitschaft, Ablenkbarkeit und Überschätzen der eigenen Fähigkeiten.“

Den Führerschein ab 16 lehnt Zeidler ab: „Aus Gründen der Verkehrssicherheit sehen wir die Idee kritisch, schon mit 16 Jahren begleitet Pkw zu fahren“, erklärte Zeidler. „Wir haben Zweifel, ob 16-Jährige ausreichend Reife haben, einen Pkw sicher zu führen.“ Es mangelt an grundlegender Forschung, aber „Untersuchungen geben Hinweise, dass in diesem Alter etwa Ablenkung, Gefahrenwahrnehmung und sozial-emotionale Aspekte noch nicht gut genug entwickelt sind.“
ADAC für Führerschein ab 16
Der ADAC befürwortet weiterhin die Herabsetzung des Mindestalters auf 16 Jahre für das begleitete Fahren, „um so den Lernzeitraum zu verdoppeln“, wie ein Sprecher des Unternehmens auf Anfrage von IPPEN.MEDIA erklärte. „Ein verlängerter, kontrollierter Aufbau von Fahrpraxis kann aus ADAC-Sicht das Unfallrisiko der Fahranfängerinnen und Fahranfänger weiter reduzieren.“
Derzeit nutzen laut ADAC weniger als die Hälfte der Führerscheinbewerber die Möglichkeit des begleiteten Fahrens ab 17 Jahren. „Dabei hat es sich bewährt: Diese Fahrerinnen und Fahrer weisen ein erheblich geringeres Unfallrisiko auf als jene, die den Führerschein auf klassische Weise erworben haben.“