„Viel Schindluder“: Großvermieter fordert Mietrecht-Reform und Schutz für weniger Wohnungen
Das Mietrecht kann laut Vonovia-Chef Rolf Buch nicht so bleiben, wie es ist. Einen Schutz hält er nur für bestimmte Wohnungen für nötig.
Hamburg – In ganz Deutschland wird über Wohnungsnot geklagt. Hinzu kommen auch infolge der hohen Nachfrage Mietpreise, die sich gewaschen haben. Der größte Wohnungsbauer fordert nun ein Umdenken: Nach Meinung von Rolf Buch sind einige Bürger durchaus in der Lage, tiefer in die Taschen zu greifen, was letztlich den Suchenden zugutekommen könnte.
Vonovia-Chef fordert Mietrechtsreform: „Frage der Gerechtigkeit“
„Wir müssen uns schon mit der Frage beschäftigen, wer Schutz und günstige Mieten braucht und wer im Vergleich zu seiner Leistungsfähigkeit zu wenig zahlt. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit“, betont der Vorstandsvorsitzende von Vonovia im Interview mit der Süddeutschen Zeitung (Artikel hinter einer Bezahlschranke). „Der Gesetzgeber wird also nicht drum herumkommen, das Mietrecht anzupassen.“
Nichts weniger als eine Mietrechtsreform schwebt also dem Unternehmen aus Bochum vor, das nach eigenen Angaben mehr als einer Million Menschen ein Zuhause gibt. Buch moniert, dass aufgrund der Mietpreisbremse in Berlin ganze Wohnungen teurer weitervermietet oder zumindest Zimmer mit Gewinn untervermietet würden.

Umdenken beim Mietrecht? „Wohnungen von Handwerkern oder Feuerwehrleuten schützen“
Es werde „viel Schindluder getrieben“. Der Vonovia-Chef spricht von einem illegalen und einem legalen Schwarzmarkt. Dies seien „negative Folgen von zu starken Eingriffen“. Daher müsse der Mietmarkt reguliert werden.
Grundsätzlich findet er: „Es muss doch nur ein Teil des Mietmarkts geschützt werden: solche Wohnungen, die sich die Handwerker, die Straßenbahnfahrer oder die Feuerwehrleute leisten können. Teure Wohnungen brauchen keinen Schutz.“
Die Ampel-Regierung peilt derweil eine Mietrechtsreform an, die eine Verlängerung der Mietpreisbremse ebenso beinhaltet wie die Senkung der Kappungsgrenze. Gerade erst kündigte der Immobilienkonzern LEG im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) deutlich steigende Mieten an.
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Ein Umdenken regt auch Thomas Krebs im selben Interview an. „Bei geförderten Wohnungen prüfen wir nur einmal, wer da wohnt – beim Einzug. Wenn jemand als Student in eine geförderte Saga-Wohnung zieht, ist er zehn Jahre später vielleicht gut verdienender Arzt. So bleibt günstiger Wohnraum dauerhaft belegt“, nennt der Vorstandssprecher von Saga, dem größten kommunalen Wohnungsunternehmen aus Hamburg, das Problem.
Sein Vorschlag lautet daher: Nach fünf Jahren sollen Mieter eine freiwillige Auskunft über Einkommen und Anzahl der Bewohner geben. Werde dies nicht getan oder seien die Förderkriterien nicht mehr erfüllt, soll die Miete angepasst werden.
Wichtig ist Krebs aber auch: „Ich bin fest überzeugt, dass nur mehr Angebot von bezahlbaren Wohnungen die Mieten wirklich runterbringt.“

Baukrise in Deutschland: „Firmensterben wie nach Wiedervereinigung“ befürchtet
Doch aktuell lohnt sich zumindest für Vonovia das Bauen neuer Wohnhäuser nicht. Buch rechnet vor: „5000 Euro Baukosten pro Quadratmeter inklusive Grundstück bei vier Prozent Verzinsung – da kommen über 20 Euro Miete raus. Das ist für einen Normalverdiener nicht bezahlbar. Also macht es keinen Sinn, das zu bauen.“
Saga baut laut Krebs immerhin 1000 Wohnungen im Jahr und will diese Zahl gerne verdoppeln. Dies sei aber nur möglich, weil das Unternehmen „zu 90 Prozent öffentlich gefördert“ werde.
Auch er macht sich jedoch Sorgen – aus mehreren Gründen: „Ich fürchte, dass wir am Bau wieder ein Firmensterben sehen könnten, so wie nach der deutschen Wiedervereinigung. Schon jetzt verschwinden auf den Baustellen viele Subunternehmen. Mit Blick auf den demografischen Wandel und den Fachkräftemangel könnte das der neue Engpass werden – und die Kosten weiter treiben.“ Die Baukrise werde wohl erst 2025 enden.

Wohnungsbau in Deutschland: Vonovia-Chef bemüht Mercedes-Vergleich
Auch Buch sieht mit Weitblick Licht am Ende des Tunnels: „Irgendwann fließt vom Kapitalmarkt wieder Geld in Immobilien. Dann werden wir auch wieder bauen.“ Allerdings womöglich unter erschwerten Bedingungen.
Denn der Vonovia-Chef verweist auf den Flickenteppich infolge des deutschen Föderalismus, der auch vor der Baubranche nicht Halt macht: „Es gibt 16 Landesbauordnungen – und alle schreiben was anderes vor. Das ist, als würden Sie zu Mercedes sagen: Das gleiche Modell muss aber in jedem Bundesland eine andere Länge haben. Die würden aufhören, Autos in Deutschland zu verkaufen.“ (mg)