Große Mehrheit im Stadtrat für 20-prozentige Erhöhung ohne Staffelung

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Kinderbetreuung in Kaufbeuren: Ab September müssen Eltern deutlich Tiefer in die Tasche greifen. © Foto: halfpoint/PantherMedia

Im Streit um die notwendigen Gebührenerhöhungen bei der Kinderbetreuung in Kaufbeuren ist nun die endgültige Entscheidung gefallen. Mit großer Mehrheit haben sich die Stadträte für die „harte Variante“ entschieden: Die 20-prozentige Erhöhung der Beiträge ohne Staffelung ab Herbst 2024.

Kaufbeuren – Um die explodierenden Kosten bei der Kinderbetreuung teilweise zu kompensieren, standen drei Modelle zur Wahl (wir berichteten). Im Kern geht es darum, ob die Erhöhungen von 20 Prozent auf einen Schlag ab kommendem September gelten sollen (Modell 1) oder schrittweise in verschiedenen „Härtegraden“ über die kommenden Betreuungsjahre Modelle 2 und 3). Damit die Gebührenerhöhung nicht geballt im September kommt, hatten die Eltern einen Gesamtbeirat ins Leben gerufen und einen Brandbrief an OB und Stadträte verschickt. Diese Positionen legte Eva Brey als Sprecherin des Gesamtelternbeirats in der dem Stadtrat vorgelagerten Bürgersprechstunde nochmals dar.

20-prozentige Erhöhung ohne Staffelung – Für viele zu hart

20 Prozent Erhöhung, so die Auffassung der Eltern, sei für die meisten Familien angesichts der täglichen Kostenentwicklungen und Preissteigerungen zu viel. Vertretbar wäre eine schrittweise Erhöhung nach Modell 2 in den nächsten Betreuungsjahren. Als Kompromiss käme nach Ansicht der Eltern noch das Modell 3 in Frage, das die Beiträge ebenfalls schrittweise, aber etwas stärker steigen lässt.

Hinzu komme das Prinzip der Gerechtigkeit: Über Jahre hätten Kaufbeurer Eltern geringe Beiträge zahlen müssen, was die heutigen Eltern zu Opfern einer finanziellen Fehlplanung mache. Dazu komme, dass angesichts von Personalmangel, Notbetreuung und der Absenkung pädagogischer Standards die Kinderbetreuung immer mehr zu wünschen übrig ließe.

Stadträte bleiben mehrheitlich hart – 20-prozentige Erhöhung ohne Staffelung

Voll auf Linie der Eltern war nur Paul Meichelböck (Bündnis Sahra Wagenknecht): 20 Prozent seien angesichts der unilateralen Teuerungen und Kostensteigerungen zu hoch. Doch auch Peter Kempf (FW) war grundsätzlich bereit, den Eltern entgegenzukommen, auch wenn seine Fraktion in der Frage gespalten sei. Kempf schlug ein „Modell 4“ vor, das die Anhebung der „harten“ Variante 1 auf die Betreuungsjahre 2024/25 und 2025/26 gleichmäßig verteilt. Pascal Lechler (SPD) betonte die hohe finanzielle Beteiligung der Stadt, das allein schon entlaste die Eltern. Betreuungsberufe müssten attraktiv und daher gut bezahlt sein.

Große Mehrheit im Stadtrat für 20-prozentige Erhöhung – Schill demontiert Argumentation der Eltern

Klar auf Linie der Verwaltung und damit bei Modell 1 war Oliver Schill, 2. Bürgermeister und Fraktionssprecher der Grünen. Er erinnerte an die selbst auferlegte Haushaltsdisziplin und verbot sich einen Vergleich mit den (vergleichsweise geringen) Steueranhebungen. Die Bereitschaft der Eltern, mit dem Kompromissmodell 3 leben zu können, wertete Schill als emotional gesteuert und nicht durchdacht.

Anhand eines Beispiels rechnete er vor, dass einige Eltern bereits im zweiten Jahr mit Modell 3 schlechter gestellt wären als mit der harten Variante 1. Dann baute er die von Referatsleiterin Cornelia Otto zuvor nur angedeutete Drohkulisse der Freien Träger aus: Diese stünden teilweise mit dem Rücken zur Wand, so Schill: „Ich habe Signale von kirchlicher Seite bekommen, man trägt sich mit dem Gedanken auszusteigen. Und wenn die Freien Träger die Betriebe schließen, sind wir [die Stadt] in der Pflicht.“

Es sei nicht populär, sich so zu äußern, sekundierte ihn OB Bosse, aber notwendig. Die Freien Träger befänden sich in einer „existenzbedrohenden Situation“.

Stadtrat beschließt 20-prozentige Erhöhung der Betreuungsbeiträge – Position der Freien Träger blitzt auf

Pikant dabei allerdings die Tatsache, dass kurz zuvor – und auch nochmals am Ende des Tagesordnungspunktes – auf der Video-Präsentation der Stadtverwaltung für Sekunden eine Folie sichtbar war, auf der stand, aus Sicht der Träger sei Modell 2 undenkbar, Modell 3 (mit dem sich auch die Eltern zufriedengegeben hätten, und das Schill soeben zerrissen hatte) aber schon.

Dennoch -– und für Eva Brey unbegreiflich – sprach sich die überwiegende Mehrheit (bei sechs Gegenstimmen der Freien Wähler und Paul Meichelböck) der Stadträte für Modell 1 aus. „Ich bin sehr enttäuscht von der Entscheidung des Stadtrats, aber auch über den Verlauf der Diskussion. Die Ergebnisse des Treffens der Freien Träger wurden unzureichend erläutert, denn diese hätten durchaus Modell 3 für denkbar gehalten“, so Brey. „Ebenso wurde gesagt, dass die freien Träger sich einheitlich für Modell 1 ausgesprochen haben, was nicht stimmt.“

Schill dazu auf Nachfrage der Redaktion: Er habe ausführlich vorgerechnet, dass Modell 3 gegenüber Modell 1 unterm Strich zu einer Mehrbelastung für die Eltern führen würde. Dass die Träger damit leben können, sei verständlich. Mit Blick auf alle Eltern – auch der Eltern der kommenden Betreuungsjahre, die derzeit von niemandem vertreten werden – sei daher Modell 1 der Vorzug zu geben, so Schill.

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