Festsaal zum Beben gebracht: A-cappella-Bands heizen Publikum in Holzkirchen ein

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A-cappella auf den Punkt: Die Band Ostbahngroove um Leiterin Agnes Haßler begeisterte mit perfekt abgestimmten Einsätzen und Dynamik im Piano und Forte. © Steffen Gerber

Ostbahngroove meets Twäng – das Doppelkonzert der beiden Jazz- und Popchöre hat den stuckverzierten Festsaal des Holzkirchner Oberbräu am Samstagabend vor Begeisterung beben lassen.

Holzkirchen – Selbst ergraute Männer im Trachtenlook haben sich vom Sound der gut 35 Chormitglieder anstecken lassen: Schon mit Beginn des Konzerts der Band Ostbahngroove bewegten sich wirklich alle zum Rhythmus der Songs. Die Jüngeren im Publikum grölten und pfiffen sich die Seele aus dem Leib.

Während der 2015 von Agnes Haßler, vormals Schlaghaufer, gegründete Chor mit Wurzeln aus der Region um Miesbach durch seinen absolut homogenen und unverwechselbaren Klang, auch mit mehr Dynamik im Piano und Forte, besticht, liefert die aus Freiburg im Breisgau stammende Formation im lila, pinken, blauen und grünen Outfit samt Glitzer im Gesicht die perfekte Bühnenshow ab. Beide Bands lernten sich 2018 beim Deutschen Chorwettbewerb kennen und schätzen sich seitdem. Twäng hat sich zum zehnjährigen Bestehen eine Tournee durch deutsche Städte geschenkt. Und auch nach Holzkirchen wollten sie zum Singen und Feiern kommen. „Herzlichen Dank, dass Ihr unsere Selbsteinladung angenommen habt“, sagte denn auch augenzwinkernd ein Twäng-Mitglied an die Adresse von Ostbahngroove und schwärmte vom opulenten Buffet der Gastgeber.

Die Heimmannschaft hatte zu Konzertbeginn den Takt vorgegeben und mit mehr als zehn Songs bewiesen, dass sie 2023 zu Recht beim Deutschen Chorwettbewerb in ihrer Kategorie den ersten Preis abgesahnt hatte. Alle Einsätze kommen auf den Punkt gemeinsam, die Solisten fügen sich selbstlos in den absolut geschlossenen Chorklang ein, wenn sie das Mikro wieder abgelegt haben, die nicht übertrieben eingesetzte Bodypercussion ist eine Augenweide.

Beatboxer ahmen Schlagzeug nach

Agi Haßler macht es mit vollem Körpereinsatz von Kopf bis Fuß vor. Sie wiegt sich am Dirigentenpult im Rhythmus, Hände und Arme setzt sie dagegen sparsam ein, die Sängerinnen und Sänger folgen ihr ohnedies auf jeden Fingerzeig. Wer nur einmal versucht hat, zusammen mit anderen auf die Zehntelsekunde gleichzeitig zu klatschen, weiß, wie lange es dauert, bis es klappt. Bei Ostbahngroove klappt es – aber so was von. Ein Genuss ist auch zuzuhören, wie die menschlichen Beatboxen mit Lautmalerei das Schlagzeug geben.

Mucksmäuschenstill wurde es bei den nachdenklicheren Liedern, wenn etwa eine Mitsängerin von ihrer Angst ums Alleinsein berichtet, dass sie der folgende Song aber dennoch zuversichtlich stimme. Zum Schmunzeln regte hingegen die Anekdote von der Bewerbung eines nicht mehr ganz so jungen Sängers bei Ostbahngroove an, der von der Leiterin mit Verweis auf sein Geburtsdatum zum Vorsingen eines ganz speziellen Titels eingeladen wurde, diesen aber vorher nicht erfuhr. Als er vor Agnes Haßler stand, sollte er passenderweise „When I was young“ interpretieren. Beim Konzert im Oberbräu bewies er einmal mehr, dass er die Prüfung bestand und seinen Platz im Chor längst gefunden hat.

Nach der Pause stürmte Twäng im Laufschritt die Bühne. Jedes der ebenfalls an die 40 Chormitglieder mit eigenem Mikro ausgestattet, liefert die Formation eine perfekt choreografierte Popshow ab, die das Publikum von der ersten Sekunde an mitreißt. Zum Piepen komisch ist etwa der Song von der Eitelkeit vor der Kamera („Ich bin so schön, es ist mir peinlich“), bei dem sich die Protagonisten wie Models räkeln. Was so leicht aussieht, ist hart erarbeitete Performance, die einer Art Drehbuch folgt. Markenzeichen der Band sind die beiden Beatboxer Johannes Jäck und Julian Knörzer, letzterer ist seit diesem Jahr zugleich Leiter von Twäng. Beide geben mit Lauten das Schlagzeug, wofür andere Trommeln und Becken brauchen. Paul Winterer

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