Vulkangefahr in Island: Die ganze Hauptstadt-Halbinsel bebt
Ganz Island blickt auf die Halbinsel Reykjanes. Die Region, in der auch die Hauptstadt liegt, zittert unter einem Vulkan. Der Boden hat sich stellenweise um einen Meter gehoben.
Reykjavik – Seit einem Monat herrscht auf der Halbinsel Reykjanes südwestlich der isländischen Hauptstadt Reykjavik Vulkan-Alarm: In der Nacht vom 10. auf den 11. November 2023 wurde die Region um die Hafenstadt Grindavik (3670 Einwohner) erschüttert, die Beben bewegten sich in Richtung der Stadt. Mitten in der Nacht mussten Einwohner ihre notwendigsten Habseligkeiten packen, die Behörden ließen sie evakuieren.
Experten befürchteten, dass sich unter Grindavik ein Magmatunnel gebildet hat und sich jederzeit eine Vulkanspalte in der Stadt öffnen könne. Das benachbarte Geothermie-Kraftwerk Svartsengi wurde ebenfalls geräumt, auch das nebenan liegende Thermalbad der Blauen Lagune; einem absoluten Touristen-Hotspot der Insel.

Vulkan lässt Island-Halbinsel zittern – Über 500 Erdbeben an nur einem Tag
Jetzt ist die ganze Halbinsel Reykjanes ist am Beben: 500 Erdstöße wurden alleine am Sonntag (3. Dezember) registriert, bis Dienstagnachmittag (5. Dezember) kamen weitere 149 Beben hinzu. Auffallend ist, dass sich bei Grindavík die Beben in einer Linie bewegen, die im Meer beginnt. Die Wissenschaftler vermuten, dass sich das Magma mittlerweile weg von Grindavík in Richtung Norden bewegt hat, wo das Geothermiekraftwerk in Svartsengi liegt. Dort habe sich auch der Boden angehoben.
Auf einen Meter haben sich die Aufwärtsbewegungen mittlerweile addiert. Offenbar steht der Ausbruch jetzt eher in dieser Region bevor, wie der Geophysik-Professor Magnús Tumi Guðmundsson in einem Interview mit dem isländischen Magazin Visir sagt.

Doch auch jenseits des mutmaßlichen Vulkantunnels zwischen Grindavik und Svartsengi kommt es zu Erdstößen: „Auffällig ist auch, dass es nicht nur entlang des Gangs bebt, sondern auch an anderen Spaltensystemen auf der Reykjanes-Halbinsel. Besonders viele Beben gibt es im Bereich von Krýsuvík und am Bláfjallaskáli“, berichtet der Vulkanblogger Marc Szeglat auf der von ihm betriebenen Info-Seite vulkane.net. Krýsuvík ist ein Vulkansystem etwa 20 Kilometer östlich von Grindavik, das zuletzt 1340 ausbrach und seit 2021 wieder mit Erdstößen für Aufmerksamkeit sorgt. Bláfjallaskáli ist ein Vulkanhügel 20 Kilometer nochmals weiter östlich. Auf ihm liegt ein kleines Skigebiet.
Nachbarvulkan brach erst im Sommer 2022 aus
Der isländische Vulkanologieprofessor Thorvaldur Thórðarson spricht in einem Interview mit der Zeitung MBL von einer möglichen unterirdischen Verbindung zwischen dem Vulkansystem von Svartsengi und dem Fagradalsfjall. Das ist ein Vulkan nur knapp zehn Kilometer östlich von Grindavik. Er brach zuletzt zwischen Juli und August dieses Jahres aus.
Thórðarson weiter: „Ein Teil des Magmas ist offensichtlich zum Aufstieg bereit. Die Bedingungen sind, dass das Magma starten wird, wenn es eine Gelegenheit sieht. Und es gibt genug Magma, was bedeutet, dass es eine Kammer gibt, die diese Funktion wirklich lange aufrechterhalten kann, vielleicht noch ein paar Jahre oder Jahrzehnte.“
Auch auf den phlegräischen Feldern im Süden Italiens wird ein Ausbruch des dortigen Supervulkans erwartet. In Indonesien kamen am Sonntag über ein Dutzend Bergwanderer bei einem Ausbruch des Marapi ums Leben.