Schwere Folgen bei unter 50-Jährigen - Vorhofflimmern bleibt oft unerkannt - warum es besonders für Jüngere gefährlich ist
Das Herz schlägt unregelmäßig, rast oder stolpert. Die Brust fühlt sich eng an, der Körper erschöpft. Das können Anzeichen für ein gefährliches Vorhofflimmern sein. Es entsteht, wenn das Herz und seine Pumpfunktion aus dem Takt geraten. Wird Vorhofflimmern nicht behandelt, kann es gefährliche Folgen nach sich ziehen: Durch einen verlangsamten Blutfluss können Blutgerinnsel entstehen. Gelangen sie in kleine Hirngefäße und verstopfen diese, wird das Hirn nicht mehr mit ausreichend Blut und Sauerstoff versorgt, es kommt zu einem Schlaganfall.
Die Diagnosen von Vorhofflimmern nehmen zu. Betroffen sind nicht nur ältere Menschen. Wer unter 50 Jahren Vorhofflimmern erleidet, sollte laut einer dänischen Studie besonders Acht geben. Denn die Folgen für die Gesundheit könnten dann umso schwerwiegender sein. Die Studie zeigt: Je jünger die Betroffenen, desto höher ihr Risiko, frühzeitig zu versterben.
Dänische Studie an rund 216.000 Betroffenen von Vorhofflimmern
Mehr als 216.000 Patienten hatte das Team der Universitätsklinik Kopenhagen untersucht, die in den Jahren 2000 bis 2020 die Diagnose Vorhofflimmern erhalten hatten. Im Schnitt waren sie 72 Jahre alt, in etwa so viele Frauen wie Männer. Die Forschenden analysierten zum Vergleich außerdem die Daten von rund 866.000 Menschen ohne Vorhofflimmern.
Die Auswertung zeigte: Menschen unter 50 Jahren, die Vorhofflimmern erlitten, hatten ein höheres Risiko für
- eine entzündliche Erkrankung des Herzmuskels (dilative Kardiomyopathie),
- eine Herzinsuffizienz,
- einen verdickten Herzmuskel (hypertrophe Kardiomyopathie),
- einen Schlaganfall
Insgesamt zeigten sich folgende Auswirkungen auf die Lebenserwartung:
- Wer im Alter von unter 50 Jahren die Diagnose Vorhofflimmern erhalten hatte, starb im Schnitt 9,2 Jahre früher als Menschen derselben Altersgruppe, die nicht an Vorhofflimmern litten.
- Bei einer Diagnose unter 30 Jahren war die Lebenserwartung sogar um 11,3 Jahre geringer.
- Bei Patienten in der Altersgruppe von 50 bis 80 Jahren reduzierte sich die Lebenserwartung im Schnitt nur um 3,6 Jahre.
Vorhofflimmern: Jeder zweite merkt nichts davon
Manche Betroffenen verspüren Symptome wie Herzrasen oder Brustenge, bei manchen kommt ein Gefühl von Unruhe, Angst und Schwindel dazu. Andere bemerken wiederum gar nichts. „Wir gehen davon aus, dass etwa jeder zweite Mensch mit dieser Herzrhythmusstörung nichts davon merkt“, schätzt Michael Böhm, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Internistische Intensivmedizin am Universitätsklinikum des Saarlandes.
Da Vorhofflimmern gefährliche Folgen nach sich ziehen kann, wenn es nicht behandelt wird, ist es umso wichtiger, die Herzrhythmusstörung auch bei jungen, scheinbar gesunden Menschen ernst zu nehmen. Das Auftreten von Vorhofflimmern ist zwar kein lebensbedrohender akuter Notfall, erklärt Kardiologe Böhm. „Das bedeutet aber nicht, dass wir uns mit der Behandlung Zeit lassen können.“ Eine frühe Diagnose und Behandlung mit entsprechenden Medikamenten seien wichtig, damit das Herz nicht dauerhaft aus dem Rhythmus gerät.
Was genau bei Vorhofflimmern im Körper passiert
Vorhofflimmern bezeichnet einen unregelmäßigen Herzschlag. Hervorgerufen wird dieser von einer Störung im sogenannten Sinusknoten im rechten Herzvorhof. Der Sinusknoten ist der Schrittmacher des Herzens. Er sendet elektrische Signale zu den Herzkammern und bestimmt damit den Herzrhythmus.
Kardiologe Michael Böhm erklärt: „Beim Vorhofflimmern breitet sich etwa aufgrund von lokalen Gewebeveränderungen in der Herzwand die elektrische Erregung über die zwei kleineren Herzkammern, die sogenannten Vorhöfe, nur noch ungerichtet aus. Die Folge einer effizienten Entleerung sind schnelle und unkoordinierte Bewegungen der Vorhofwände. Das ist, was mit Flimmern gemeint ist. Ein normales Zusammenziehen der Vorhöfe findet nicht mehr statt, das heißt, das Blut ,steht' im Vorhof oder fließt langsamer.“
Drei Risikofaktoren begünstigen Vorhofflimmern
Dass Vorhofflimmern nicht nur ein Problem im Alter ist, zeigte in diesem Jahr bereits eine Studie aus den USA: Von mehr als 67.000 Betroffenen war ein Viertel jünger als 65 Jahre. Auch im Rahmen dieser Studie zeigte sich: Nehmen Jüngere die Symptome nicht ernst, können langfristig schwerwiegende Gesundheitsprobleme auftreten, die sich mit rechtzeitigen Maßnahmen eventuell hätten verhindern lassen.
Dass es weltweit immer mehr Fälle von Vorhofflimmern gibt, könnte daran liegen, dass auch die Risikofaktoren zunehmen, die eine Herzrhythmusstörung begünstigen. Dazu zählen:
- Bluthochdruck
- Übergewicht
- Diabetes
Bluthochdruck haben laut der Deutschen Hochdruckliga etwa 25 Prozent der Weltbevölkerung. Bis 2025 sei mit einem Anstieg auf 29 Prozent zu rechnen. Nahezu alle Länder seien ähnlich stark betroffen.
Die Zahl der Menschen mit starkem Übergewicht steigt ebenfalls weltweit an, wie Daten belegen. Von 1990 bis 2022 hat sich die Zahl der Betroffenen mehr als verdoppelt.
Und auch Diabetes nimmt weltweit zu: Im Jahr 2021 wurde die Zahl der Menschen mit Diabetes auf 537 Millionen geschätzt. Für 2045 sei laut Experten ein Anstieg auf 783 Millionen denkbar, berichtet das Deutsche Diabetes-Zentrum. Das wäre eine Zunahme um rund 46 Prozent.
Um gefährliches Vorhofflimmern zu verhindern, müssen die Ursachen bekämpft werden. Bei Bluthochdruck sind entsprechende Medikamente notwendig, im Kampf gegen Übergewicht sind ausreichend Bewegung und eine gesunde Ernährung wichtig. Wer Übergewicht vermeidet, sich gesund ernährt und nicht raucht, hat wiederum ein geringeres Risiko für Diabetes-Typ-2.