Darf Wagenknecht-Partei einfach so neue Mitglieder ablehnen?

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Sie sind bereits BSW-Mitglieder (von links): Christian Leye, Amira Mohamed Ali, Sahra Wagenknecht, Shervin Haghsheno, Thomas Geisel und Fabio De Masi. © Bernd von Jutrczenka/dpa

Das Bündnis Sahra Wagenknecht will neue Mitglieder genau durchleuchten. Eine Ablehnung müsste man nicht einmal begründen, sagt ein Experte für Parteienrecht.

Wer gerade mit dem Gedanken spielt, Mitglied der neuen Partei Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) zu werden, muss auf der parteieigenen Homepage durchaus etwas suchen, bis er oder sie fündig wird. Wesentlich einfacher ist es, Informationen zu den Beteiligungsformen „Förderer“ (Spender) und „Unterstützer“ (Hilfe bei der Parteigründung) zu finden. Der Grund dafür liegt auf der Hand.

„Uns wird ja vorgeworfen, wir seien so eine geschlossene Gesellschaft, weil wir erst einmal nur 450 Mitglieder aufnehmen“, sagte Fabio De Masi, ehemaliger Linkenpolitiker und jetzt BSW-Spitzenkandidat für die Europawahl, t-online. „Das hat ja Gründe. Das machen wir, um genau so etwas zu vermeiden. Wenn jemand Positionen vertritt, die zum Beispiel rassistisch wären, dann wollen wir natürlich nicht solche Mitglieder haben, das ist völlig klar. Eine AfD-Mitgliedschaft würde uns da hellhörig machen. Protestwählen ist etwas anderes als eine Mitgliedschaft.“

Wagenknecht-Partei: „Eine Aufnahmepflicht gibt es aber gewiss nicht“

Ist dieses Verhalten zulässig – kann eine Partei also nach Gutdünken entscheiden, wer mitmachen darf und wer nicht? „Klares Ja“, sagt Sebastian Roßner, Rechtsanwalt mit dem Spezialgebiet Parteienrecht, Ippen.Media. „Eine Partei kann sich aussuchen, wer beitreten darf. Das Parteiengesetz gibt vor, dass man eine Ablehnung nicht einmal begründen muss.“ Doch daran gebe es in Juristenkreisen durchaus Kritik. „Manche argumentieren, dass Parteien laut dem Grundgesetz Organe der Bürger sind. Daraus wird bisweilen abgeleitet, dass die Partei zumindest begründen müsse, warum man Menschen die Mitgliedschaft verwehrt. Eine Aufnahmepflicht gibt es aber gewiss nicht“, so Roßner.

Schon bei der Gründung des Vereins im Oktober 2023 sagte der Bundestagsabgeordnete und neue stellvertretende Vorsitzende von BSW, Christian Leye: Man wolle kontrolliert wachsen und auf „Glücksritter, Karrieristen und Menschen mit politischen Ansichten, die man nicht dabei haben möchte“, achten. „Das ‚Problem‘ betrifft nicht nur BSW, sondern alle neuen Parteien. Man will sicherstellen, dass eine Partei nicht umkippt, so wie das zum Beispiel möglicherweise bei der AfD passiert ist“, sagt Jurist Roßner.

Überprüfung neuer Mitglieder: Google erlaubt, Hausmüll verboten

Er hat sich die Satzung von BSW angeschaut. Sein Fazit: „Das liest sich wie eine völlig normale Satzung, die sich bei den etablierten Parteien in Mitgliedschaftsfragen ohnehin nur in Nuancen unterscheidet. Es gibt aber ein paar Besonderheiten, zum Beispiel bei der FDP. Dort muss jedes neue Mitglied eine Art Probezeit überstehen, erst dann wird man als vollwertiges Mitglied aufgenommen.“ Die Möglichkeit, zunächst als „Förderer“ oder „Unterstützer“ Teil von BSW zu werden, habe nichts mit einer Parteimitgliedschaft zu tun. „Parteimitglieder haben gesetzlich und grundgesetzlich verbriefte Rechte und Pflichten. Man darf zum Beispiel Anträge einbringen, den Parteivorstand oder Delegierte zum Parteitag wählen oder sich selbst zur Wahl stellen. Das dürfen ‚Förderer‘ und ‚Unterstützer‘ von BSW nicht.“

Bleibt die Frage, wie BSW neue Mitglieder überprüfen will. „Da stehen alle gängigen Recherchemethoden von Google-Suche bis zum persönlichen Gespräch zur Verfügung. Das muss natürlich im Rahmen der Gesetze bleiben, die Post darf zum Beispiel selbstverständlich nicht durchwühlt werden.“ Eine Anfrage unserer Redaktion dazu ließ die Partei unbeantwortet. „Typischerweise wird es kritisch gesehen, wenn man vorher schon in gewissen anderen Parteien Mitglied war oder parallel in einer anderen Partei Mitglied ist, was die Satzungen der Parteien allerdings meistens ohnehin ausschließen.“ Bei BSW geht es vor allem um den Umgang bei einer früheren AfD-Mitgliedschaft. Auf die Frage, ob Menschen mit ehemaliger AfD-Mitgliedschaft ausgeschlossen würden, sagte De Masi: „Ja, AfD-Mitglieder haben bei uns keinen Platz.“

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