„Letztes Frühjahr war am schlimmsten“: Kommen und Gehen in der Tölzer Innenstadt
Die Geschäftswelt im Wandel: In der Innenstadt von Bad Tölz verabschieden sich einige Händler. Dafür kommen neue Angebote hinzu.
Bad Tölz – Ein bunter Geschäftewechsel ist gerade in Bad Tölz im Gange. Manche Läden ziehen innerhalb der Marktstraße um oder in die Nockhergasse. An anderen Stellen eröffnen neue Händler ihre Tore, anderswo herrscht gerade Leerstand.
Ausverkauf an kleinem Laden: Inhaberin beruhigt ihre Kunden
Auf einen Ausverkauf weisen Schilder an der Marktstraße 39 hin, dort wo „Blue Flamingo“ mit zwei Läden beheimatet ist. Inhaberin Renée Obermeir beruhigt aber all ihre Kunden: Nur das kleinere der beiden Geschäfte mache zu. „Eine Weile habe ich es versucht, aber in der momentanen Lage ist es nicht vertretbar, zwei Läden zu haben.“ Um nicht beide zu gefährden, habe sie sich zu dem Schritt entschlossen.

Die Kosten für Strom und Personal seien immer weiter gestiegen, dazu komme die Bürokratie für ihr Online-Geschäft. „Ich habe nicht die Kraft, das Risiko für zwei Läden auf mich zu nehmen“, betont sie. Alles, was im kleineren Laden beliebt war – Geschenke, Feinkost und Mode –, wird in das Hauptgeschäft integriert, in dem es weiterhin Mode für Babys, Kinder und Jugendliche geben wird. Im Moment werde das Lager bereinigt, „um die Mengen auf ein vernünftiges Level zu bringen“, sagt Obermeir.
„Bin stolz, dass wir überlebt haben“: Kleiner Laden schließt
Den kleineren Laden, der nun schließt, habe sie 2020 eröffnet, just als der Lockdown begann. „Ich bin stolz, dass wir das überlebt haben“, sagt sie. Es stellte sich heraus, dass erst nach Corona mit dem Krieg in der Ukraine und der Energiekrise die Umsätze schlechter wurden. „Letztes Frühjahr war es am schlimmsten bisher.“
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Die Leute gingen weniger einkaufen, seien verunsichert. „Daher gibt es auch so viele Leerstände“, sagt sie. „Wer geht momentan denn so ein Risiko ein, ein Geschäft zu eröffnen?“ Sie habe schon, als sie 2016 in Tölz eröffnete, direkt einen Onlineshop mit eingebaut. „Das ist der Grund, warum es uns noch gibt.“ Denn der wurde von Anfang an gut angenommen. Sie hat einen großen Wunsch: „Ich hoffe, dass die Leute ein Bewusstsein dafür bekommen, dass es die Innenstädte irgendwann nicht mehr geben wird, wenn sie sie nicht unterstützen.“
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Nachnutzung gesichert: Restaurantbetreiberin eröffnet „Concept Store“
Für den kleinen Laden gibt es übrigens bereits eine Nachnutzung: Connie Dietmann vom Restaurant und Stadthotel „Dietmanns“ übernimmt die Räumlichkeiten. Sehr viele Gäste hätten sie auf die Details in ihrem Hotel angesprochen und gefragt, wo man die Sachen denn kaufen könne, berichtet Dietmann. „Erst war es nur ein Scherz, dass wir mal ein eigenes Geschäft als Concept Store eröffnen.“ Dann habe sich die Möglichkeit ergeben, dass mit dem kleineren „Blue Flamingo“-Store direkt vor der Haustüre des „Dietmanns“ eine Ladenfläche frei wird. „Das könnte nicht optimaler sein“, freut sich Dietmann, die sich aber mit „gesundem Respekt“ an die Neueröffnung wage. Im Laden, dessen Eröffnung zum Ostermarkt sein soll, wird es „Dinge geben, die der Mensch nicht braucht, aber die er gerne haben möchte“, wie es Connie Dietmann selbst formuliert.
„Raum für Familien“ an der Nockhergasse: Beratung, Kurse und Mamatreff
Ein breites neues Angebot für Familien gibt es bei „Zwergalliebe“. Tanja Waldherr hat vergangenes Jahr an der Nockhergasse 2 die Räume übernommen, in denen vorher ein Kunstatelier untergebracht war. Die Idee sei spontan entstanden, erzählt sie. Als Mama habe sie selbst festgestellt, dass ihr manche Angebote fehlen. Vor allem auch der Informationsfluss, wo man als junge Eltern beispielsweise Hilfe bekommen könne.

Daher sei dieser „Raum für Familien“ entstanden. Doch alleine wollte sie es nicht stemmen. „Darum habe ich einige mit ins Boot genommen.“ Sie selbst bietet Still-, Schlaf- und Beikostberatung an sowie einen Mamatreff. Dazu gibt es in der „Zwergalliebe“ Erste-Hilfe-Kurse für Eltern von Babys, kreative Bastelworkshops, Meditation, Trageberatung, Handlettering, systemische Familienberatung, eine Selbsthilfegruppe für Eltern von Kindern mit Behinderung, eine Kind-und-Hund-Beratung, Hypnose, psychische Beratung und ganzheitliche Familienberatung.
Auf der Homepage www.zwergalliebe-tanjawaldherr.de gibt es einen Plan, wann welche Stunden stattfinden. Dort findet man auch Wissenswertes zur Anmeldung. Am Samstag, 22. Februar, findet von 10 bis 13 Uhr ein Infotag statt.
„Nailed Ink“ schon wieder geschlossen: Statt Tattoos jetzt Physiotherapie
Das Tattoo-Studio „Nailed Ink“ an der Badstraße hat seit Ende 2024 geschlossen. Leider sei es nicht gelungen, einen neuen Eigentümer für eine Übernahme des Studios zu finden, teilt Marcus Findewirth mit. Laut dem Immobilienmakler habe es zwar viele Anfragen gegeben, letztlich habe sich „niemand getraut, diesen Schritt zu gehen“. Ebenfalls nicht erfolgreich sei die Vermietung als Einzelhandels- oder Verkaufsfläche gewesen. „Leider war auch hier die Angst vor der Selbstständigkeit in der jetzigen Situation zu groß.“
Der Eigentümerin sei es aber sehr wichtig, die Tölzer Innenstadt zu beleben, weswegen sie einen fairen Mietpreis angesetzt habe. Auf Empfehlung des Maklers hin habe man sich umentschieden und sich auf eine Vermietung als Praxis oder Büro konzentriert. Findewirth: „Auch hier ist das Angebot in Bad Tölz sehr begrenzt, und es gibt deutlich mehr Nachfrage in diesem Segment.“ Der Plan war erfolgreich: Mitte Februar wird dort eine Praxis für Physiotherapie eröffnen. (mel)