Er ist dann mal weg: Lorenzenberger (22) geht auf die Walz
Zimmerergeselle Josef Gaar (22) aus Lorenzenberg geht auf die Walz. Das Smartphone muss zu Hause bleiben, die ersten drei Monate darf er keinen Kontakt zur Familie haben. Mindestens zwei Jahre darf er seinem Heimatort nicht näher als 50 Kilometer kommen.
Lorenzenberg – Der Zimmerergeselle Josef Gaar aus Lorenzenberg zieht aus, um die Welt zu entdecken. Er hat sich der Gesellenbruderschaft „Freie Vogtländer Deutschland (F.V.D)“ angeschlossen. Ziel der reisenden Gesellen ist es, während der Wanderschaft nicht nur Bräuche, Lebensgewohnheiten und Arbeitspraktiken fremder Menschen und Völker kennenzulernen, sondern auch Einblick in verschiedene soziale Milieus unterschiedlicher Länder zu bekommen. Somit soll der Horizont durch Erwerb von fachlichen, sprachlichen und sozialen Kenntnissen erweitert werden.

Die Reisezeit eines freien Vogtländers beträgt mindestens zwei Jahre und einen Tag. Doch länger geht immer. Während dieser Zeit darf er seinen Heimatort nicht näher als 50 Kilometer kommen. Drei Viertel seiner Wanderzeit soll er in Arbeit verbringen. Dabei gibt es strenge Regeln: So darf er z. B. kein Mobiltelefon mitnehmen, die ersten drei Monate keinen Kontakt zu Familie oder anderen Personen aus seiner Heimat haben und Schwarzarbeit ist selbstverständlich auch nicht erlaubt. Ein Freier Vogtländer orientiert sich an menschlichen Grundwerten wie Anstand, Respekt, Ehrbarkeit und Achtsamkeit.

Abgeholt wurde Josef Gaar von sechs Wandersgesellen, die ihn die erste Etappe begleiten. Die Gesellen waren schon etwas früher angereist, um ihm das Versprechen abzunehmen, sich an die Regeln und Werte der Freien Vogtländer zu halten. Hierfür wurde er buchstäblich mit einem Nagel durch das Ohrläppchen auf einem Holzstumpf auf sein Versprechen „festgenagelt“. Dann erhielt er seinen goldenen Ohrring. Am Tag der Abreise wurde Josef von seiner Familie, Freunden, Vereinskameraden und zahlreichen Dorfbewohnern zum Ortschild von Lorenzenberg begleitet. Nachdem er sich von allen, teils sehr emotional, verabschiedet hat, kletterte er über das Ortschild und ließ sich nach kurzen Abschiedsworten in die Arme der Gesellen fallen. Von da an ging seine Wanderschaft los und er durfte nicht mehr zurückblicken. Gute Reise!
Stefan Gaar (MedienGaarage)