Faesers Kontrollen an deutschen Grenzen erzürnen die Nachbarstaaten
Die ausgeweitete Grenzkontrollen haben vor allem für Pendler enorme Konsequenzen. Experten warnen derweil vor einer Destabilisierung der EU.
Berlin – Seit dem frühen Montagmorgen wird nach der Anordnung der Innenministerin Nancy Faeser an den deutschen Landgrenzen im Norden und Westen wieder kontrolliert. Das kommt nicht überall gut an. Kritik gibt es vom deutsch-niederländischen Zweckverband Euregio Rhein-Maas-Nord, der Probleme für Grenzpendler befürchtet, die täglich zwischen den Niederlanden und Deutschland unterwegs sind. Der Verband setzt sich für die Einführung einer Pendlerkarte ein, mit der Betroffene ohne Kontrollen die Grenzen passieren können, teilte erMerkur.de von IPPEN.MEDIA mit.
Der Verband setzt sich für die Einführung einer Pendlerkarte ein, mit der Betroffene ohne Kontrollen die Grenzen passieren können. Denn künftig dürfte die Grenzüberfahrt länger dauern. „Ab heute: Vorübergehende Grenzkontrollen auch an den Landgrenzen zu Belgien, Dänemark, Frankreich, Niederlande und Luxemburg“, teilte das Bundesinnenministerium am Morgen im Onlinedienst X mit.
Zusätzliche Kontrollen sollen sechs Monate andauern: Faeser will unerlaubte Einreisen eindämmen
Kritik gibt es nicht nur von Euregio Rhein-Maas-Nord. Auch andere Länder sehen die Ausweitungen der Grenzkontrollen kritisch, die die Innenministerin angeordnet hatte, um die Zahl unerlaubter Einreisen stärker einzudämmen. Die zusätzlichen Kontrollen sollen zunächst sechs Monate andauern, berichtet die Nachrichtenagentur dpa.

Besonders in der deutsch-dänischen Grenzregion treffen die Kontrollen auf Widerstand. Unter anderem der Südschleswigsche Wählerverband (SSW), die Partei der dänischen Minderheit, lehnt Kontrollen an der Grenze ab. Mit einem Landtagsantrag fordert sie die Landesregierung von Schleswig-Holstein auf, sich gegen die Binnengrenzkontrollen im deutsch-dänischen Grenzland einzusetzen. Die Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion für die deutsch-dänische Zusammenarbeit, Birte Pauls, meint, Grenzkontrollen an dieser Stelle seien überflüssig und brächten mehr Schaden als Nutzen. „Die Zahlen zeigen, dass die Hinterlandkontrollen hervorragend funktionieren.“
Mehrere Tausend Pendler betroffen: In Dänemark drohen zweimal täglich Grenzkontrollen
Reisende, aber vor allem auch die mehreren Tausend Pendler in der Region müssen schon seit Jahren damit rechnen, von dänischer Seite kontrolliert zu werden. Nun könnte es auf dem Weg zur und von der Arbeit gleich zweimal täglich Kontrollen geben, einmal durch eine deutsche Kontrolle und einmal durch eine dänische.
An den Grenzen zu Österreich, Polen, Tschechien und der Schweiz gibt es solche Kontrollen schon länger. Auch an der Grenze zu Frankreich wurde zuletzt bereits kontrolliert, was die Bundesregierung unter anderem mit den Olympischen Spielen begründete. Kritik an den ausgeweiteten Kontrollen, die im Schengen-Raum nur in Ausnahmefällen vorgesehen sind, stießen auch in anderen europäischen Ländern, darunter Polen und Griechenland auf Skepsis.

Meine news
Der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis sagte vergangene Woche, die Antwort auf die irreguläre Migration könne nicht sein, den Schengen-Vertrag einseitig abzuschaffen, sagte der konservative Politiker im Nachrichtensender Talk Radio. Den Ball aufs Feld anderer Länder zu werfen, „kann nicht toleriert werden“. Der Schengen-Raum ermöglicht es rund 420 Millionen Menschen in 29 Ländern, frei und ohne Grenzkontrollen zwischen Mitgliedstaaten zu reisen.
„Die geplanten Maßnahmen führen letztlich zu Chaos in Europa und zur Destabilisierung der Europäischen Union“, sagte der Vorsitzende des Sachverständigenrats Migration und Integration (SVR) Hans Vorländer vor wenigen Tagen im Gespräch mit IPPEN.MEDIA.
Gesetze im Schengen-Raum: Faesers Plan verstößt möglicherweise gegen EU-Recht
Deutschland ist Teil des Schengen-Raums. Nach den Vorschriften der Europäischen Union haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, im Falle einer ernsthaften Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorübergehend wieder Grenzkontrollen an den Binnengrenzen einzuführen. Dies darf jedoch nur als letztes Mittel erfolgen.
Polens Ministerpräsident Donald Tusk sagte, die Einführung strengerer Kontrollen an den Landgrenzen sei für Polen inakzeptabel. Warschau werde dringende Gespräche mit allen betroffenen Ländern fordern. Sowohl Griechenland als auch Österreich haben angedroht, dass sie von Deutschland abgewiesene Migranten nicht aufnehmen würden. In Deutschland warnte der Rat für Migration, dass der Plan möglicherweise gegen EU-Recht verstößt. (bg/dpa)