Aussagen zum Ukraine-Krieg: Papst verwirrt Politiker und Bischöfe – Merz reagiert auf „grundfalsche” Worte

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Papst Franziskus hat sich mit seiner Rede zum russischen Krieg gegen die Ukraine viele Widerworte eingehandelt. © dpa

Die Worte des Papstes über Friedensverhandlungen und das Hissen der „weiße Flagge“ sorgen nicht nur in Kiew für Empörung. Selbst die deutschen Bischöfe halten manche Formulierungen für unglücklich.

München – Die Wellen um missverständliche Papst-Äußerungen zum Krieg in der Ukraine schlagen hoch. Während die katholische Kirche zu erklären versucht, dass der Papst nicht eine Kapitulation der Ukraine, sondern die Bereitschaft zu Friedensverhandlungen gemeint hat, reagiert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj mit scharfen Worten. Die Kirche sei bei den Menschen, sagt er per Videoansprache. „Und nicht zweieinhalbtausend Kilometer entfernt, irgendwo, um virtuell zu vermitteln zwischen jemandem, der leben will, und jemandem, der dich vernichten will.“

Papst-Kommentar zur Ukraine: Vatikan in der Kritik – „unglückliche“ Äußerungen

Franziskus hat angesichts des Kriegs in der Ukraine in einem Interview mit dem Radio- und Fernsehsender der italienischsprachigen Schweiz RSI gesagt: „Wenn man sieht, dass man besiegt ist, dass es nicht gut läuft, muss man den Mut haben, zu verhandeln.“ Franziskus wurde auch zu Forderungen nach „Mut zur Kapitulation, zur weißen Fahne“ gefragt. Darauf antwortete er: „Das ist eine Frage der Sichtweise. Aber ich denke, dass derjenige stärker ist, der die Situation erkennt, der an das Volk denkt, der den Mut der weißen Fahne hat, zu verhandeln.“

Die Deutsche Bischofskonferenz hat die Äußerungen als „unglücklich“ bezeichnet, den Papst zugleich gegen den Eindruck in Schutz genommen, der Ukraine eine Kapitulation nahezulegen. Der 87-Jährige gebrauchte in dem Gespräch auch die Formulierung von der „weißen Fahne“. Die weiße Fahne ist in Kriegszeiten das rechtlich geregelte Erkennungszeichen von Unterhändlern, sie wird aber auch als Zeichen der Kapitulation benutzt. „Diese Formulierung war unglücklich“, sagte Matthias Kopp, Pressesprecher der Deutschen Bischofskonferenz, der Deutschen Presse-Agentur. Der Papst habe damit aber nicht eine Kapitulation gegenüber dem Aggressor-Staat Russland gemeint, sondern die Bereitschaft zu Verhandlungen. Er habe ausdrücklich betont, dass Verhandeln „niemals eine Kapitulation“ sei. Aus Sicht der deutschen Bischöfe müsse die Ukraine selber abwägen, wann der Moment für Friedensverhandlungen gekommen sei.

„Ich teile sie nicht, ich halte sie für grundfalsch“: Merz äußert sich klar zu den Aussagen vom Papst

Das „C“ im Parteinamen verpflichtet, aber nicht grenzenlos: Als der CDU-Chef gestern zu den Ukraine-Thesen des Papstes gefragt wird, antwortet er klar: „Ich teile sie nicht, ich halte sie für grundfalsch“, sagt Friedrich Merz. Die Geschichte zeige, dass auch die Kirche „nicht frei von Irrtum“ sei. Und der Irrtum, dem Franziskus in Sachen Krieg und Frieden unterliegt, ist aus Merz’ Sicht gewaltig.

Für einen, der das Glaubensgefühl seiner Wähler immer mitbedenken muss, sind das deutliche Worte. Andererseits hatte Franziskus ja auch für breite Irritation gesorgt. Die weiße Fahne – in Kiew verstand man das als Affront, in Moskau bedankte man sich. Auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen, die gestern mit Merz auf dem Berliner Podium steht, äußert sich kritisch, wenn auch nicht so direkt wie der CDU-Chef. Niemand wünsche sich den Frieden mehr als die Ukrainer, sagt sie. Aber es müsse ein „gerechter Frieden“ sein, keine Okkupation. Es sei an Russlands Präsident Wladimir Putin, die Waffen niederzulegen. Kanzler Olaf Scholz (SPD) lässt erklären, nicht der Meinung des Papstes zu sein.

Beifall bekommt der Papst indes vom linken und rechten Rand der Opposition. Sahra Wagenknecht vom BSW nennt den Vorstoß des Papstes „mutig und klug“, der AfD-Fraktionsvorsitzende Tino Chrupalla schreibt, „jeder Amtsträger mit Einfluss auf die Weltpolitik sollte sich der Botschaft anschließen: Friede für Ukraine und Europa.“ Der Kreml hat nach dem umstrittenen Interview die Bereitschaft zu Verhandlungen über eine Beendigung des Konflikts betont. (Claudia Möllers, Marcus Mäckler, mit kna/dpa)

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