Sondersitzung zum Thema Asyl in Bernbeuren – Bürgermeister kritisiert Berichterstattung

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Beispiel einer Thermohalle. Den Standort an der Auerberghalle hält Bernbeurens Gemeinderat dafür weiterhin für ungeeignet. © LRA Weilheim-Schongau

Bernbeuren – „Zwangszuweisungen sind nicht rechtmäßig“; auch weitere „Drohgebärden“ aus dem Landratsamt entbehren weitgehend jeder Grundlage – so sieht es Bernbeurens Gemeinderat. In einer Sondersitzung machte Bürgermeister Karl Schleich sich Luft, auch über seiner Meinung nach lückenhafte und falsche Berichterstattung in der Tagespresse.

„Wenn nichts passiert, werde man die Asylbewerber vors Rathaus stellen“, wird Bernhard Pössinger vom Sachgebiet Asyl in der Tageszeitung zitiert. „Bernbeuren muss sich dann um die komplette Unterbringung und Versorgung kümmern“. Aussagen, so Gemeinderätin Silvia Morasch, die falsch seien. Denn laut der Verordnung zur Durchführung des Asylgesetzes (DV Asyl) aus dem Jahr 2016 werde kein Gesetz bzw. Verordnung dahingehend erwähnt. Und was die Versorgung, vor allem auch die finanzielle Seite, angeht, so sei und bleibe das Landratsamt in der Verantwortung.

Auf gut eineinhalb Seiten hatte Schleich die Situation festgehalten, die Entwicklung der vergangenen zwei oder drei Monate analysiert und die Berichterstattung moniert. Das beginnt mit der Zahl der erfassten bzw. aktuell untergebrachten Menschen im Ort: Seit Beginn des Kriegs habe man im Schnitt 25 ukrainischen Geflüchteten Obdach gewährt, aktuell seien es 19. Und eben nicht null, wie zu lesen war. Nach Aussagen aus dem Landratsamt zählen privat untergebrachte Flüchtlinge aber nicht in die Statistik. „Das ist haarsträubend“, beklagte Schleich. „Die Leute sind ja da und sie werden von der Kommune solidarisch getragen“.

Was den vom Landratsamt abgefragten Standort für ein Thermozelt angeht, hat der Bürgermeister eine eindeutige Meinung: Jener an der Auerberghalle sei ungeeignet. Es sei bequem, den relativ ebenen, gekiesten Platz zu fordern. Aber weder seien der Parkplatz und vor allem die Kanalisation für einen Dauerbetrieb geeignet, noch optimal für die Unterbringung Geflüchteter. Auf dem Sportplatz, in der Mehrzweckhalle sowie den Vereinsheimen herrsche reger Betrieb, auch brauche man den Parkplatz. Insbesondere verwies Schleich darauf, dass hier vor allem jungen Menschen, die Sportjugend, junge Mädchen und Frauen unterwegs seien und man keinen sozialen Brennpunkt schaffen wolle. Zudem hülle man sich beim Landratsamt über die Dauer der Belegung in Schweigen, im kommenden Jahr richten Bernbeurer Vereine aber zwei große Veranstaltungen aus. Dann habe man keinen Platz mehr für ein Festzelt. Außerdem sei es mit dem Frostschutz am Parkplatz nicht weit her, weder Kanal noch Stromkabel liegen in ausreichender Tiefe.

Man habe dem Landratsamt mit dem Filserhaus eine Alternative angeboten, die bis vor Kurzem noch genutzt wurde, sodass die Ertüchtigung nicht so gravierend ausfallen müsste, fuhr der Bürgermeister fort. Demgegenüber hatte es in der Tageszeitung geheißen, dass es unklar sei, ob und in welcher Zeit das Filserhaus hergerichtet werden könnte. Nach aktuellem Stand scheine es aber möglich, nachdem kurz nach dem Martinstag Vertreter des Landratsamtes mit Architekten und Planern vor Ort waren, so Schleich. „Es bewegt sich schon was“ – man stehle sich eben nicht aus der Verantwortung.

Auch hierzu hatte Morasch Informationen, denn man sei mit dem Angebot des Filserhauses der Mitwirkungspflicht nachgekommen und habe explizit auch auf die Problematik an der Auerberghalle hingewiesen. Denn, so die Gemeinderätin, Geflüchtete hätten ein Anrecht auf Schutz und man dürfe sie nicht in Gefahr in einem möglichen sozialen Brennpunkt bringen. An der Auerberghalle sei das Risiko, dass einen Situation eskalieren könnte, vor allem mit bislang noch nicht näher bezeichneten Geflüchteten (junge Männer, Familien, Frauen oder Kinder?), groß. Die Kommune habe ihr Soll erfüllt und ausreichend Angebote gemacht bzw. ihren Beitrag geleistet.

Schlussendlich kritisierte Schleich eine, so sieht er es, mangelnde Recherche bei der Berichterstattung in der Tageszeitung. So habe seiner Meinung nach niemand die Drohung der zwangsweisen Zuweisung und das genannte Beispiel aus dem Landkreis Bad Tölz überprüft. Weder habe man in Sachsenkam einfach Asylbewerber „abgeladen“, noch habe es Beschlagnahmen oder Enteignungen gegeben. Ohnehin wären diese Maßnahem, so sie rechtens wären, nicht verhältnismäßig, folgerte Schleich, weil seitens Bernbeurens immer Mitwirkungsbereichtschaft vorhanden gewesen sei. Mittlerweile fehle ihm der Glaube, dass „es wird, wie versprochen“. Dies auch im Hinblick auf die Menschen, die kommen könnten, vom „Minderjährigen bis zum Straffälligen“ könnte alles dabei sein.

Auch in der Bevölkerung macht sich Skepsis breit. So zeigten sich die Teilnehmer des früheren Helferkreises frustriert, auch aufgrund fehlender Unterstützung. Exemplarisch wurde dann der Antrag gestellt, ob man nicht im Rahmen einer Bürgerversammlung die Bevölkerung zu dem Thema befragen und darüber abstimmen lassen könnte. Das sei nicht möglich, so Schleich, nachdem die Kreisbehörden stellvertretend für die Kommunen entscheiden und diese übergehen können. Allerdings ließ sich der Bürgermeister vom Gemeinderat bestätigen, dass, sollte die Kreisverwaltungsbehörde Zwangsmaßnahmen anordnen, man dagegen rechtlich vorgehen werde.

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