Geldauflage, Entschuldigung, fertig - Warum der Richter Gil Ofarim so einfach davonkommen lässt

 

In seinem Schlusswort wies der Vorsitzende darauf hin, dass der Angeklagte mit seiner Entschuldigung den guten Ruf des Hotelmanagers wiederhergestellt habe und so seinen eigenen wiedererlangen könne. Die Einstellung des Verfahrens ermögliche ihm jetzt einen befreiten Neustart.

Leistet der Angeklagte innerhalb von sechs Monaten die Geldauflage von insgesamt 10.000 Euro zugunsten der Jüdischen Gemeinde zu Leipzig und dem Trägerverein des Hauses der Wannseekonferenz, wird das Verfahren endgültig eingestellt.

Das ist die Begründung der Kammer im Wortlaut

„Die Entscheidung beruht auf § 153a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StPO.

Danach kann das Gericht mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeklagten das Verfahren vorläufig einstellen und zugleich dem Angeklagten Auflagen und Weisungen erteilen, wenn diese geeignet sind, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen, und die Schwere der Schuld nicht entgegensteht. Das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung ist beseitigt, wenn nach den Umständen des Einzelfalls weder spezial- oder generalpräventive Überlegungen noch die Wiederherstellung des Rechtsfriedens die Bestrafung des Täters gebieten.

Nach diesem Maßstab kommt hier eine Verfahrenseinstellung gegen die genannten Auflagen, der die Staatsanwaltschaft und der Angeklagte zugestimmt haben, in Betracht.

Es geht um die Wahrheit - und nicht um eine Strafe

Aufgrund der Besonderheiten des Verfahrens bedarf es zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens nicht der Verhängung einer Kriminalstrafe. Wegen der übergroßen öffentlichen Resonanz, welche die Vorwürfe des Angeklagten und die Zweifel an ihrer Glaubhaftigkeit gefunden haben, geht es in diesem Verfahren hauptsächlich darum, zuverlässig festzustellen, was am 4. Oktober 2021 zwischen 19.20 Uhr und 19.45 Uhr an der Rezeption des Hotels Westin in Leipzig wirklich geschah. Demgegenüber hat die Verhängung einer Strafe nur untergeordnete Bedeutung.

Beim erreichten Verfahrensstand leigt die Wahrheit offen zu Tage.

Aussagen der Zeugin waren maßgeblich

Daran hat die Aussage der neutralen Zeugin D. K., die am Ende des zweiten Verhandlungstags ausgesagt hat, maßgeblichen Anteil. Anhand des von ihr vorgelegten Chat-Verlaufs ist davon auszugehen, dass sie den Vorfall aus unmittelbarer Nähe verfolgt und noch am selben Abend einer Freundin so erzählt hat, wie ihn der Nebenkläger später schildern würde. Durch den so nachgewiesenen engen zeitlichen Zusammenhang zwischen dem eigenen Erleben des Geschehens und seiner Weitergabe an eine andere Person, ist ihre Aussage besonders glaubhaft. Hinzu kommen die weiteren erhobenen Beweise, namentlich die in Augenschein genommenen Aufzeichnungen der Überwachungskameras und das Gutachten. Aus ihnen ergibt sich, dass der Angeklagte den Davidstern innerhalb des Hotels nicht sichtbar trug. Dadurch fehlt es an einem wichtigen Anknüpfungspunkt für den vom Angeklagten geschilderten Geschehensbaluaf. Aufgrund dieser Umstände ist die Kammer auch davon überzeugt, dass das heutige Geständnis des Angeklagten der Wahrheit entspricht und sich der Sachverhalt so zugetragen hat, wie ihn die Anklageschrift beschreibt.

Die Herstellung des Rechtsfriedens bedarf nicht der Bestrafung des Angeklagten.