Heimlich wochenlang im Urlaub in Italien: „Tagsüber mache ich alles außer meinem Job“
Wer vorübergehend vom Ausland aus arbeiten will, muss davor eigentlich mit seinem Chef sprechen. Der neue Trend „Quiet Vacation“ sieht das anders.
Frankfurt – Der Mitarbeiter eines Technologieunternehmens hat einen Monat lang heimlich Urlaub in Italien gemacht, da er offiziell nur sieben Urlaubstage beantragte. Wie der Angestellte anonym in einem Interview mit Business Insider verriet, gelang ihm die Reise unter anderem mit gutem Timing und einem „Mouse Jiggler“. Rechtliche Konsequenzen drohen ihm erstmal nicht. Dabei ist es grundsätzlich möglich, auch kurzfristig Urlaubstage zu beantragen.
„Quiet Vacation“, also „stiller Urlaub“, nennt sich der neue Trend unter Angestellten. Ohne dem Chef Bescheid zu geben, begibt man sich auf eine Reise ins Ausland und arbeitet von dort nur das Nötigste, während man in der restlichen Zeit den Urlaub genießt. Die Kolleginnen und Kollegen sind unterdessen auf dem Stand, dass man sich zu Hause im Homeoffice befindet.
Tech-Angestellter erzählt von heimlichen Urlaub in Italien - so funktioniert sein Doppelleben in der Arbeit
Dass sich auch der Tech-Mitarbeiter für einen „stillen Urlaub“ entschied, hängt laut eigener Aussage mit den niedrigen Anforderungen in seinem Beruf zusammen. Er sei seit drei Jahren bei einem Technologieunternehmen in San Francisco tätig, aber in Europa ansässig und arbeite meist von zu Hause aus. „Nach ein paar Monaten im Job merkte ich, dass die Erwartungen des Unternehmens viel niedriger waren als das, was ich leisten konnte.“
Da er über die Jahre hinweg immer wieder freie Tage nehmen konnte, ohne dass es auffiel, entschied er sich zuletzt für einen ganzen Urlaub in Italien. Während dieser Zeit habe er sich morgens normal eingeloggt, E-Mails gecheckt und den Tag anschließend um anstehende Meetings herum geplant. Ein „Mouse Jiggler“ – ein Simulator, der Mausbewegungen und somit einen Online-Status vortäuscht – habe ihm zusätzlich geholfen. „Ich ging einen Tag lang aus, aß fantastisches Essen, sah unglaubliche Sehenswürdigkeiten und sorgte dafür, dass ich rechtzeitig wieder zu Hause war, um an Online-Meetings teilzunehmen.“
„Quiet Vacation“ und „Quiet Quitter“: Was die Trends bedeuten und wie sie rechtlich aufgestellt sind
Neben der „anspruchslosen“ Arbeit, die ihm grundsätzlich viel freie Zeit verschaffe, bezeichne er sich zudem als „Quiet Quitter“. Das wiederum beschreibt einen Trend, bei dem Angestellte nur noch das Minimum für ihre Firma arbeiten. Zusatzaufgaben oder Überstunden werden auf Anfrage zwar erledigt, aber nicht eigenständig angeboten. „Die traditionellen Erwartungen an die Arbeit von 9 bis 5 Uhr sind überholt und es ist gut zu sehen, dass die Arbeitnehmer sich ihre Zeit zurückholen“, wird der Tech-Angestellte weiter zitiert. Ein schlechtes Gewissen habe er nicht. Er verrichte trotz der vielen Freizeit pflichtgemäß seine Arbeit und werde den Anforderungen gerecht.
Wie sieht es rechtlich gesehen mit den Trends aus? Obwohl „Quiet Quitter“ mit ihrem minimalen Aufwand in der Arbeit vielleicht bei der Kollegschaft oder den Vorgesetzten anecken könnte, drohen ihnen erstmal keine rechtlichen Konsequenzen. Die geforderte Arbeit wird absolviert. Es fehlt lediglich die Hingabe für den Job, die oft erwünscht wird. Schwieriger sieht es hingegen mit „Quiet Vacation“ aus, zumindest in Deutschland.
Mal eben heimlich in den Urlaub nach Italien? Wer sich in Deutschland erwischen lässt, muss bangen
In Deutschland existiert grundsätzlich ein Mindesturlaubsgesetz für Arbeitnehmende, der im Paragraph § 3 des Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) geregelt ist. Dort ist festgelegt, wie viel Jahresurlaub einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin je nach Arbeitsumfang zusteht. Wenn jemand zum Beispiel nur Halbzeit arbeitet, stehen ihm weniger Urlaubstage zur Verfügung als bei einer Vollzeitbeschäftigung. Zudem ist geregelt, ob man in seinem Urlaub für die Arbeit erreichbar sein muss.
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Vor jedem Urlaubsantritt muss sich aber eine Genehmigung eingeholt werden. Der Arbeitgeber muss nach Paragraph § 7 BUrlG wie folgt mit einem Urlaubsantrag umgehen: „Bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs sind die Urlaubswünsche des Arbeitnehmers zu berücksichtigen, es sei denn, dass ihrer Berücksichtigung dringende betriebliche Belange oder Urlaubswünsche anderer Arbeitnehmer, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, entgegenstehen.“
Wer sich trotzdem in den Urlaub aufmacht und dabei erwischt wird, dem drohen arbeitsrechtliche Konsequenzen. Wie das Nachrichtenportal arbeitsrechte.de erklärt, kann „ein eigenmächtiger Urlaubsantritt eine fristlose Kündigung gemäß § 626 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) nach sich ziehen“. Arbeitgeber sollten sich ausreichend Gedanken machen, ob eine Kündigung wirklich notwendig ist oder gegebenenfalls eine Abmahnung ausreicht. Oder man lässt sich eben gar nicht erst erwischen. (nz)