Extremisten im Land sind „tickende Zeitbomben“: NRW-Innenminister Reul warnt vor neuer Gefahr

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Der NRW-Verfassungsschutzbericht zeigt: Extremismus ist eine wachsende Gefahr. Vor allem eine Gruppe macht den Sicherheitsbehörden Sorgen.

Düsseldorf – Man musste damit rechnen, dass der NRW-Verfassungsschutzbericht für das Jahr 2023 derart alarmierend ausfällt. Anzeichen gab es genug: Schon im November 2023 hatte Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski (CDU) im Interview mit IPPEN.MEDIA klargemacht: „Ich habe mir über die demokratische Verfasstheit unseres Landes noch nie so viele Sorgen gemacht wie jetzt.“

NRW-Innenminister Herbert Reul: „Radikalisierungsmaschine der Extremisten“

Nun scheint klar: Das Land hat ein massives Problem mit Extremismus aller Art. Die politisch motivierte Kriminalität ist in den Bereichen Rechtsextremismus, Islamismus und Linksextremismus deutlich gestiegen, wie es im Bericht heißt. Die Zahl der Gewaltdelikte mit politischer Motivation ist 2023 gegenüber dem Vorjahr um mehr als 36 Prozent gewachsen. Am Mittwoch (24. April) war der Verfassungsschutzbericht Thema einer Aktuellen Stunde im Landtag. Vor allem eine neue Gefahr bereite den Sicherheitsbehörden aktuell Sorge, sagte NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU).

NRW-Innenminister Herbert Reul in seinem Büro
NRW-Innenminister Herbert Reul. © Peter Sieben

Es sei eine regelrechte „Radikalisierungsmaschine der Extremisten“ in Gang: „Nicht nur auf der Straße, sondern vor allem im Netz. Und da wird es gefährlich.“ Islamisten und Rechtsextremisten gleichermaßen nutzten „die Ängste vor Krieg und Krisen“, um vor allem junge Menschen zu radikalisieren.

Islamistische Einzeltäter und radikale Rechtsextremisten: „Bereiten uns die größte Sorge“

„Im April vor einem Jahr richtete ein islamistisch motivierter Einzeltäter ein Blutbad in Duisburg an. Das ist typisch für jene Extremisten, die uns die größte Sorge bereiten”, sagte Reul. Gemeint seien im Grunde unauffällige Menschen, die sich „zu Hause im stillen Kämmerlein“ über das Internet von Extremisten ködern ließen, sagte der Innenminister. „Es ist ungeheuer schwer, diese Leute festzustellen. Das sind tickende Zeitbomben.“ 

Reul antwortet AfD-Mann: „Rechtsextremismus sickert in die Gesellschaft ein“

Die größte Gefahr gehe indes vom Rechtsextremismus aus. Der AfD-Abgeordnete Markus Wagner hatte im Vorfeld angemerkt, dass laut Bericht mehr Gewalttaten von Linksextremisten als von Rechtsextremisten ausgingen. Reul erwiderte: „Ich mache das nicht an Gewalttaten fest. Die Ideologie der Rechtsextremisten sickert in die Gesellschaft ein, und das ist gefährlich. Sie ist dringend zu bekämpfen.“ Nicht „aus Spaß und Dollerei“ habe der Verfassungsschutz deshalb etwa die AfD-Jugend „Junge Alternative“ als gesichert rechtsextrem eingestuft, mahnte Reul: „Es gab genügend Beweise.” 

Insbesondere im Bereich antisemitischer Straftaten gab es einen gewaltigen Anstieg von 106 Straftaten im Jahre 2022 auf 547 Taten im Jahr 2023. „Extremisten sind sich in einem einig: Hass auf Juden“, sagte Reul. Er versprach: „Die Sicherheit von Jüdinnen und Juden hat höchste Priorität in diesem Land.“

Kritik an Reul: „Da sind Sie leider noch etwas nackt auf der Brust“

Die Zeit der Analysen müsse vorbei sein, sagte der SPD-Abgeordnete Sven Wolf: „Wir sollten uns nicht überbieten in der Empörung, sondern wir sollten uns überbieten in den Lösungsideen dazu.“ Die Ansätze sind indes nicht neu: Der Verfassungsschutz brauche mehr Ressourcen, die Polizei müsse gestärkt werden. „Eigentlich aber sollten wir diese Debatte aus dem engen Bereich der Sicherheitspolitik lösen. Wir sind 18 Millionen in diesem Land und diese Diskussion geht uns alle an, damit wir unsere Demokratie gemeinsam verteidigen“, sagte Wolf.

Kritik am Innenminister kam vonseiten der FDP. „Sie haben die bedrohliche Lage zutreffend beschrieben“, so der FDP-Abgeordnete Ralf Witzel in Richtung Reul. „Lagebilder allein reichen aber nicht aus. Sie müssen spürbaren und messbaren Gegenmaßnahmen führen. Da sind Sie leider noch etwas nackt auf der Brust.“ Er sehe nicht, dass die Regierung das Theme innere Sicherheit hinreichend priorisiere.

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