„Pubertärer Polizeihass“: Grüne-Jugend-Chefin erntet wegen Pullover Kritik von allen Seiten

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Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, zeigt sich mit polizeifeindlichem Pullover in den sozialen Medien. Nicht nur die Polizeigewerkschaft ist geschockt.

Berlin – Grundsätzlich kann Provokation ja durchaus ein Mittel der Wahl sein, das Gegenüber in Diskussionen aus einer kommunikativen Komfortzone oder Zurückhaltung zu locken. Doch provokante Aussagen sind immer auch ein schmaler Grat, dessen Balance gelernt sein will und das Risiko von Unverständnis und Ablehnung als Resultat birgt. Im Social-Media-Zeitalter lässt sich Provokation natürlich ebenso leicht verbreiten wie jegliche andere Inhalte, und zu einem solchen Schritt entschloss sich nun auch Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend.

„Eat the Rich“ oder „ACAB“ – Grüne-Jugend-Sprecherin Nietzard zeigt sich mit polarisierenden Symbolen

Am Samstag fragte die Grüne-Jugend-Sprecherin mittels einer Instagram-Story, welches Outfit ihre Follower für ihren Einzug in den Bundestag geeigneter halten. Beziehungsweise, welches der beiden modischen Accessoires, die Nietzard auf dem Foto trägt, Bundestagspräsidentin Julia Klöckner (CDU) wohl „schlimmer findet“. Als Auswahlmöglichkeiten bietet Nietzard ihren Followern einerseits eine Basecap mit einem Logo der Raupe Nimmersatt und der Aufschrift „Eat the Rich“ („Esst die Reichen“) sowie ein an Adidas angelehntes Sweatshirt, auf dessen Vorderseite anstelle des Markenlogos des Herstellers aus Herzogenaurach eine Stickerei mit der Aufschrift „ACAB“ zu erkennen ist.

Jette Nietzard, Sprecherin der Grünen Jugend, zeigt ihre Ablehnung der Polizei in den sozialen Medien. Und bringt nicht nur Polizeigewerkschaften gegen sich auf.
Die Bundessprecherin der Grünen Jugend, Jette Nietzard © IMAGO / Frank Turetzek

In subkulturellen und/oder politischen Szenen ist das Akronym „ACAB“ (English: All Cops Are Bastards“) ein bekanntes Symbol, Abneigung gegenüber der Polizei und ihren Vertretern zum Ausdruck zu bringen. Obwohl das Tragen von Kleidungsstücken oder Aufnähern mit dieser Aufschrift in der Öffentlichkeit dem strafrechtlichen Sachverhalt der Beamtenbeleidigung (§ 185 Strafgesetzbuch (StGB)) nahe kommen mag, ist die Kundgabe der Buchstabenkombination „vor dem Hintergrund der Freiheit der Meinungsäußerung nicht ohne weiteres strafbar“, wie das Bundesverfassungsgericht 2016 entschied.

Geteilt wurde Nietzards Beitrag auch von Bild-Redakteur Jan Schäfer auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter). Schäfer kommentierte: „Und morgen beklagen sich die Grünen wieder ganz laut über die „Spaltung der Gesellschaft“ sowie „Hass & Hetze.“

Polizeigewerkschaften beziehen Stellung – Grüne „als Partei der Mitte abgemeldet“

Weil Nietzard selbst in ihrem Beitrag in den sozialen Medien keine Angabe dazu machte, bleibt fraglich, ob sie sich mit der Provokation solidarisch mit dem Linken-Politiker und Bundestagsabgeordneten Marcel Bauer zeigen wollte: Bauer selbst war in der Vorwoche (15. Mai) wegen des Tragens einer Baskenmütze und dem damit einhergehenden Verstoß gegen die Hausregeln von Klöckner aus dem Bundestag verwiesen worden.

Eine Reaktion der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) ließ nicht lange auf sich warten. Ihr Vorsitzender, der 68-jährige Rainer Wendt, gab sich gegenüber der Bild-Zeitung empört: „Jette Nietzard agiert ja nicht alleine, sie wird für ihre Provokationen von ihrem Verband bejubelt“, sagte Wendt. Und schob hinterher: „Die sogenannte Grüne Jugend ist leider nichts anderes als ein wohlstandsverwahrloster Haufen von Linksextremisten, dem alles Potenzial für demokratisches Bewusstsein fehlt.“ Die Grünen seien „insgesamt als Partei der Mitte abgemeldet, wenn sie solche Chaoten weiter als ihre Jugendorganisation so agieren lassen“, betonte der DPolG-Vorsitzende.

Und auch der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Jochen Kopelke, kommentierte den Beitrag der Grüne-Jugend-Sprecherin: „Mit diesem pubertären Polizeihass und unsachlichen Aussagen will die Grüne Jugend offenbar Klicks generieren. Im Notfall ruft auch sie 110 und bekommt Hilfe von den Menschen, die sie so hasst. Ganz schön erbärmlich.“

Kritik an Nietzards Provokation kommt auch aus den Reihen der Grünen

Am Beitrag der 26-Jährigen wurde sich jedoch auch in ihrer eigenen Partei gestört: So bezog auch ihr Parteikollege und Ex-Bundestagsabgeordneter Volker Beck (Grüne) auf dem Kurznachrichtendienst X Stellung zum polarisierenden Beitrag der Grüne-Jugend-Sprecherin. Das Akronym ACAB bezeichnete Beck darin als „Ausdruck gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit gegen Polizist:innen“. „Für demokratische Politiker:innen inakzeptabel“, resümierte der Grünen-Politiker.

Wenig später äußerte sich auch Nietzard selbst noch einmal zu ihrem Beitrag in den sozialen Medien und der dadurch losgetretenen Debatte. „Einen Ort, wo 1/4 der Menschen rechts sind, wo mehr Einzelfälle existieren als man zählen kann, Munition verschwindet, und der strukturell rassistisch ist, aber nicht mal was dagegen tun will, werde ich nicht verteidigen.“ Demnach sei „ACAB ‘ne Systemkritik“ und „das System mehr als nur kritikwürdig“, schrieb die Sprecherin der Grünen Jugend in einem Instagram-Beitrag. 

Seit Oktober 2024 ist Nietzard neben Jakob Blasel Bundessprecherin der Grünen Jugend. Sie engagiert sich seit 2016 in politischen Bewegungen und trat 2021 und 2023 bei Berliner Wahlen an. Bereits zuvor zeigte Nietzard, dass ihr politischer Stil durchaus konfrontativ und angriffslustig ist.(fh)

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