Anwalt über Bauernproteste: „Straßenblockaden sind Nötigung“ – droht Bauern der Führerschein-Entzug?

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Mit tausende Traktoren versperren Bauern seit Anfang Januar die Straßen in Deutschland. Doch war das alles rechtens? Den Bauern drohen Strafen.

München – Stundenlang standen sie im Stau. Auto an Auto, es ging nicht vor und nicht zurück. Wer weit vorne stand, konnte es sehen und hören: blinkende Lichter, lautes Hupen, ratternde Motoren. Der Bauernverband sorgte mit tausenden Traktoren in ganz Deutschland für einen Stillstand auf den Straßen. Proteste, Blockaden, Kundgebungen – eine Autofahrt musste gut überlegt sein, um nicht im Stau und Chaos zu landen und seine Geduld auf die Probe gestellt zu sehen. Hat das nun ein Nachspiel für die Bauern?

Zuletzt wurden Heuballen und Misthaufen von den Protestierenden auf den Straßen abgeladen und damit Verkehrswege blockiert. Der bayerische Polizeipräsident wurde deutlich: „Das geht eindeutig zu weit!“ Gerade auf Autobahnen stellen Hindernisse und Blockaden eine große Gefahr für die Autofahrer dar. Doch welche Konsequenzen gibt es für die Protestaktionen der Bauern?

Freiheitsstrafen oder Geldstrafen: Bauernproteste sind laut Strafgesetzbuch eine Nötigung

„Die Straßenblockaden der Bauern stellen eine Nötigung dar“, sagte Verkehrsexperte Uwe Lenhart bei t-online. Denn nach § 240 des Strafgesetzbuch (StGB) heißt es, dass andere Verkehrsteilnehmer rechtswidrig zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung genötigt werden. Das heißt: Autofahrer werden bewusst in den Stau geschickt oder dazu gezwungen, lange Umwege zu fahren. Je nach Fall sind Freiheitsstrafen bis zu drei Jahren oder Geldstrafen als Strafe angesetzt.

Viele Bauern legten mit ihren Protestaktionen in ganz Deutschland den Verkehr lahm. Droht nun ein Nachspiel? © Nikolai Kislichko/Imago

Und damit nicht genug: Laden die Bauern einen Misthaufen auf der Straße ab, beeinträchtigen sie die Sicherheit des Straßenverkehrs. Leib und Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen sind in Gefahr, womit § 315b StGB greift. Auch hier sind Geldstrafen oder Freiheitsstrafen von bis zu fünf Jahren vorgesehen.

Führerschein und Steuerbefreiung in Gefahr?

Und auch der Führerschein und die Steuerbefreiung sind in Gefahr. Denn: Um mit den Traktoren auf den Feldern arbeiten zu dürfen, langt die Führerscheinklasse T und L, mit denen sie maximal 60 oder 40 km/h fahren dürfen. Ein Erwerb der Klassen C und CE für Lkw wäre für die Straße notwendig. Fahrzeuge, die zu land- und forstwirtschaftlichen Zwecken genutzt werden, sind mit einem grünen Kennzeichen zudem von der Steuer befreit.

Und hier ist das Problem: „Nur bei tatsächlichem Einsatz des Fahrzeugs für land- und forstwirtschaftliche Zwecke genügen die Führerscheinklassen T und L“, erklärt Lenhart. Ein Traktor auf einer Demonstration gehört da sicherlich nicht dazu. Besitzt der Fahrer keinen Lkw-Führerschein, so ist er streng genommen ohne Führerschein unterwegs. Geldstrafen oder Fahrverbot kommen auf Ersttäter zu.

Und auch das grüne Kennzeichen und seine damit einhergehende Steuerbefreiung hat seine Richtlinien. Damit ausgestattete Fahrzeuge dürfen nicht privat genutzt werden. Nur nach Beantragung einer Kraftfahrzeugsteuer ist die möglich. Darauf hatte nicht zuletzt der Zoll hingewiesen, als die Bauernproteste starteten.

Hat die „Letzte Generation“ mehr Polizei-Ärger als die Bauern-Blockaden?

Zuletzt drängte sich auch die Diskussion über die unterschiedliche Behandlung von Protestierenden auf. Klimakleber der „Letzten Generation“ werden von der Straße gezerrt, während die Polizei bei den Bauernstreiks mit den Veranstaltern zusammenarbeitete. Auf Anfrage von IPPEN.MEDIA erklärte Anwalt Dr. Alexander Betz: „Im Prinzip gibt es keinen Unterschied.“ Jedoch verzichtete die Klimagruppe oft bewusst darauf, Protestaktionen anzumelden, um Chaos zu stiften.

„Die Landwirte haben eine andere Lobby, als die Klimaaktivisten – so zumindest mein Eindruck. Wenn der örtliche Bauernverband kommt, hat das schon ein anderes Gewicht, als wenn das drei Klimakleber sind“, meinte Betz. Doch auch die Bauernproteste könnten teils rechtliche Folgen haben. (mg)

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