Die Stadt mit der höchsten Millionärsdichte in Deutschland hat dramatische Finanzprobleme

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Die Finanzsituation in Baden-Baden spitzt sich zu. Die Folge: Einschnitte im ÖPNV-Angebot sowie im Kulturbereich. Das Land muss sich harte Kritik gefallen lassen.

Baden-Baden – In den vergangenen Monaten haben die meisten Städte und Gemeinden in Baden-Württemberg Schulden angehäuft. Ausgeglichene Haushalte sind die absolute Ausnahme. In Baden-Baden ist die Lage inzwischen jedoch besonders dramatisch. Die Stadt kann nach Angaben des Rathauses nur noch bis Mitte des Jahres ihre Rechnungen begleichen. Einnahmen aus der Gewerbesteuer brechen weg, gleichzeitig steigen die Ausgaben, etwa im Sozialsektor.

In einer Bürgerversammlung am 6. Mai informierte Baden-Badens Oberbürgermeister Dietmar Späth (parteilos) zusammen mit anderen Vertretern der Stadt 310 Einwohnerinnen und Einwohner über die Situation. Im laufenden Jahr müssen 32 Millionen Euro an zusätzlichen Krediten aufgenommen werden, Investitionen in Bauprojekte werden verschoben. Außerdem sind wesentliche Säulen der kommunalen Daseinsvorsorge gefährdet. Aufgrund der Zahlungsschwierigkeiten wurden Einschnitte im ÖPNV-Angebot sowie im Kulturbereich und bei der Pflege von Spielplätzen und Parks angekündigt.

Baden-Badens Finanzmisere nur ein Beispiel – Städtetagspräsident kritisiert Innenministerium scharf

Baden-Baden hatte bereits einen Hilferuf an das Land gesendet, der zunächst nicht erhört wurde. So signalisierte das Innenministerium, die Stadt sei für ihre Finanzen selbst verantwortlich. Das wiederum brachte den Karlsruher Oberbürgermeister und Städtetagspräsident Frank Mentrup (SPD) auf die Palme. Er kritisierte ungewohnt scharf Innenminister Thomas Strobl (CDU) und bezeichnete ihn gegenüber den Badischen Neueste Nachrichten als „Totalausfall für die Kommunen, wenn es um wirkliche Verantwortungsübernahme bei schwierigen Themen geht.“

Strobl sei laut Mentrup wiederholt nicht in der Lage, die Interessen der Kommunen gegenüber seinem eigenen Haus und dem Kabinett so zu vertreten, dass man zu einer konstruktiven Lösung komme. Die Landespolitik habe noch immer nicht verstanden, dass Städte und Gemeinden finanziell „schon über dem Abgrund hängen.“

Thomas Strobl und Frank Mentrup.
Städtetagspräsident Frank Mentrup (SPD, r.) bezeichnete Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU, l.) als „Totalausfall für die Kommunen, wenn es um wirkliche Verantwortungsübernahme bei schwierigen Themen geht.“ (Fotomontage) © Markus Lenhardt/dpa & IMAGO / Achim Zweygart

Ein Sprecher des Innenministeriums wies die Kritik entschieden zurück, die „im Ton und in der Sache völlig unangemessen sei.“ Strobl hätte demnach der Stadt Baden-Baden Unterstützung und Hilfe durch das Regierungspräsidium Karlsruhe angeboten. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stellte sich vor seinen Innenminister und empfahl Mentrup eine gemäßigtere Ausdrucksweise. „Wir haben wirklich genug marktschreierische, laute Töne in der Gesellschaft.“

ver.di-Landesbezirksleiter: „Stehen vor dem Scherbenhaufen einer völlig falschen Steuer- und Verteilungspolitik“

Die Fronten sind also entsprechend verhärtet. Ein Fakt, der hinsichtlich der Finanzprobleme in Baden-Baden besonders bemerkenswert ist: Der Ort im Nordschwarzwald ist die Stadt mit der höchsten Millionärsdichte in Deutschland. Auf 100.000 Steuerpflichtige leben hier hochgerechnet 198,3 Einkommensmillionäre. In der Kurstadt befindet sich auch eines der teuersten Hotels in Baden-Württemberg sowie das bekannteste Spielcasino Deutschlands.

Luftaufnahme von Baden-Baden
Die Kurstadt Baden-Baden hat drastische Finanzprobleme. © IMAGO / imagebroker

Diese Umstände nahm auch Martin Gross, der ver.di-Landesbezirksleiter von Baden-Württemberg, in einer Pressemitteilung am 10. Mai zum Anlass für deutliche Kritik: „Wir stehen vor dem Scherbenhaufen einer völlig falschen Steuer- und Verteilungspolitik. Wenn in der Stadt mit der höchsten Millionärsdichte in Deutschland wichtige kommunale Dienstleistungen gefährdet sind, dann stimmt etwas ganz Grundsätzliches nicht mehr. Wir brauchen endlich eine gerechte Verteilung der steuerlichen Belastungen und eine gerechte Verteilung des Steueraufkommens zwischen Bund, Land und Kommunen. In Baden-Baden reinigen Beschäftigte im öffentlichen Dienst die Straßen und Gehwege für Millionäre, die konsequent bei Vermögens- und Erbschaftssteuer verschont bleiben.“ (df mit dpa)

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