„Polizeiruf 110“ heute aus München: Spiel mit dem Feuer
Die Stimmung zwischen den Ermittlern ist latent explosiv in diesem Krimi um eine unbekannte Brandleiche. Und dann funkt es auch noch zwischen Cris Blohm und einem Kollegen. Unsere Kritik zum sehenswerten Münchner „Polizeiruf“ mit dem Titel „Funkensommer“ (Achtung Spoiler!).
Ihren Kollegen hält man für ihren Chef, ihre Fragen am Tatort werden nicht beantwortet – und dann fällt die Ermittlerin auch noch wie im Slapstick rückwärts in ein Beweisstück. Kaum zu glauben, dass diese Frau, die sich schon gegen den Taxifahrer nicht durchsetzen kann, diesen Fall um eine Brandleiche lösen kann. Oh doch, sie kann! Und wie!
Krimispezialist Alexander Adolph hat einer hervorragenden Schauspielerin ein hervorragendes Drehbuch auf den Leib geschrieben. Johanna Wokalek gibt dieser vermeintlich uncharismatischen, unscheinbaren, extrem verletztlich wirkenden Cris Blohm eine stille Stärke, die sie zur unbewegten Bewegerin in diesem Münchner „Polizeiruf 110“ (ARD) macht. „Funkensommer“, der zweite gemeinsame Fall für Blohm und ihren Kollegen Dennis Eden (Stephan Zinner), kommt ohne drastische (Mord-)Szenen aus, das Grauen spiegelt sich in den Gesichtern der Handelnden in diesem Fall um einen „warmen Abriss“, bei dem ein Mensch zu Tode kommt.
Adolphs Krimi erinnert stark an „Unter Verdacht“ mit Senta Berger
Adolph, der auch Regie führte, erzählt die Geschichte im Kammerton, lässt oft Bilder sprechen, setzt auf karge, präzise Dialoge. Seine inszenatorische Handschrift erinnert stark an „Unter Verdacht“, den inzwischen eingestellten, großartigen München-Krimi des ZDF mit Senta Berger als interne Ermittlerin. Das arrogant-hemdsärmelige „Mia san mia“, die Selbstverständlichkeit, mit der die Großkopferten ihre eigenen Gesetze machen und damit am Ende durchkommen – es wird hier wunderbar elegant durchgespielt.
Clou des Plots ist die zarte Liebesgeschichte Blohms mit dem Brandermittler, verkörpert von Golo Euler. Auch sie fliegt so dahin wie die Funken eines Sonnwendfeuers – bis zum überraschenden Schluss bleibt in der Schwebe, was es mit dieser Liaison auf sich hat und ob tatsächlich stimmt, was Cris Blohm ihrem Lover vorwirft.
Der Filmemacher kann auf ein brillantes Ensemble bauen
Filmemacher Adolph kann sich auf ein brillantes Ensemble verlassen – neben Zinner als mal schroffes, mal sensibles Riesenbaby Dennis Eden auch Jessica Kosmalla als Staatsanwältin jenseits aller Klischees, Gerhard Wittmann als Wachmann, der zur tragischen Figur wird, und schließlich Johann Schuler, Marlene Morreis und Frederic Linkemann als Unternehmerfamilie wie aus dem Bilderbuch.
Der „Polizeiruf“ aus München – auch in der Ära Wokalek erstklassig.
Auch interessant
Kommentare
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
wir erweitern den Kommentarbereich um viele neue Funktionen. Während des Umbaus ist der Kommentarbereich leider vorübergehend geschlossen. Aber keine Sorge: In Kürze geht es wieder los – mit mehr Komfort und spannenden Diskussionen. Sie können sich aber jetzt schon auf unserer Seite mit unserem Login-Service USER.ID kostenlos registrieren, um demnächst die neue Kommentarfunktion zu nutzen.
Bis dahin bitten wir um etwas Geduld.
Danke für Ihr Verständnis!