Die unsichtbare Gefahr aus dem Keller – hohe Radon-Werte in der Region gefährlich?
Tief im Boden schlummert eine unsichtbare Gefahr: Radon, das radioaktive Edelgas, das durch Ritzen und Fugen in unsere Häuser zieht. Zum europäischen Radon-Tag am Donnerstag (7. November) erinnert das Bayerische Landesamt für Umwelt daran, dass eine Messung Klarheit bringt – und Gesundheit schützt, denn: Fünf Prozent der Ursachen von Lungenkrebs in Deutschland gehen auf Radon zurück. In unserer Region sind die Werte im Boden besonders hoch. Grund zu Sorge?
Traunstein – Wir leben in einer Region mit sehr hohen Radon-Werten, aber kaum jemand weiß davon. Das radioaktive Edelgas kann sich durch undichte Stellen im Mauerwerk, wie Fugen oder Leitungsdurchführungen, auch in Häusern ansammeln. Der europäische Radon-Tag (7. November), Geburtstag der berühmten Physikerin Marie Curie, soll die unsichtbare Gefahr bei der Bevölkerung sichtbarer machen, denn laut Bundesamt können rund fünf Prozent aller Todesfälle durch Lungenkrebs in der deutschen Bevölkerung Radon zugeschrieben werden.
Radon gelangt unbemerkt in unsere Wohn- und Arbeitsräume
Das Bayerische Landesamt für Umwelt weist entsprechend auf die Notwendigkeit hin, Radon-Werte in Innenräumen zu überprüfen, besonders in stärker belasteten Regionen wie bei uns im Voralpenraum. Radon ist ein farb-, geruchs- und geschmackloses Edelgas, das in der Natur durch den Zerfall von Uran im Boden entsteht und in verschiedenen Gesteinsarten im Untergrund vorkommt. Gelangt es in hoher Konzentration unbemerkt in Wohn- oder Arbeitsräume, wird es für den Menschen gefährlich: Über die Atemwege kann es im schlimmsten Fall Zellen der Lunge schädigen und das Lungenkrebsrisiko steigt erheblich.
Konzentration im Alpenraum besonders hoch
Warum ist die Radon-Belastung vor allem bei uns im Alpenraum so hoch? Das liege, so Roland Enne, Energieberater und Radon-Fachmann aus Traunstein, unter anderem an tektonischen Störungszonen, Klüften und der Durchlässigkeit des Gesteins, das während der Eiszeit im Voralpenraum abgelagert wurde. Die Folge? Radon-Werte weit über dem landesweiten Durchschnitt.
Gemessen wird Radon in der Einheit Becquerel pro Kubikmeter (Bq/m3). Ein Blick auf die Internetseite des Geoportals (Bundesamt für Strahlenschutz) macht die regionalen Unterschiede deutlich: Nördlich von München liegen die Werte selten über 100 Becquerel pro Kubikmeter. Im Landkreis Traunstein ist ein Wert von 200 keine Seltenheit. Beispiele sind Unterwössen oder auch die Gemeinde Wonneberg bei Waging.
Entscheidend ist der Radon-Wert in Gebäuden
Soweit ist das aber noch kein Problem. Ausschlaggebend ist die Konzentration in Wohn- und Arbeitsräumen, wo sich das Gas ansammeln kann. Denn über Risse und Spalten gelangt Radon in unsere Keller. Eine hohe natürlich vorkommende Radonbelastung im Boden heißt also nicht unweigerlich, dass wir gefährdet sind?
„Wie stark die Radonbelastung in den jeweiligen Wohnräumen ist, liegt vor allem an der Bauart und dem Alter des Gebäudes“, erklärt Roland Enne, Gebäudeenergieberater aus Traunstein. Je älter das Gebäude sei, so Enne weiter, desto höher sei die Wahrscheinlichkeit einer hohen Belastung. Nur eine Radon-Messung bringt Gewissheit, ob man betroffen ist.
Schwellenwert wird unterschiedlich angegeben
Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz gibt einen Referenzwert von 300 Becquerel pro Kubikmeter in Wohnräumen an: Darüber „sollte geprüft werden, ob Maßnahmen zur Reduzierung der Radon-Konzentration umgesetzt werden können.“ Die World Health Organization (WHO) sieht schon einen Wert ab 100 Becquerel als bedenklich an, also wesentlich niedriger als in Deutschland vorgeschrieben.
In Bayern gesetzliche Auflagen nur in einer Region
Regionen, die eine hohe Radon-Konzentration im Boden aufweisen, können auch zu sogenannten Radon-Vorsorgegebieten deklariert werden. Dort gelten durch gesetzliche Regelungen dann besondere Anforderungen an den Schutz vor Radon für Neubauten und auch speziell am Arbeitsplatz. In Bayern wurde bislang aber lediglich der Landkreis Wunsiedel im Fichtelgebirge als solches festgesetzt, hier ist die Radonbelastung noch höher als in unserer Region:
Messung von Radon-Wert: Wichtig und „nicht teuer“
„Viele Arbeitgeber bei uns machen diese Messung freiwillig“, erzählt Robert Enne. Verpflichtend sei es aber eben nur in Wunsiedel. Am Radon-Tag ruft nun das Bayerische Landesamt dazu auf, seine Gesundheit selbst in die Hand zu nehmen und verweist auf die Wichtigkeit von Messungen in Gebäuden:
„Um die Radon-Konzentration zu messen, sollten Exposimeter in mindestens zwei häufig genutzten Räumen, am besten im untersten Wohngeschoss, aufgestellt werden.“ Sollten, so das Landesamt weiter, auch Kellerräume häufiger genutzt werden, muss auch hier gemessen werden.
„Die Messung an sich ist nicht teuer“, beruhigt Roland Enne. Die Exposimeter wären nicht größer als eine Schnupftabakdose, die dann für einen längeren Zeitraum im entsprechenden Raum aufgestellt werden müssen. Solche Messungen können von Radon-Fachpersonen oder aber auch in Eigeninitiative durchgeführt werden. Wesentlich komplizierter wird es, wenn das Ergebnis einen zu hohen Radon-Wert anzeigt.
Das Risiko von Radon noch zu wenig bekannt?
„Da gibt es dann verschiedene Radon-Sanierungskonzepte.“ Enne nennt einige Beispiele: „Radon-Brunnen, Abdichtung an erdberührenden Gebäudeteilen oder Absauganlagen.“ Bei sehr hohen Werten müsse eigentlich immer die Radon-Luft abgeführt werden, damit sie nicht mehr in Wohnräume gelangt und eingeatmet wird. Der Radon-Fachmann findet, dass die Gefahr, die von Radon ausgeht, in Bayern zu wenig bekannt sei und nicht erst genug genommen werde:
„Es wäre wichtig, die Problematik noch mehr zu propagieren, Österreich oder die Schweiz sind da schon wesentlich weiter.“ Bei unseren Nachbarn würden laut Enne schon seit längerer Zeit staatlich geförderte Messkampagnen durchgeführt und das Thema einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Informieren, Messen, Handeln
Die Ausrufung des Radon-Tages der europäischen Radon-Vereinigung ist ein erster Schritt, die drohende Gefahr mehr im Bewusstsein der Bevölkerung zu verankern. Sowohl Roland Enne als auch das Landesministerium für Umwelt rufen daher dazu auf, sich zu informieren und dann gegebenenfalls eine Radon-Messung durchzuführen. Informieren kann man sich über die Seite des Bayerischen Landesamtes für Umwelt oder bei anerkannten Energie- und Radon-Fachberatern vor Ort.