Freisings Rettungsdienste warten lange auf ihr Geld

  1. Startseite
  2. Lokales
  3. Freising

Kommentare

Beim Jahrhunderthochwasser Anfang Juni waren die Betroffenen froh um jede helfende Hand. Jetzt müssen die Rettungsdienste lange warten, bis sie das Geld vom Freistaat zurückbekommen (Symbolbild). © dpa/Kreisbrandinspektion Freising

Der Freistaat steht bei einigen Rettungsdiensten im Landkreis Freising ziemlich in der Kreide. Auf Geld, dass sie bei Einsätzen vorstrecken, warten sie zum Teil jahrelang. Und die Organisationen haben noch andere Sorgen. Die kamen beim Blaulichtgespräch auf den Tisch.

Freising – Die Liste der Dinge, um die sich Staatsminister Florian Herrmann (CSU) im Auftrag der Rettungsdienste des Landkreises Freising bitte kümmern solle, war lang. Beim Blaulichtgespräch wurde Tacheles geredet: Navis, THW, BRK, Johanniter, Wasserwacht und Malteser legten ungefiltert die Dinge auf den Tisch, die dringend geregelt gehören.

Ein besonderes Ärgernis ist, dass Rettungsdienste lange auf ihr Geld warten, das sie dem Freistaat vorstrecken. Sehr lange. BRK-Kreisgeschäftsführer Albert Söhl berichtete, dass allein beim Jahrhunderthochwasser, das den Landkreis im Juni heimgesucht hat, insgesamt 140 000 Euro vorfinanziert worden seien. Darin enthalten seien rund 40 000 Euro sogenannte Katastrophenfreistellung ehrenamtlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Sein BRK-Kollege Hubert Böck erklärte die Helferfreistellung: ein mehrseitiges Formblatt, das der Arbeitgeber ausfüllen müsse. Denn in der Zeit, in der ein BRK-Ehrenamtlicher im Einsatz ist, wird er zwar vom Arbeitgeber freigestellt. Die Kosten, sprich Lohn/Gehalt, trägt der Freistaat. Anhand der Angaben wird dem Mitarbeiter vom BRK sofort das Geld ausbezahlt, „weil der ja nicht auf seinen Lohn warten kann“. Warten hingegen muss das BRK, das sich das Geld wiederum vom Freistaat holt. „Und das dauert unter Umständen zwei Jahre“, sagte Söhl.

Ein Problem, das auch Navis kennt: „Bei unserem Einsatz im Ahrtal im Juli 2021 haben wir 120 000 Euro vorgestreckt. Das Geld haben wir vor drei Wochen zurückbekommen.“ Zwar sei dafür nicht der Freistaat, sondern der Wasserzweckverband in der Region zuständig gewesen, sagte Dr. Thomas Geiner, Stellvertretender Vorsitzender von Navis. Das Problem sei dasselbe.

THW-Chef Michael Wüst wies darauf hin, dass nicht jeder Rettungsdienst die finanziellen Mittel habe, Beträge im sechsstelligen Bereich auszulegen. Und er beklagte die Unterfinanzierung des Zivil- und Katastrophenschutzes ganz allgemein. Hier sei eine vernünftige Ausstattung das Mindeste, um im Ernstfall leistungsfähig zu sein. Wüst wurde deutlicher: „Ich bekomme ein Fahrzeug, kann es aber nicht ausstatten, etwa mit einer Wasserpumpe, weil die Mittel fehlen.“

Auch das Problem notierte sich Florian Herrmann: „Klar, die Mittel sind endlich. Aber hier geht es um die Frage der Priorisierung.“ Die gilt es laut Wüst dringend zu überdenken, denn, wie er es in drastische Worte fasste: „Wir können im Moment den Zivilschutz nicht leisten.“

Mit einem ganz anderen Problem hat Navis zu kämpfen. „Im Ahrtal waren wir zum ersten Mal national tätig und haben das zum Anlass genommen, uns künftig im Katastrophenschutz im eigenen Land zu engagieren. Wir können hier ein gewisses Angebot machen mit unserer Erfahrung, Ausrüstung und unseren Anlagen“, so Geiner.

Der große Haken an der Sache: „Bis dato sind wir keine offiziell anerkannte Katastrophenschutzeinheit, weswegen unsere Leute nicht freigestellt werden.“ Für den Einsatz im Ahrtal hätten die freiwilligen Helfer sich alle Urlaub genommen. „Das hat natürlich zu Verstimmungen geführt.“

Herrmann versprach, Navis in Moosburg zu besuchen und bei der offiziellen Anerkennung zu unterstützen. „Das wird für viele eine Erleichterung bringen.“ Geiner betonte: „Es gibt uns seit 20 Jahren, wir erfüllen alles, was andere Hilfsorganisationen auch mitbringen. Ich habe Angst, dass uns die Leute wegbrechen, wenn sie immer Urlaub nehmen müssen.“ Navis-Chef Michael Gmach war noch eins wichtig: „Das, was wir machen, tangiert Rettungsdienst und THW nicht.“ Eine Konkurrenzsituation sei also nicht zu befürchten.

Auch interessant

Kommentare