Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft wirken: Wichtige Branche kämpft ums Überleben
Die russische Flugbranche sieht sich mit wachsenden Herausforderungen konfrontiert. Westliche Sanktionen zwingen zu drastischen Umstrukturierungen und gefährden die Existenz vieler Fluggesellschaften.
Moskau - Russlands Flugsektor kämpft zunehmend mit Einschnitten aufgrund westlicher Sanktionen. Im Jahr 2022 startete Wladimir Putin den Angriffskrieg auf die Ukraine. Kurz darauf zeigte sich der stellvertretende Verteidigungsminister Juri Borissow im Kabinett optimistisch, russische Airlines mehrheitlich bis 2030 mit russischen Teilen auszustatten, darunter der Neubau von 1036 neuen Passagierflugzeugen. So wolle sich der Sektor vom Westen unabhängig machen. Etwa zweieinhalb Jahre später müssen die Ansprüche der russischen Regierung stark zurückgeschraubt werden – es fehlt an westlichen Produktionsteilen und Personal. Für viele Fluggesellschaften könnte es 2025 zum Aus kommen.

Westliche Flugmodelle in Russland müssen gewartet werden – Fluggesellschaften drohen Abstriche wegen Sanktionen
Russlands Ambitionen, die Flugbranche unabhängig vom Westen zu machen, scheint trotz der Beschlagnahmung westlicher Flugzeuge nicht gut zu laufen. Noch vor dem Ukraine-Krieg war der Großteil der russischen Airlines im Ausland registriert, per Dekret ermöglichte es Putin nach Kriegsbeginn ausländische Flugzeuge in Russland unter den Namen der russischen Airlines neu zu registrieren – und damit zu beschlagnahmen. Die ausländischen Flugzeuge, die sich im Landesinneren befanden, haben ihren Weg daher nicht zurückgefunden. Rund 160 der gekaperten Flugzeuge wurden mittlerweile von großen russischen Airlines wie Aeroflot oder Ural Airlines zurückgekauft, 200 der geleasten Flugzeuge befinden sich weiterhin illegal im Land.
Die russische Flugbranche hielt sich über Wasser in 2022 dank staatlichen Subventionen und der Umstellung von Auslands- auf Inlandsflüge, steht jedoch mittlerweile vor großen Herausforderungen. Viele der ausländischen Flugzeuge im Land benötigen Wartung – eine Dienstleistung, die aufgrund westlicher Sanktionen im Ausland nicht mehr erbracht werden darf. Dies hat zur Folge, dass russische Airlines ihre Airbus-Modelle teilweise nicht mehr einsetzen können. Laut Tagesschau betrifft das etwa zehn bis 15 Prozent der Flugzeuge der Fluggesellschaft S7 – insgesamt betrifft es rund zehn Prozent der ausländischen Flugzeuge in Russland.
Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft: Russische Flugzeughersteller sind auf westliche Teile angewiesen
Bis zu 80 Prozent sind einige der Flugmodelle in Russland auf ausländische Komponenten angewiesen. Das Ersetzen der westlichen Teile stellt sich wohl in dieser kurzen Zeitspanne als schwieriger heraus als gedacht, denn Ende November wurden drei Chefs russischer Flugzeughersteller entlassen, darunter die Leiter von Jakowlew, Tupolew und dem Kasaner Flugzeugwerk. Alle drei Unternehmen gehören zur Luftfahrtholding OAK, die Teil des staatlichen Industriekonglomerat Rostec ist. Laut einer Aussage von OAK zu den Entlassungen wolle man nun die Produktion selbst in die Hand nehmen, um „in einer beispiellos kurzen Zeit die Aufgaben der Importsubstitution, der Zertifizierung und des Starts der Serienproduktion ziviler Inlandsflugzeuge umzusetzen“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung berichtet.
Etwa 2,5 Milliarden Euro aus dem Nationalen Wohlfahrtsfonds sollen bis 2030 in die Herstellung neuer Passagierflugzeuge investiert werden. Doch Russlands Wirtschaft ist auf den Krieg ausgerichtet. Die russische Regierung plant bereits, die Produktion von Triebwerken von 192 auf 128 zu reduzieren.
Sanktionen gegen Russlands Wirtschaft verschlimmern Arbeitskräftemangel
Durch den Wegfall der ausländischen Routen sind viele Fluggesellschaften zudem auf Sparmaßnahmen angewiesen. Die Demografie Russlands sowie der Verlust an Arbeitskräften durch den Einsatz im Krieg sorgen für einen Arbeitskräftemangel. Aus diesem Grund konnten etliche Flüge in diesem Sommer nicht durchgeführt werden. Der Mangel an Einzelteilen durch westliche Sanktionen erhöht zudem das Flugrisiko. Laut Nowaja Gaseta Europa stieg die Zahl der Flugunfälle durch Defekte an der Maschine in diesem Jahr um 30 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.