Bricht Trump mit Netanjahu? US-Präsident soll künstliche Verlängerung des Gaza-Kriegs befürchten

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Donald Trump widerspricht im Gaza-Krieg Benjamin Netanjahu offen. Auch hinter den Kulissen soll der US-Präsident vom israelischen Ministerpräsidenten abrücken.

Washington – In seiner zweiten Amtszeit als US-Präsident verfolgt Donald Trump vor allem zwei Ziele. Das erste lässt sich mit vier Buchstaben zusammenfassen: MAGA. Amerika soll wieder groß werden. Um sein berühmtes Motto mit Leben zu füllen, geht er keiner Konfrontation aus dem Weg. Außenpolitisch demonstriert durch seine Zoll-Androhungen. Auch der jüngste Deal mit der EU dürfte den USA zugute kommen und Trumps Wirtschaft auf Kosten der Europäer stärken.

Sein zweites Ziel lautet: Frieden auf Erden. Denn nur dann kann sich der 79-Jährige voll und ganz auf sein Land konzentrieren. Daher kämpft er mit Worten darum, den Ukraine-Krieg und den Gaza-Krieg zum Ende zu bringen. Beides gelingt ihm bislang nicht annähernd. Bei Russlands Präsident Wladimir Putin ging Trump daher bereits von Verhandlungsangeboten und Telefonaten in offenbar freundschaftlicher Atmosphäre zu Drohungen über. Schon diese Wandlung überraschte viele Beobachter. Nun scheint er auch wegen des eskalierten Konflikts in Nahost die Geduld zu verlieren.

Trump reagiert auf Netanjahu-Aussage: „Diese Kinder sehen sehr hungrig aus“

Diverse Medien wie Politico, ntv oder die Süddeutsche Zeitung schreiben sogar davon, Trump scheine mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zu brechen oder zumindest von ihm abzurücken. Angeführt wird vor allem sein Widerspruch nach dessen Aussage, im Gazastreifen würde niemand infolge der israelischen Jagd auf die Kämpfer der radikalislamischen Palästinenser-Organisation Hamas hungern.

Sind beim Gaza-Krieg wohl längst nicht mehr einer Meinung: US-Präsident Donald Trump (l.) soll intern an Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zweifeln. © IMAGO / ZUMA Press Wire

„Wenn man sich das im Fernsehen anschaut (…) diese Kinder sehen sehr hungrig aus“, sagte Trump angesichts der Aufnahmen der Gaza-Bewohner, die sich etwa bei den Essensausgaben in Massen scharen. Und er fügte hinzu: „Ich sehe das und das kann man nicht faken. Also werden wir uns mehr einmischen müssen.“

Bereits in der Vergangenheit hatte sich gezeigt, dass das Leid von Kindern Trump besonders nahegeht. So ließ er 2017 einen Luftschlag auf eine syrische Militärbasis verüben, nachdem ihm Aufnahmen von jungen Opfern eines Giftgasanschlags auf Befehl von Syriens Diktator Baschar al-Assad gezeigt wurden. Auch wann immer in der Ukraine viele Kinder zu leiden haben, soll Trump den Ton gegenüber Putin verschärfen.

Israel und der Gaza-Krieg: Verlängert Netanjahu die Kämpfe zugunsten seiner politischen Macht?

Erst diese Woche, so schreibt The Atlantic unter Bezugnahme auf zwei Regierungsvertreter, hätten den US-Präsidenten Bilder eines Angriffs auf ein Pflegeheim in Kiew erschüttert. Die gleiche Quelle habe den Reportern auch verraten, Trump habe mittlerweile den Eindruck gewonnen, dass Netanjahu den Krieg im Gazastreifen eher ausweitet, als ihn wie vom Weißen Haus erhofft zu einem schnellen Ende zu führen.

Vielmehr würden der mächtigste Mann der Welt und einige seiner Berater sogar davon ausgehen, dass Israel seine militärischen Ziele bereits erreicht habe, Netanjahu mit immer weiteren Angriffen jedoch seine eigene politische Macht sichern wolle. Und obendrein Schritte unternehme, um einen möglichen Waffenstillstand zu behindern. Also den Krieg künstlich verlängere.

Im Zuge der Operation, die eine Antwort auf das Hamas-Massaker vom 7. Oktober 2023 ist, hat die israelische Armee bereits zahlreiche Führungsfiguren der Terror-Organisation getötet. Sie ließe sich also für Jerusalem als Erfolg verkaufen – wenn auch zu einem enorm hohen Preis.

Trump und möglicher Bruch mit Netanjahu: US-Präsident sieht wohl eher Hamas in der Verantwortung

Zugleich betonten die beiden Regierungsvertreter jedoch laut dem Artikel, sie würden nicht davon ausgehen, dass Trump Netanjahu in irgendeiner Weise zur Verantwortung ziehen würde. Dazu passt ein Post auf dem Social-Media-Dienst Truth Social, in dem der Republikaner feststellt: „Der schnellste Weg, die humanitäre Krise in Gaza zu beenden, wäre die Kapitulation der Hamas und die Freigabe der Geiseln!!!“ Noch immer sollen sich 50 der Verschleppten in den Händen der Hamas befinden, jedoch nur noch 20 von ihnen am Leben sein.

Allerdings gehen nicht alle Insider davon aus, dass sich Trump wirklich von Netanjahu abwenden wird. The Atlantic erwähnt auch zwei weitere US-Beamte, die die Meinungsverschiedenheit über die Zustände, unter denen die Gaza-Bevölkerung zu leiden hat, auf den „America First“-Ansatz des US-Präsidenten zurückführen. Er demonstriere damit, dass er sich seine Außenpolitik von keinem anderen Land diktieren lasse, auch nicht von Israel.

Kinder und Erwachsene lehnen mit Schüsseln an einem Zaun
Sie warten händeringend auf etwas zu Essen: Im Gegensatz zu Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nimmt US-Präsident Donald Trump den Hunger der Menschen in Gaza wahr. © IMAGO / Anadolu Agency

Laut einem der Beamten verliere Trump eher gegenüber der Hamas die Geduld als gegenüber Netanjahu. So lehnt er auch das Ansinnen von Frankreich, Großbritannien und Kanada ab, sich jenen Ländern anzuschließen, die Palästina als Staat anerkennen wollen, da dies einer Belohnung für die Terror-Organisation gleichkomme.

MAGA-Zoff wegen Gaza-Krieg? Trump muss immer mehr Kritik an Israel vernehmen

Dennoch bekommt Trump natürlich mit, dass es auch innerhalb seiner MAGA-Bewegung beim Blick auf den Gaza-Krieg rumort. Marjorie Taylor Greene, die als eine seiner größten Anhänger gilt, nutzte bereits den Begriff „Genozid“. Trumps einstiger Berater Steve Bannon und der einstige Fox-Moderator Tucker Carlson übten ebenfalls bereits Kritik an Israel.

Trump droht also nicht nur rund um den Fall Jeffrey Epstein MAGA-Zoff. Ob er deshalb den Bruch mit Netanjahu riskieren würde, also auch jenen zwischen Washington und Jerusalem? Eigentlich kaum vorstellbar. Und das nicht nur wegen der gemeinsamen Geschichte beider Nationen. Sondern auch einem wohl geschickten Schachzug von Netanjahu.

Während seines jüngsten Besuchs in den USA vor wenigen Wochen verkündete der israelische Regierungschef dem anscheinend überraschten Trump, dass er ihn für den Friedensnobelpreis vorgeschlagen habe. Dieser Auszeichnung soll der US-Präsident seit Jahren nacheifern. Entsprechend dürfte er diesen Schritt nicht so schnell vergessen. Und umso mehr den Eindruck gewinnen, dass er sich mit Netanjahu auf einer Wellenlänge befindet. (mg)

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