Ukraine-Verhandlungen werden zum Nervenkrieg um Trumps Gunst
Bei den Ukraine-Verhandlungen gelten aktuell nicht die Regeln der Diplomatie. Putin und Selenskyj müssen um Trump buhlen. Wird es Sanktionen geben?
Washington, D. C. – Bei den Verhandlungen zum Ukraine-Krieg scheint es Wladimir Putin und Wolodymyr Selenskyj aktuell vor allem um eins zu gehen: US-Präsident Donald Trump nicht zu verärgern. Sowohl Russland als auch Ukraine sind auf die Gunst des US-Präsidenten angewiesen. Trump aber ist unberechenbar, ändert seine Position beinahe täglich. Damit könnte er auch die geplanten neuen Sanktionen der EU gegen Putin torpedieren.
Trump schien zu Sanktionen gegen Russland bereit – dann reagierte Putin
Am Samstag (10. Mai) sah es noch so aus, als stünde Donald Trump an der Seite Europas: Friedrich Merz, Emmanuel Macron, Keir Starmer und Donald Tusk schalteten bei ihrem Besuch in Kiew den US-Präsidenten am Telefon zu, und man schien man sich einig zu sein mit einem Ultimatum an Russland: Wenn Wladimir Putin keinen 30-tägigem Waffenstillstand zustimmt, gibt es neue Sanktionen gegen Russland, hieß es danach.
Putin jedoch schaffte es mit seiner Reaktion auf das Ultimatum, wieder einen Keil zwischen Europa und der USA zu treiben. Der russische Präsident ging auf die geforderte Waffenruhe gar nicht ein und schlug stattdessen direkte Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in der Türkei vor.
Und siehe da: Auch von Trump war danach plötzlich nichts mehr von einem Waffenstillstand und Sanktionen zu hören – bis heute. Stattdessen forderte der US-Präsident Selenskyj über seine Plattform Truth Social auf, Putins Vorschlag zu folgen und mit Russland in Istanbul zu verhandeln.
Trump schlug Waffenstillstand in Ukraine vor selbst vor – plötzlich keine Rede mehr von Sanktionen
Dabei war der 30-tägige Waffenstillstand ursprünglich Trumps Idee, um einem Ende des Ukraine-Kriegs näherzukommen. Es schien daher wie ein kluger Schachzug von Merz, Starmer, Macron und Tusk, Trump mit ins Boot zu holen, indem sie seine eigene Idee aufgriffen. Die Hoffnung: Wenn Putin nicht auf die Trump Waffenruhe-Forderung eingeht, könne der US-Präsident gar nicht anders, als neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Trump aber kann anders – nämlich am nächsten Tag wieder andere Forderungen stellen.
US-Sanktionen würden Putin treffen – doch Trump will nun wohl doch direkte Verhandlungen
Zwar will die EU wohl auch ohne Trump an neuen Sanktionen gegen Russland festhalten: Friedrich Merz‘ Regierungssprecher Stefan Kornelius sagte am Montag (12. Mai), die EU beginne mit der Ausarbeitung weitere Russland-Sanktionen. Der Haken aber: Die EU hat schon etliche Sanktionspakete gegen Russland verhängt, zu Frieden in der Ukraine führten sie nie.
Sanktionen der USA gegen Russland wären das viel schärfere Schwert gegen Putin. Zum einen, weil US-Sanktionen die russische Wirtschaft härter treffen würden. Zum anderen wären Strafmaßnahmen von Donald Trump gegen Putin ein mächtiges politisches Zeichen bei den Ukraine-Friedensverhandlungen. Wegen seiner Wechselhaftigkeit hat Trump diesen gewaltigen Hebel gegen Putin im Ukraine-Krieg aber nun wieder torpediert.
„Werde auf Putin warten“: Selenskyj stimmt Trump-Forderung zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg zu
Wohl auch um Trump nicht wieder zu verärgern, stimmte Selenskyj direkten Verhandlungen mit Russland in Istanbul zu: „Ich werde am Donnerstag auf Putin in der Türkei warten, persönlich“, schrieb Selenskyj am Sonntag (11. Mai) auf X. Trump spielte auf Truth Social mittlerweile sogar mit dem Gedanken, selbst zu den Verhandlungen nach Istanbul zu kommen. Selenskyj begrüßte dies wiederum auf X.
Auch wenn Trump neue Sanktionen gegen Russland wohl torpediert: Erscheint Putin am Donnerstag nicht in der Türkei und stimmt er nach wie vor auch keiner Waffenruhe im Ukraine-Krieg zu, wird es schwer für ihn, Trump auf seiner Seite zu halten. Möglicherweise wechselt Trump dann doch wieder ins Team EU, an die Seite von Merz. Macron, Starmer, Tusk und Selenskyj.
Wadephul erhöht Druck auf Putin im Ukraine-Krieg: „Weitere Sanktionen“
Deutschland erwartet zumindest weiterhin, dass Putin die Waffen ruhen lässt. Der neue Außenminister Johann Wadephul sagte am Montag (12. Mai): „Man sollte in Moskau nicht unterschätzen, dass der Westen bereit ist, jetzt sehr viel Druck auszuüben. Wir sind in der Lage, weitere Sanktionen auszubringen.“ Der Außenminister ergänzte: „Ich weiß aus den Vereinigten Staaten von Amerika, dass es die Bereitschaft dort auch gibt.“ (smu)