Hohe Pflegeheimkosten verärgern Rentner: „Uns geht es schlechter als Bürgergeld-Empfängern“

  1. Startseite
  2. Verbraucher

KommentareDrucken

Vielen Menschen in Deutschland droht Altersarmut. Selbst die stattliche Rente eines Mannes reicht nicht, um die Kosten für das Pflegeheim seiner Frau zu zahlen.

Kassel – Kaum ein Thema polarisiert so stark, wie die Rente in Deutschland – nicht zuletzt auch, weil zahlreiche Menschen im Rentenalter von Altersarmut betroffen sind. Immer wieder gibt es daher Berichte von Menschen, die im Ruhestand kaum über die Runden kommen. So ging es auch einem Rentner aus Baden-Württemberg.

„Uns geht es schlechter als Bürgergeld-Empfängern“: Wenn die Rente nicht zum Leben reicht

Seine Frau musste aufgrund ihrer Demenz-Erkrankung und der nötigen Betreuung zeitweise in ein Pflegeheim. „Rund 3300 Euro sollte ich bezahlen“, schilderte Werner K. dem Focus. „Und dabei ist das Pflegegeld (Pflegestufe 4) schon abgezogen. Was 3300 Euro Ausgaben bedeuten, wenn man 3000 Euro Rente hat, brauche ich wohl nicht zu sagen.“

Schon zum Monatsanfang war das Konto im Minus. „Etwa ein Jahr, dann wäre der gesamte angesparte Rückhalt aufgebraucht, ergab meine Berechnung. Ich wäre ein Sozialfall“, erklärte der 87-Jährige. „Uns geht es schlechter als Bürgergeld-Empfängern“, sagt er. Und das, obwohl Werner K. und seine Frau eigenen Angaben zufolge jahrzehntelang gearbeitet und in die Rentenversicherung eingezahlt haben.

Ein Rentner kommt kaum über die Runden, weil die Kosten für das Pflegeheim seiner Frau so teuer sind. (Symbolbild)
Ein Rentner kommt kaum über die Runden, weil die Kosten für das Pflegeheim seiner Frau so teuer sind. (Symbolbild) © Elmar Gubisch/imago

Viele Fragen sich daher, ob sich Arbeiten überhaupt noch lohnt. In der Regel schon, denn alleinstehende Bürgergeld-Empfänger erhalten lediglich 502 Euro pro Monat, dafür werden zwar Miete, Heizkosten und die Rundfunkgebühr vom Staat bezahlt. Gleichzeitig sinken aber die Chance auf eine ausreichende Rente. Denn Bürgergeld-Empfänger zahlen nicht in die Rentenversicherung ein und mindern so jedes Jahr ihre künftigen Rentenansprüche. Auf 3000 Euro Rente im Monat wie Werner K. kommen Bürgergeld-Empfänger wohl kaum.

„Das Konto war leer“: Rentner wütet über explodierende Pflegeheimkosten

Bei Erreichen der Regelaltersgrenze oder voller Erwerbsminderung hilft zumindest die Grundsicherung. Nach Angaben der Deutschen Rentenversicherung hängt die von Einkommen und Vermögen ab – auch vom Ehe- oder Lebenspartner. Vermögen wie ein Haus oder Auto muss zunächst aufgebraucht werden, ehe eine Grundsicherung genehmigt wird. Das Schonvermögen liegt bei 10.000 Euro, bei Verheirateten oder Paaren bei 20.000 Euro. Bei Bürgergeld-Empfängern wird das Vermögen allerdings erst ab 40.000 Euro angetastet.

Doch obwohl Werner K. eine gute Rente bezieht, brachten ihn die Kosten für das Pflegeheim seiner Frau ans Existenzminimum. „Das Konto war leer. Aber der Kühlschrank war es eben auch“, erzählte der Rentner dem Focus. Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung im Pflegeheim sind stark gestiegen. Laut Verband der Ersatzkassen (vdek) mussten Betroffene im vergangenen Jahr durchschnittlich 2.576 Euro Eigenbeteiligung pro Monat zahlen (im ersten Aufenthaltsjahr). Das sind 165 Euro mehr als noch im Vorjahr. 

Was passiert, wenn die Rente nicht für das Pflegeheim reicht?

Reicht die Rente nicht für die Pflegekosten, so wie zeitweise bei Werner K., übernimmt das Sozialamt die verbleibenden Kosten. Da kommt aber wieder das Schonvermögen ins Spiel, dass nicht überschritten werden darf. Wie NDR berichtete, wird zudem geprüft, ob Kinder oder Eltern für die Kosten aufkommen können. Unterhalt ist aber erst ab einem Jahresbruttoeinkommen von mehr als 100.000 Euro fällig.

Inzwischen geht es der Frau von Werner K. aber wieder besser. „Seit das Pflegeheim keine Rechnungen mehr schickt, kreisen die Gedanken nicht mehr permanent um ein drohendes Sozialhilfe-Szenario“, sagte er. Dennoch weiß der Rentner: „Das kann sich alles jederzeit wieder ändern, und zwar sehr kurzfristig.“ Finanzielle Sorgen hat auch eine Rentnerin, doch trotz magere Rente kommt für sie die Grundsicherung nicht infrage – sie arbeitet lieber weiter. (kas)

Auch interessant

Kommentare