Beziehung wird kompliziert - Chinas muslimischer Spagat verärgert Israels Regierung

Wie verhält sich China seit dem 7. Oktober gegenüber Israel?

Eigentlich nicht grundsätzlich anders als in der Vergangenheit – nur wird es für Peking schwieriger, den Spagat durchzuhalten. Einerseits will Peking enge Handelsbeziehungen mit Israel, um militärisch nutzbare Güter und Technologien zu nutzen, die in der westlichen Welt nur Israel bieten kann. Andererseits steht es rhetorisch den arabischen und islamischen Ländern und der dort vorherrschenden Befreiungsrhetorik nahe. China versucht in der gegenwärtigen Situation zum einen den „Globalen Süden“ für sich einzunehmen, zum anderen aber die Brücken nach Israel nicht abbrechen zu lassen.

Seit dem 7. Oktober befindet sich China geradezu in einer Zwickmühle: einerseits fordert es einen sofortigen Waffenstillstand (den Israel aus nachvollziehbaren Gründen nicht zu akzeptieren bereit ist) und lässt sich als Freund der Araber und der Palästinenser feiern, andererseits versucht es Forderungen zu vermeiden, die in Israel als feindselig angesehen werden können. Dieser Spagat kann aber auf die Dauer nicht gutgehen. Das sieht man wohl auch so in Peking. Wie ratlos die chinesische Diplomatie geworden ist, erkennt man daran, dass der Ausbruch der Gewalt Seitens der Hamas laut chinesischem Außenministerium den USA in die Schuhe geschoben werden soll.

Und China schweigt beredt oder lässt sich dann doch zu Äußerungen hinreißen, die in Israel Sorgen hervorrufen. In Jerusalem wird inzwischen mit großer Bitterkeit registriert, dass Peking sich nicht zu einer Verurteilung der Hamas-Angriffe als Akt des Terrorismus hat entschließen können. Zudem hat sich die Regierung in Peking entschlossen, am 20. November eine Delegation der Islamischen Konferenz zu empfangen und dieses Treffen als Beweis dafür hinzustellen, dass China ein „guter Freund der arabischen und der islamischen Länder“ und ein „Anwalt des gerechten Anliegens des Palästinensischen Volkes“ sei.

Gerade die letztgenannte Äußerung stößt in Israel auf großes Misstrauen, denn dieser Satz kann als Abgehen von der Anerkennung des Existenzrechts Israels verstanden werden. Wie zynisch die Haltung Chinas ist, wird deutlich, wenn man sich vor Augen führt, dass die muslimische Minderheit der Uiguren in China in brutalster Weise unterdrückt wird oder dass China die Militärjunta in Myanmar unterstützt, die eine Million Rohingya vertreibt, weil diese dem muslimischen Glauben anhängen. Aber das schien die Vertreter der Islamischen Konferenz nicht zu stören,

Könnte China als Vermittler zwischen Juden und Arabern beitragen?

Nein, davon sollte man nicht ausgehen. Genauso wie im Krieg Russlands gegen die Ukraine hat China nichts anderes als diplomatische Leerformeln anzubieten. Es ist nicht einmal ein Anflug von einer Idee zu erkennen, wie ausgerechnet China den Konflikt durch diplomatische Verhandlungen lösen könnte. Mittlerweile ist auch auf israelischer Seite das Misstrauen in die Absichten Chinas gewachsen, so dass auch hier eine Vermittlerrolle immer unwahrscheinlicher wird.

Wie werden sich die Beziehungen zwischen Israel und China weiterentwickeln?

Darauf lässt sich derzeit noch keine abschließende Antwort formulieren. Es könnte alles so bleiben wie es bisher war – also ein Spannungsverhältnis, welches beide Seiten nicht wirklich ausdiskutieren wollen. Es könnte aber auch einen Positionswechsel geben – entweder in Peking oder in Jerusalem. Je nachdem, wie lange der Kampf der israelischen Truppen im Gaza-Streifen andauert und China von den von ihm umworbenen Staaten der arabischen und der muslimischen Welt und vieler anderer Vertreter des „Globalen Südens“ dazu gedrängt wird, sich stärker gegen Israel zu positionieren, könnte das in Peking oder in Israel einen Politikwechsel bewirken.

Die westliche Staatengemeinschaft könnte diese Lage im Übrigen auch dazu nutzen, um mit Israel einen vertieften Austausch darüber zu führen, ob es eine so gute Idee war, das Militärembargo gegen China jahrzehntelang zu unterlaufen.

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Joachim Krause

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