Bahnfahren in Bayern: „Schubsen und Spucken an der Tagesordnung“

  1. Startseite
  2. Bayern

Kommentare

Gefahr fährt mit: eine Zugbegleiterin. © Peter Gercke/dpa

München/Holzkirchen – Früher war der Schaffner noch eine Respektsperson. Das ist lange her. Heutzutage bringt der Berufsalltag eines Zugbegleiters eher unschöne Dinge mit sich. „Schubsen und spucken steht auf der Tagesordnung“, sagt Kathleen Rudolph, Betriebsrätin bei der Bayerischen Regiobahn und stellvertretende Landesvorsitzende der Eisenbahner-Gewerkschaft EVG. Der Landesvorsitzende Dirk Richter sagt: „Unsere Leute bekommen die geballte Frustration der Kunden ab.“

Eine Respekt-Kampagne der EVG in Zusammenarbeit mit dem Bundesverkehrsministerium soll das Bewusstsein schärfen. Mit Flyern, Plakaten und Informationen in den Sozialen Medien soll auf das Problem aufmerksam gemacht werden. „Wir fordern, dass eine Attacke auf Zug- und Buspersonal strafrechtlich genauso geahndet wird wie ein Angriff auf Polizisten oder Rettungskräfte“, sagt Richter. In der Eisenbahn konzentrierten sich gesellschaftliche Probleme „wie in einem Brennglas“ – weil im Zug viele Leute auf engstem Raum zusammensitzen.

Dass die Aggression zunimmt, zeigen Zahlen der DB Regio, die unserer Redaktion vorliegen. Demnach gab es 2021 bundesweit 933 einfache oder gefährliche Körperverletzungen gegen DB-Mitarbeiter, 2023 waren es 1275. Allein in Bayern schlugen Fahrgäste in Zügen im ersten Halbjahr diesen Jahres 185 Mal zu.

Schwarzfahrer schubst und beißt

Erst Ende Oktober gab es einen Fall: In einem Regionalzug von München nach Landshut wurde ein Zugbegleiter geschlagen – er versuchte einen Schwarzfahrer aufzuhalten, der in Langenbach einfach aussteigen wollte. Der Schwarzfahrer biss den Zugbegleiter in die Schulter und stieß ihn aus dem Zug. Verletzt wurde er ins Krankenhaus eingeliefert, der Täter flüchtete.

Die Zahl der Angriffe ist auch in den Zügen anderer Zugbetreiber angestiegen, berichtet Kathleen Rudolph. Insgesamt wurden bei Transdev, zu der die BRB gehört, 500 Vorfälle im Jahr 2022 bekannt. In diesem Jahr gab bis Oktober schon 390 Vorfälle, davon 90 tätliche Übergriffe.

Neben der strafrechtlichen Ahndung schlägt Richter vor, Zugbegleiter ähnlich wie Polizisten mit einer Bodycam auszustatten, „wenn sie das wünschen“. Zudem müsse mehr Sicherheitspersonal in die Züge. „Sicherheit kostet Geld. Der Einsatz von Security muss in den Ausschreibungen verankert werden.“

Dieser Punkt ist auch Kathleen Rudolph wichtig: „Wir fordern mehr Sicherheitspersonal in den Zügen, das muss aber von der BEG finanziert werden.“ Die BEG ist die Bayerische Eisenbahngesellschaft, die zum Verkehrsministerium gehört und den Zugverkehr bestellt. Bei der Ausschreibung für das Liniennetz im Oberland für die Jahre ab Dezember 2026 habe die BEG leider wieder gespart, berichtet Rudolph.

Nur für die Strecke Holzkirchen-München müssten alle Züge mindestens einen Zugbegleiter haben. Auf den Außenästen sei nur 30 Prozent Besetzung vorgeschrieben, obwohl in Zügen ohne Zugbegleiter das Unsicherheitsgefühl der Fahrgäste zunehme.

Auch interessant

Kommentare