Studie: Wer mehr arbeitet, hat oft weniger Geld – Forscher kritisieren Sozialleistungen
Eine Studie bemängelt, dass der Staat in einigen Fällen Beschäftigten, die mehr arbeiten, mehr Geld wegnimmt, als sie hinzuverdienen. Auch ein Verbesserungsvorschlag wird gemacht.
Berlin - Im Koalitionsvertrag hatten die Ampelparteien vereinbart, eine Reform auf den Weg zu bringen, „die Bürgergeld (früher Arbeitslosengeld II), Wohngeld und gegebenenfalls andere steuerfinanzierte Sozialleistungen besser aufeinander abstimmt“, um die Arbeitsanreize zu stärken. Zuvor soll jedoch eine wissenschaftliche Kommission ein Reformkonzept für stärkere Arbeitsanreize erarbeiten.
„Wir können die Kindergrundsicherung erst dann im Bundestag beschließen, wenn auch die Ergebnisse dieses Forschungsauftrages vorliegen und eingearbeitet sind“, sagte Johannes Vogel, Parlamentarischer Geschäftsführer der FDP-Fraktion, Anfang Oktober der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Diese scheinen nun vorzuliegen.

Studie zum deutschen Sozialsystem: Wegfall von Sozialleistungen konterkariert Hinzuverdienst
Die Studie des Ifo-Instituts und des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) im Auftrag des Bundesarbeitsministeriums zeigt Mängel im deutschen Sozialsystem auf, schlägt aber auch Verbesserungen vor. Diese könnten nach Ansicht der Süddeutschen Zeitung, der die Studie vorliegt, die Sozialpolitik und insbesondere die geplante Kindergrundsicherung verändern.
Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass der Staat den Arbeitnehmern in einigen Fällen den gesamten zusätzlich verdienten Lohn wieder abziehen würde. Grund ist der Wegfall von Sozialleistungen. In manchen Konstellationen würde sogar mehr abgezogen als hinzuverdient. „Die Kindergrundsicherung ändert daran wenig“, zitiert die Süddeutsche Zeitung aus der Studie. Unter dem Strich hieße das: Wer mehr arbeitet, hat weniger Geld zur Verfügung.
Studie zum deutschen Sozialsystem: Durch Abbau von weniger Sozialleistungen soll sich Mehrarbeit lohnen
Damit es nicht so weit kommt und mehr Arbeit in jedem Fall mehr Geld bedeutet, schlägt die Studie vor, den Arbeitnehmern deutlich mehr von ihrem Lohn zu lassen als bisher. Dafür sollen weniger Sozialleistungen abgebaut werden. Das hätte allerdings zur Folge, dass mehr Arbeitnehmer als bisher Anspruch auf staatliche Unterstützung hätten, weil diese mit steigendem Einkommen nicht mehr so schnell abschmelzen würden, wie bisher.
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Dennoch sehen die Forscher eine solche Maßnahme positiv, da im günstigsten Fall tausende Menschen zusätzlich eine Arbeit aufnehmen oder ihre Arbeitszeit erhöhen würden. Das könnten 160.000 Vollzeitstellen sein. Da diese Menschen Steuern und Sozialabgaben zahlen und zum Teil weniger staatliche Unterstützung benötigen, könnte der Staat Mehreinnahmen von bis zu 1,1 Milliarden Euro pro Jahr erzielen.
Studie zum deutschen Sozialsystem: Bundesarbeitsministerium ist skeptisch
Im Bundesarbeitsministerium scheint man nach Informationen der Süddeutschen Zeitung jedoch nicht von der Machbarkeit der in der Studie gemachten Vorschläge überzeugt zu sein. Demnach ist offen, wie viele Menschen zusätzliche staatliche Leistungen beziehen müssten oder ob Alleinerziehende tatsächlich länger arbeiten, wenn etwa die Kinderbetreuung nicht gesichert ist.