Deutsche Schachmeisterin mit acht Jahren

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Mit der Meistertrophäe: Alicia Schaper spielt daheim auf einem historischen Schachbrett. Dahinter an der Wand hängt ein Geschenk von Mitschülern der Grundschule Tutzing mit Viel-Glück-Wünschen. © Photographer: Andrea Jaksch

Alicia Schaper aus Tutzing ist Deutsche Schachmeisterin in der jüngsten Altersklasse überhaupt. Im November fährt die Achtjährige zur Weltmeisterschaft nach Italien.

Tutzing - Bei der Familie Schaper gibt es sogar Schokolade im Schachfigur-Format: Der Besucher darf sich zwischendurch einen kleinen Bauern aus der Schüssel auf dem Esstisch gönnen. Und natürlich auch Alicia, die Tochter von Lucy und Stefan Schaper aus Tutzing. Wobei schnell klar wird: Auf Nerven- oder gar Hirnnahrung angewiesen ist die Achtjährige nicht. Und an Selbstbewusstsein mangelt es ihr ebenso wenig. Das Mädchen mit den zwei Zöpfen im langen braunen Haar darf sich schließlich seit kurzem Deutsche Schachmeisterin nennen. „Die Nachbarn wollen Autogramme von mir“, erzählt sie. Im November fährt sie zur Schach-Weltmeisterschaft nach Montesilvano in Italien.

27 Spielerinnen aus dem gesamten Bundesgebiet ließ sie in der Altersklasse U8 weiblich, der jüngsten überhaupt, hinter sich. Das Finalturnier der Deutschen Meisterschaft fand im hessischen Willingen statt, vier Tage weilte die dreiköpfige Familie dort. Alicia stand auf Platz 11 der Setzliste. „Sie wurde völlig unterschätzt. Mit dem Titel hat kaum einer gerechnet außer uns“, sagt Papa Stefan Schaper. Für die Eltern war der Ausflug fast noch aufregender als für die Tochter: „Meine Smart-Watch hat Alarm geschlagen, ich müsse mich beruhigen“, sagt Papa Stefan Schaper. „Wir brauchen jetzt wieder Urlaub“, scherzt Mama Lucy Schaper. Und sie erzählt: „Wir durften nicht in den Spielsaal.“ Wegen der potenziellen Einflussnahme oder Ablenkung.

Die beiden verfolgten die Spiele ihrer Tochter in einem Vorraum am Laptop. Sie sei dann aus dem Saal gekommen und habe von ihrem Sieg berichtet. „Da lief die Übertragung noch, die war verzögert“, berichtet Stefan Schaper. Vor der letzten Runde in Willingen war noch alles offen. Drei Spielerinnen teilten sich mit fünf Punkten die Spitze. Alicia, die durch Kontakte bei einem Turnier für den Schachklub Freilassing startete, sollte sich am Ende gegen zwei Vereinsfreundinnen aus Leipzig durchsetzen.

Wir haben letztens ihr Profilfoto aus der App genommen, damit sich die erwachsenen Gegner nicht so schlecht fühlen, wenn sie gegen ein Kind verlieren.

Welcher Spielertyp ist Alicia eigentlich? „Ich denke gerne lange nach, fünf bis sechs Züge im Voraus“, sagt die Achtjährige. Deshalb spiele sie auch kein Schnellschach, sondern lieber mit einer längeren Bedenkzeit. Den Vater als Gegner habe sie „längst abgehängt“, erzählt der. Gleichwertige Kontrahenten findet sie vor allem im Internet. Lucy Schaper sagt: „Wir haben letztens ihr Profilfoto aus der App genommen, damit sich die erwachsenen Gegner nicht so schlecht fühlen, wenn sie gegen ein Kind verlieren.“ An dieser Stelle ergänzt Alicia, sie sei in 92 Prozent der Duelle besser als die Online-Gegner.

Zum Schach brachte Alicia der Opa einst bei einem Besuch, da war sie gerade mal sechs Jahre alt. Auf einer Reise nach Australien fand sie es blöd, sich nicht mit anderen Kindern unterhalten zu können – da war sie drei und lernte schon bald Englisch. „Alles ist leicht für sie, wir müssen sie beschäftigen, damit sie sich nicht langweilt“, sagt Mutter Lucy Schaper. Neben dem privaten, zusätzlichen Englischunterricht spielt die Zweitklässlerin Klavier und macht Taekwondo.

Was ihr am Schach gefällt? „Man trainiert logisches Denken und lernt viel fürs Leben“, sagt die Achtjährige. Dass Mathe zu ihren Lieblingsfächern zählt, verwundert nicht. Für die Deutsche Meisterschaft hatte sich Alicia über regionale Kinderschachturniere, die oberbayerische und die bayerische Meisterschaft qualifiziert. Und für den bundesweiten Titel erhielt sie unter anderem kostenlose Trainerstunden bei der Bayerischen Schachjugend.

Die Vorfreude auf die WM in Italien, für die sie sich zeitweise von der Schule befreien lassen muss, ist groß. „Vielleicht kann die ganze Klasse mitkommen“, hofft Alicia. Ein liebevolles Geschenk ihrer Mitschüler hängt im Wohnzimmer der Schapers an der Wand: ein überdimensionales Schachbrett mit Viel-Glück-Wünschen. Alicia bekam es vor der Deutschen Meisterschaft. Ob sie manchmal doch mit anderen Tutzinger Grundschülern Schach spielt? Alicia antwortet kurz und knackig: „Manche halten keine 40 Züge aus, andere haben Angst.“

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