Ladendiebstähle nehmen drastisch zu - Händler und Polizei äußern sich zu auffälligem Trend

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Mit mehr als 6000 Fällen machen Diebstahlsdelikte fast ein Drittel der Gesamtfallzahlen in der osthessischen Kriminalstatistik 2023 aus. Ein deutlicher Anstieg ist vor allem beim Ladendiebstahl zu erkennen.

Fulda - Die Fuldaer Zeitung hat Händlerinnen und Händler in Fulda (Hessen) zu ihren Erfahrungen mit Ladendiebstählen befragt. Manche Stellungnahmen erwecken den Eindruck, dass Ladendiebstahl in der Region nicht so häufig vorkommt, so sprechen die Zahlen der Polizei doch eine andere Sprache.

Kriminal-Trend Ladendiebstahl: Was Händler gegen die Täter tun

2023 wurden beim Polizeipräsidium Osthessen, das für die Kreise Fulda, Hersfeld-Rotenburg und Vogelsberg zuständig ist, insgesamt 2111 Ladendiebstähle angezeigt. Das geht aus der Kriminalstatistik des Präsidiums hervor. 2111 Fälle - das sind 654 mehr als im Jahr zuvor, ein Anstieg von fast 45 Prozent. Auch deutschlandweit ist ein Anstieg zu erkennen, jedoch nur um 23,6 Prozent. Allerdings wird längst nicht jeder Ladendiebstahl angezeigt.

Vergleicht man die regionalen Zahlen seit 2016, so ist eine stetige Steigerung zu erkennen. Während in der Corona-Zeit offenbar weniger gestohlen wurde und nur knapp 800 Fälle (2021) zur Anzeige kamen, so sind die Zahlen ab 2022 wieder deutlich höher.

Die Täter sind laut Polizei mit einem Anteil von 70,4 Prozent meistens Erwachsene. Das heißt aber auch, dass es sich bei fast 30 Prozent um Heranwachsende oder Jugendliche handelt. „Generell gilt, dass Tatgelegenheiten zu Diebstählen führen“, sagt Patrick Bug, Pressesprecher beim Polizeipräsidium Osthessen. Ein Beispiel seien Selbstbedienungskassen, die Täter „sicherlich eher dazu verleiten, Ware zu stehlen, weil eine Kontrolle fehlt“.

Auch die Teo-Märkte, die gänzlich ohne anwesendes Personal betrieben werden, waren in der Vergangenheit oft Ziel von Ladendieben. Im März dieses Jahres konnten zwei 23-jährige Frauen ermittelt werden, denen mindestens elf Diebstähle in Teo-Märkten vorgeworfen werden.

Insgesamt ist die Aufklärungsquote beim Diebstahl im Vergleich zu anderen Delikten jedoch nicht so hoch. In Osthessen wurde 2023 immerhin fast jeder zweite Diebstahl aufgeklärt - ein Höchstwert.

Polizei rät: Wie sich Geschäftsinhaber vor Ladendieben schützen können

„Um sich vor Ladendiebstahl zu schützen, können Geschäftsinhaber verschiedene Schutzmaßnahmen ergreifen“, sagt Bug. Dazu zählten, helle, gut ausgeleuchtete Verkaufsräume ebenso wie Hinweisschilder, dass die Ware gesichert ist. Produkte, die gerne mal gestohlen werden, sollten in der Nähe der Kasse platziert oder in abschließbaren Vitrinen gesichert werden. Generell sei eine Diebstahlsicherung der Waren sinnvoll. Eine solche Technik könne die Aufmerksamkeit des Personals aber nur ergänzen, niemals ersetzen.

Mehr Diebstähle in Läden
Viele Unternehmen haben zum Schutz ihre Kameraüberwachung bereits ausgebaut und ihr Personal geschult. © Boris Roessler/dpa

„Den besten Schutz vor Ladendieben bietet qualifiziertes Verkaufspersonal, das gut erkennbar, präsent und aufmerksam sowie im Umgang mit Ladendieben ausgebildet ist“, sagt Bug. Kunden sollten nicht unbeaufsichtigt bleiben und es sei mitunter sinnvoll, einen Detektiv anzustellen. „Wer einen Ladendiebstahl beobachtet, der sollte die Polizei alarmieren, eine Anzeige stellen und dem Dieb Hausverbot erteilen“, ergänzt der Polizeipressesprecher.

Kürzlich hatte im Kreis Hersfeld-Rotenburg ein 23-jähriger Ladendieb bei seiner Festnahme einem Polizisten in die Hand gebissen.

„Unsere Mitarbeiterin hat einen Dieb verfolgt“: Geschäftsinhaber berichten

Welche Erfahrungen haben Geschäftsinhaber in Osthessen mit Ladendieben gemacht? Und was tun sie, um solche Fälle zu verhindern? Fuldaer Zeitung hat nachgefragt. Einige der Antworten:

„Wir haben eine Diebstahlsicherung. Sobald ein Dieb mit der Ware durch die Tür tritt, schlägt der Alarm aus“, sagt Stefan Wehner, Geschäftsführer bei Wehner Campo in Fulda. Die Anlage, die er vor einigen Jahren angeschafft hat, habe sich schon mehrfach bezahlt gemacht.

Vor einigen Jahren wurde eine Lederjacke im Wert von über 1000 Euro gestohlen, „sie war mit einem Sender gesichert. Das führte dazu, dass das akustische Signal auch auf der Straße noch zu hören war. Eine Mitarbeiterin hat den Dieb verfolgt, die Polizei konnte ihn schließlich festnehmen.“ Hin und wieder komme es vor, dass mal ein Etikett, das abgerissen wurde, auftaucht. „Es ist aber nicht der Regelfall und passiert auch nicht jede Woche.“

Dass das in anderen Läden anders aussieht, weiß Wehner von Kollegen aus der Branche. „Ich treffe mich regelmäßig mit Einzelhändlern aus dem Textilbereich, die davon berichten, dass die Bereitschaft, stehlen zu wollen, größer geworden ist.“

Edeka Hahner setzt auf Detektive gegen Ladendiebstahl

Auch Lebensmittelhändler haben es hin und wieder mit Ladendieben zu tun. „Wir haben an der ein oder anderen Stelle große Probleme, dass Kunden versuchen, Ware in verschiedensten Behältnissen unbezahlt aus dem Haus zu bringen“, sagt Dieter Hahner, Inhaber von Edeka Hahner in Künzell.

Dass Ladendiebstähle zunehmen, kann Hahner bestätigen. „Häufig sind es jugendliche Gruppen, die in den Markt kommen und versuchen, Dinge zu stehlen. Aber generell muss man sagen, dass sich das Problem durch alle Alters- und Gesellschaftsschichten zieht. Dass es den Menschen schlechter geht und sie deshalb stehlen, glaube ich nicht. Meiner Meinung nach wissen einige nicht mehr, was richtig und falsch ist.“

Um den Dieben Einhalt zu gebieten, setzt Hahner Detektive ein. Und auch bei den Selbstbedienungskassen haben Mitarbeiter stets ein Auge darauf, was gescannt wird. Wird ein Dieb erwischt, kommt es zur Anzeige. Hahner betont aber, dass die Diebe gegenüber denen, die ehrlich sind und ihre Ware bezahlen, weiterhin in der Minderheit sind.

Sicherheitssystem entlarvt Diebe: „Manche kennen aber leider Tricks“

Dass jemand etwas klaut, oder es zumindest versucht, kommt auch im Euronics XXL EFM in Fulda vor, berichtet Inhaber Hans-Jürgen Müller. „Es hält sich aber in Grenzen“, fügt er hinzu. Die meisten versuchten Diebstähle fallen laut dem Inhaber auf, wenn die Person durch den Ausgang will und das Sicherheitssystem anschlägt. „Manche kennen aber leider Tricks, mit denen die Systeme überlistet werden können“, merkt Müller an.

Eine Nachrüstung sei auch immer eine Frage der zusätzlichen Ausgaben, und ob es sich im Hinblick auf den tatsächlich gestohlenen Wert am Ende des Jahres lohnt. Objekte der Begierde seien in den meisten Fällen kleinere Geräte wie Bluetooth-Lautsprecher, Handys oder Tablets. „Mit einem Fernseher unter dem Arm ist noch niemand rausspaziert“, sagt Müller.

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