Solarindustrie am Abgrund – Nächster Hersteller schlägt Alarm
Deutschlands Solarindustrie leidet unter Billigprodukten aus China. Mit Meyer Burger und Solarwatt haben bereits zwei große Modulproduzenten deutliche Warnungen ausgesprochen. Nun drosselt auch Heckert Solar die Produktion.
Düsseldorf – Der Chemnitzer Photovoltaikhersteller Heckert Solar gehört zu den größten und ältesten Produzenten des Landes. Der Unternehmenschef Benjamin Trinkerl warnte jetzt gegenüber dem Handelsblatt, dass die Solarindustrie kurz vor dem Aus stünde. Es sei klar, „dass es eine Produktion in Deutschland nur so lange geben kann, wie sie sich dauerhaft rentiert.“ Dass diese Voraussetzungen nicht mehr gegeben sind, liegt vor allem an China.
Solarindustrie ab Abgrund – dritter Hersteller drosselt Produktion
Wie Heckert Solar mitteilte, ist die Produktion des Herstellers aktuell gedrosselt und auch Investitionen in die Fertigung seien pausiert. „Wenn es positive Signale gibt, werden wir aber auch wieder investieren“, erklärte Trinkerl. Damit geht Heckert Solar denselben Weg wie vorher schon die Hersteller Meyer Burger und Solarwatt, die jeweils ihre Produktion gedrosselt hatten.

Beide Unternehmen hatten die Zukunft ihrer Produktion unter die Bedingung gestellt, dass sich die politischen Rahmenbedingungen deutlich bessern. Der Auslöser für diese Krise in der Solarindustrie sind die billigen Photovoltaikmodule in China. Diese Flut an Billigmodulen hat nicht nur die deutschen Hersteller an den Abgrund gebracht, sondern auch andere europäische Hersteller und die in den USA.
Nur acht Wochen Zeit – ESMC fordert Sofortmaßnahmen
Das ging so weit, dass europäische Hersteller von Solarmodulen sich bereits an die EU gewandt haben, um Sofortmaßnahmen einzufordern. Ansonsten müssten lokale Firmen unter dem Preisdruck chinesischer Importe schließen. „In den nächsten vier bis acht Wochen werden die wichtigsten EU-Hersteller von PV-Modulen und ihre europäischen Zulieferer ihre Produktionslinien stilllegen, wenn nicht umgehend substanzielle Notfallmaßnahmen ergriffen werden“, steht in einem Schreiben, das der Branchenverband European Solar Manufacturing Council (ESMC) an EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gerichtet hatte.
Ohne schnelle Hilfe würde die EU innerhalb kürzester Zeit die Hälfte ihrer Produktionskapazitäten für Photovoltaikmodule verlieren. Die Solarhersteller warnen bereits seit Wochen vor dem Ende ihrer Industrie. Die Firmen geraten zunehmend in Finanznot. Deutschlands Abhängigkeit von chinesischen PV-Anlagen ist groß – entsprechend schwierig ist die Lösungsfindung.
China dominiert den Solarmarkt
Das große Problem dabei: China hat über Jahre hinweg eine kaum zu schlagende Produktionskette für Photovoltaik aufgebaut. Aktuell stammen rund 87 Prozent aller nach Deutschland importierten Solaranlagen aus China. Ihr Wert betrug etwa 3,1 Milliarden Euro. Weltweit hat China einen Anteil von 80 Prozent an der Photovoltaikherstellung.
Die Ursache für Chinas enorme Stärke in der Photovoltaik ist noch nicht abschließend geklärt. Laut Forbes hat China vor allem wegen billiger Kohle, die ironischerweise in der Herstellung von Solaranlagen gebraucht wird, wegen massiver finanzieller Hilfestellungen der Regierung und wegen Zwangsarbeit Vorteile. In eine ähnliche Richtung gehen die Erklärungsversuche des Time Netzwerks, nach denen ein Großteil der chinesischen Photovoltaik-Produktion in von Uiguren bewohnte Gegenden zurückzuverfolgen sei. Peking hat solche Vorwürfe öfters dementiert.
Strafzölle auf Solarmodule?
Die große Frage, die sich den Regierungen jetzt stellt, ist die nach der Lösung für das Problem. Indien hat bereits mit hohen Strafzöllen reagiert, weil China den Markt auch dort massiv unter Druck gesetzt hat (40 Prozent auf Solarmodule). Der ESMC fordert dagegen ein Programm zum staatlichen Aufkauf überschüssiger Solarmodul-Bestände in Europa. Schätzungen zufolge machen chinesische Produkte etwa die Hälfte der Solarmodule in den Lagern aus.
Außerdem soll es für Photovoltaikanlagen mit einem bestimmten Anteil europäischer Wertschöpfung höhere Einspeisevergütungen geben, sogenannte Resilienzboni. Zuschüsse für den Aufbau von Produktionskapazitäten sind ebenfalls im Gespräch. Die Höhe der aufzuwendenden Mittel ist jedoch unklar. Zuletzt wären auch „Schutzmaßnahmen“, zum Beispiel bestimmte Quoten oder eben Strafzölle, mögliche Mittel, die die EU zum Schutze der Solarindustrie einsetzen kann.
Auf Anfrage nach Lösungsansätzen der Bundesregierung hatte sich das zuständige BMWK noch nicht gemeldet.
Mit Material von Reuters